„Nie wieder“ – Unsere Verantwortung

Wir gedenken der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor genau 77 Jahren. Wie gehen wir damit um? Wir, die mit der Schuld der anderen konfrontiert werden, die uns fassungslos werden lässt, teilweise betäubt. Wir erinnern uns bewusst, wir beginnen zu beten, wir gedenken. Wir versuchen etwas in Worte zu fassen, für das es keine Worte gibt. Wir sind machtlos – und trotzdem treibt uns etwas an. Es ist die Verantwortung. Wir können keine Verantwortung mehr für das übernehmen, was vor 80 Jahren geschah. Wir leben im Jetzt, wir sind für dieses jetzt verantwortlich. Und zwar jeden Tag unseres Lebens, mit jeder Entscheidung, die wir fällen, mit jedem Menschen, den wir in unser Leben lassen, dem wir begegnen. Durch unsere Erinnerung, unser Gedenken, unser Aufzeigen von Geschichte, sind wir dazu fähig, die Welt zu verändern, Worte zu finden. Es geht darum, ein Bewusstsein zu erschaffen, eine Haltung zu entwickeln und diese an den Menschen heranzutragen, an den Geist unserer Gesellschaft. All das schaffen wir nur durch Erinnerung. Wir sind diese Erinnerung, wir sind für sie verantwortlich. Sie ist alles, was wir haben.

Im Konzentrationslager Auschwitz wurden von den Nationalsozialisten mehr als eine Millionen Juden, Sinti und Roma, politische Gefangene, Kriegsgefangene und Homosexuelle ermordet. Lange und vor allem systematisch geplant von den Nationalsozialisten. Menschen, die von einer Ideologie vergiftet und überzeugt waren. Sie ließen Millionen von Menschen in Gaskammern mit Zyklon B vergasen, zwangen sie zum Todesmarsch, schärten sie, ließen mit ihnen experimentieren, deportierten sie, trennten sie von ihrer Familie. Darunter Kinder, Jugendliche, Frauen, Männer. Sie wurden entmenschlicht. Sie wurden entstellt, ihnen wurde noch vor der Ermordung ihr Leben genommen. Namen, Geschichten, Gesichter sind für immer vergessen, Menschenleben in Gräbern zusammengepfercht, das Recht zu leben non-existent.  Die Würde des Menschen verraten.

Von 1940-1945 im Konzentrationslager Auschwitz. Vor 77 Jahren.

Am 27 Januar 1945 befreiten die Soldaten der Roten Armee 7000 Überlebende. Menschen, die sich erinnern. Menschen, die heute durch ihren Überlebenswillen hervorstechen, Menschen, die uns Orientierung geben. Menschen, die etwas erlebt haben, was wir uns nicht vorstellen können. Sie sind alles, was wir haben, um uns zu erinnern.

Noch heute gibt es Menschen, die den Holocaust, die Schoah leugnen, die antisemitisch hetzen, morden, sich darüber lustig machen, was passiert ist, sich ihrer Verantwortung nicht bewusst sein möchten. Menschen, die davon überzeugt sind, dass diese systematische Verfolgung nie stattgefunden hat.

Wir leben in Erinnerungskultur. Wir leben die Demokratie, die Menschlichkeit. Wir müssen sie verteidigen. Wir sind für die Leben dieser Menschen verantwortlich, für die Menschen, die heute in unserer freien demokratischen Verfassung leben. Wir sind die Kultur der Erinnerung.

Der Holocaust-Überlebende Max Mannheimer sagte einmal: „Ihr seid nicht schuld an dem, was war, aber verantwortlich dafür, dass es nicht mehr geschieht.“

Wir leben diese Verantwortung. Wir erinnern uns. Heute. An die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, die Befreiung von 7000 Menschen. Am 27 Januar 1945.

(Helena Minner, Jahrespraktikantin)

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert