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Der kleine Mönch und die Abtswahl
Grüß Gott, ich bin der kleine Mönch vom Klosterberg in Meschede und möchte euch gerne von meinen Erlebnissen in den Klosterwelten erzählen. Das Leben im Kloster ist sehr erlebnisreich und es passieren immer viele tolle Dinge. Heute werde ich euch von einem ganz aufregenden Klostertag in diesem Sommer berichten. So ein Ereignis findet nicht jedes Jahr in Königsmünster statt und es waren wirklich spannende Tage.
Es war an einem Freitagvormittag, dem 18. August 2023, da haben die Glocken der Abteikirche am Mittag verkündet: Habemus abbatem! Wir haben einen neuen Abt! Die Mönche von Königsmünster haben nämlich in diesem Sommer einen neuen Abt gewählt. Viele Menschen fragen uns Mönche immer wieder: wie wird denn ein Abt gewählt? Gar nicht so einfach zu beantworten. Ich versuche es euch zu erklären: zunächst einmal haben sich alle wahlberechtigten Brüder des Klosters, das Kapitel genannt und dass sind die Mönche, die sich für ihr ganzes Leben ans Kloster gebunden haben, im Kapitelsaal versammelt. Der Kapitelsaal ist ein Versammlungsraum im Kloster. Seinen Namen trägt dieser Raum u.a auch deswegen, weil in früheren Zeiten dort jeden Tag ein Kapitel aus der Benediktsregel, den Lebensanweisungen für die Mönche, vorgelesen wurde. Schon am Tag zuvor wurde eine Wahlliste mit den zur Wahl stehenden Kandidaten erstellt, fast so wie bei einer Klassensprecherwahl. Die Wahl des Abtes findet also ganz im Geheimen und hinter den verschlossenen Türen des Kapitelsaals statt. Darum kann ich euch auch nichts über den Wahlhergang berichten. Aber ich darf euch verraten, dass P. Cosmas Hoffmann OSB zum 5. Abt der Abtei Königsmünster gewählt wurde.
Jetzt fragt ihr euch sicher, was ist das denn: ein Abt? Abt heißt übersetzt: Vater! Er leitet das Kloster als Vater unter vielen Brüdern. In seiner Lebensregel für uns Mönche fasst unser heiliger Mönchsvater Benedikt von Nursia das Leben für uns so zusammen: „Sie leben im Kloster und dienen unter Regel und Abt“! Ein Mönch lebt also in einem Kloster und er sucht Gott in einer Gemeinschaft von Brüdern. Diese Gemeinschaft ist um einen Vater, dem Abt, versammelt. Er soll in seinem Tun und Wirken nach dem Vorbild Jesu handeln und somit ein Vorbild für die Mönche sein. Mh, wie darf man sich denn jetzt das vorstellen, nach dem Vorbild Jesu zu handeln? Und wie soll der Abt denn das tun? Wie kann das denn funktionieren? Vielleicht lässt sich dies gut anhand einer Geschichte aus der Bibel, die Jesus uns selbst erzählt hat, erklären!
Der barmherzige Samariter
„Ein Mann spricht mit Jesus. Die Leute hören zu. Der Mann fragt: „Was will Gott von mir?“
Jesus sagt:„ Du kannst doch lesen! Was liest du in der Bibel?“ Der Mann sagt: „Liebe Gott und deinen Nächsten!“ Jesu sagt: „Tu das!“ Der Mann sagt: „Das tue ich. Aber wen soll ich denn alles lieben? Wer ist denn das, mein Nächster?“ Da erzählt Jesus eine Geschichte:
…Ein Mann aus Jerusalem macht eine Reise. Er will nach Jericho. Auf dem Weg überfallen ihn Räuber. Sie schlagen ihn. Sie nehmen ihm alles weg. Sie laufen fort. Sie lassen ihn halbtot liegen. Ein anderer Mann kommt. Er war im Tempel in Jerusalem. Sein Beruf ist es, Gott zu dienen. Er ist Priester. Er sieht den verletzten Mann. Aber er schaut weg und geht vorbei. Wieder kommt ein Mann aus Jerusalem. Auch er war im Tempel. Dort hilft er dem Priester beim Gottesdienst. Er sieht den verletzten Mann. Auch er geht vorbei. Dann kommt ein Mann aus Samarien, ein Samariter. Die Leute von Jerusalem und die Samariter sind Feinde. Der Samariter sieht den Mann liegen. Er bleibt stehen. Er geht zu ihm hin. Er reinigt seine Wunden. Er verbindet ihn. Dann hebt er den Mann auf seinen Esel. Er bringt ihn in ein Gasthaus. Dort bleiben sie über Nacht. Der Samariter sorgt für den verletzten Mann. Am nächsten Morgen gibt er dem Wirt Geld. Er sagt: „Sorge für den Mann“… Diese Geschichte erzählt Jesus. Dann sagt er: „Wer von den drei hat gewusst, wer sein Nächster ist?“ Der Mann, der Gefragt hat, antwortet: „Der, der ihm geholfen hat.“ Jesus sagt: „Mach du es ebenso wie er.“
(aus „Das große Bibelbildbuch: alle Geschichten der Reihe „was uns die Bibel erzählt“ in einem Band / gemalt on Kees der Kort. Erzähltext und Nachw. Hellmut Haug. – Stuttgart: deutsche Bibelgesellschaft 1994“)
Im diesem Gleichnis vom barmherzigen Samariter zeigt Jesus uns auf, wie wir als Christen miteinander umgehen sollen: wir sollen barmherzig sein und aus der Liebe handeln! Der heilige Benedikt war ein Mann mit einem weitem also einem großzügigem Herzen. Benedikt war selbst Abt und hat sich von daher gut überlegt wie ein Abt sein muss. In der Klasse überlegt ihr ja auch, wie ein Klassensprecher sein muss. Was er alles darf und wie er sich um die Mitschüler kümmern soll. Für Benedikt ist ganz wichtig, dass der Bruder, der zum Abt gewählt wurde, die Mönchsgemeinschaft nach dem Vorbild von Jesus leite. Voller Güte, Liebe und Barmherzigkeit. Er soll hinschauen wie der Samariter im Gleichnis. Er soll nicht wegschauen wie der Priester und sein Diener. Der Abt übernimmt Verantwortung und Verantwortung übernehmen heißt hinschauen und nicht wegschauen oder gar weglaufen. Das gilt überings nicht für Äbte von Klöstern, sondern für uns alle! Der hl. Benedikt gründete sein erstes Kloster in einer sehr unruhigen Zeit. Damals war das Leben der Menschen nicht einfach. Sie erlebten Hungersnöte und Kriege. Sie machten schwere Krankheiten durch. Viele Menschen starben früh und jung, oft als Kinder. Armut und Kriege hatten die Leute zu ertragen. Benedikt von Nursia hatte immer ein offenes Ohr und Herz für die Sorgen der Menschen. Ganz nach dem Vorbild Jesu und nach dem Vorbild des barmherzigen Samariters in unserer biblischen Geschichte. Wie der Samariter sich um den kranken Mann kümmert, so soll auch der Abt eines Klosters Sorge tragen für die Brüder. Er bete für die Brüder und habe ein offenes Ohr für ihre Ängste. Er sorge sich um sie, wenn sie einmal krank sind. Wenn Gäste im Kloster sind begrüße er diese, denn in den Gästen wird ja Christus selbst aufgenommen. Er tröste die Mönche, wenn sie traurig sind. Und wenn ein Bruder gestorben ist, dann begrabe er ihn auf dem Klosterfriedhof. Benedikt will, dass der Abt nach den Werken der Barmherzigkeit an den Brüdern handelt. Aber er soll freundlich die Mönche ansprechen, wenn sie mal nicht hören! Wenn die Mönche mal einen Fehler machen, dann soll er den Brüdern helfen und er soll sie motivieren sowie begeistern. Er schaue danach, dass jeder das hat, was er braucht zum Leben. Er soll auch Lehrer sein, in dem er die Mönche in der Mönchsregel unterrichtet und in den Geschichten der Bibel unterweist. Die Mönche sollen aber ihrem Abt gegenüber gehorsam sein, das heißt sie sollen auf ihn hören. Im Wort Gehorsam versteckt sich ja das Wort „Höre“. Die Mönche sollen aufmerksam hinhören, wenn der Abt ihnen einen guten Rat erteilt und nicht gleich urteilen. Der Abt höre aber auch auf den Rat der Brüder. Ja, der Abt leitet das ganze Kloster. Er trägt viel Verantwortung. Das Wohl des ganzen Klosters hängt nicht nur von ihm und seinem Leitungsteam ab, sondern auch letztlich von jedem einzelnen Mönch. Und dann soll er ja immer nach dem Vorbild Jesu handeln! Das ist sicher ganz schön schwierig. Aus diesem Grund trägt er als Zeichen auch ein Kreuz an einer Kette auf der Brust. Abt sein, bedeutet viel Verantwortung und sicherlich ist es kein einfacher Dienst an dem Nächsten. Darum ist es gut und wichtig auch für den Bruder zu beten, der Vertrauen der Brüder für das Amt des Abtes als Leitung des Klosters bekommen hat! Ja, der Abt ist vielleicht so etwas wie der barmherzige Samariter. Er sorgt sich um die Brüder wie der Samariter um den kranken Mann. Wie der Samariter den Mann mit dem Esel in die Herberge führt, so führt der Abt seine Mönchsgemeinschaft hin zu Jesus! Er ist der erste Deiner in einer Gemeinschaft der Brüder – ein Bruder unter Brüdern, der in der Liebe der Barmherzigkeit weise handelt und wandelt.
(Br. Benedikt Müller OSB)
„Er war der verschlossene Brunnen, der seine Lehre in der Maßhaltung Gottes erquellen ließ, in dem er nämlich den spitzen Nagel dieser Lehre nicht zu hoch und nicht zu tief, sondern genau in der Mitte des Rades einschlug, so dass jeder, der Starke wie der Schwache daraus zu trinken vermochte und zwar je nach seinem Fassungsvermögen.“ (Hl. Hildegard von Bingen über den hl. Benedikt)
Hl. Benedikt von Nursia – Ordensgründer
„Über sein Leben berichtet uns Papst Gregor, der diesem „Mann Gottes“ im zweiten Buch seiner „Dialoge“ ein Denkmal gesetzt hat.
Um 480 bei Nursia in Umbrien geboren, kam Benedikt zum Studium nach Rom. Das städtische Treiben, vor allem der Lebensstil der Studenten in Rom, missfielen ihm. Sein Wunsch war es, gerade angesichts all dessen, was er sah, Gott zu gefallen und so zog er sich bald in die Einsamkeit zurück.
Die Jahre des Eremitenlebens – drei Jahre hat er in der Höhle bei Subiaco in völliger Einsamkeit gelebt – waren für ihn Jahre der Prüfung, der inneren Reifung, in denen er die wesentlichen Versuchungen des Menschseins zu bestehen hatte: die Versuchung, sich selbst in den Mittelpunkt zu setzen, die Versuchungen der Sinnlichkeit und die Versuchung des Zornes, der Rachsucht, der Herrschsucht. Er hat diese Versuchungen überwunden und so den Frieden zu sich selbst gefunden, damit die Kraft anderen Frieden zu bringen und andere auf dem Weg des Menschseins zu führen.
Er hat dann zwölf Klöster rund um Subiaco gegründet. Im Jahr 529 aber ist er von dort weg nach Montecassino. Und wir dürfen annehmen, seine Absicht war es, damit auch dem Mönchtum sozusagen eine Art Sichtbarkeit zu geben, als Leuchtturm auf dem Berg es aufzurichten. Dort in Montecassino hat er seine Regel geschrieben, und dort ist er 547 gestorben.
Durch sein Wirken und besonders durch seine Regel, hat Benedikt entscheidenden Einfluss auf die Formung der europäischen Kultur und Zivilisation ausgeübt.
Es war die Zeit des Zusammenbruchs des Römischen Reiches, des Zusammenbruchs seiner Institutionen, Zusammenbruchs seiner Moral. Und mit der Regel hat er einen neuen Aufbau geschaffen, aus dem Europa entstanden ist.
1964 hat Papst Paul VI. ihn zum Patron Europas erklärt.
Benedikt beschreibt in seiner Regel das Kloster als „Schule für den Dienst des Herrn“. Dabei nimmt das Gebet, ohne dass es keine Gotteserfahrung gibt, einen zentralen Platz ein. Aber er weiß, dass aus dem betenden Hinhören auf Gott dann konkretes Tun für den Menschen und für die Welt zu folgen hat. Nicht um eine ichbezogene Selbstverwirklichung geht es ihm, sondern um die aufrichtige Suche nach Gott und die nach dem Beispiel Christi in Glauben und Liebe geübte Demut, die dann menschliche Gemeinschaft aufbaut. So kann der Mensch wirklich erlöst, nämlich Gott ähnlich werden und werden, was er ist: ein Bild Gottes.“
Ansprache von Benedikt XVI. anläßlich der Generalaudienz am 9. April 2008 in Rom – Text entnommen dem Osservatore 15/2008
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