Schlagwortarchiv für: Hildegard von Bingen

Die Kräfte der sengenden Sonne

Das Licht

Die Hitze

Die Sonne – Sonnenkraft

Arividitas

Denn meine Tage sind geschwunden wie Rauch

Und meine Glieder glühen wie Feuer

Versengt wie Gras und verdorrt ist mein Herz

 

Meine Tage neigen sich wie Schatten

Schweigen heißt Pilgern

Du aber bleibst, und deine Jahre enden niemals

Pilgern durch die Wüste

 

Schulter – Arme – Hände

Das Leben geschultert im Spiegel der Zeit

Dein starker Arm umfängt mich tröstend

Sagende Hände strecken sich mir entgegen

Ariditas – Viriditas

Ich gleiche einer Dohle in der Wüste

Ich wurde wie eine Eule in öden Ruinen

Ich wache und verlassen

 

Meine Tage neigen sich wie Schatten

Schweigen heißt Pilgern

Du aber bleibst, und deine Jahre enden niemals

Pilgern durch die Wüste

 

Inständig rief ich zum HERRN

Da neigtest du mir dein Ohr

Höre mein Gott

Ich rufe und klage und tanze

An frische Wasser führt mich der HERR

Er öffnet die Gitterstäbe meiner Seele

O Heilige – Nonne – Äbtissin

Magistra – Sybille – Meisterin

 

16.07.2022

© Br. Benedikt Müller OSB

Juli – Hundstage – Trockenheit. Die Wege sind staubig. Manchmal ist auch unser Lebensweg voller Staub. Innerlich kommt es uns dann oft so vor, als ob die ganz schöpferische Lebenskraft – die Grünkraft, so Hildegard von Bingen – ausgedorrt sei. Und wir fühlen uns, als gehen wir durch eine dunkle-staubige-enge Schlucht. Für diese Dürrezeiten im Leben gibt uns die große Meisterin vom Rupertsberg einen Ausblick, der uns Kraft schöpfen lassen kann: Gott geht selbst mit uns… So zeigt es die göttliche Weisheit auf. Wie er einst mit Israel durch die Wüste zog, so geht er an unsere Seite mit uns die Wüstenwege unseres Lebens, auch die aus dörrenden Reisewege. Wir sind nicht allein auf den Weg. Gott ist mit uns. Um die Weges des Lebens erfolgreich zu gehen, empfiehlt uns die Magistrat vom Rhein, Kraft zu schöpfen aus den sieben gaben des Heiligen Geistes. Und wir wollen uns unserer fünf Sinne bedienen. Riechen, sehen. Hören, Fühlen Schmecken. Werden wir also ganzheitlich, um innerlich zu werden. Oder nach Hildegard Empfehlung: Packen wir unser einen Rucksack voller Schöpfergaben. Scivias – Wisse die Wege!

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus den Visionen der heiligen Hildegard von Bingen:

„Des Menschen Seele aber, dieser Geisthauch aus Gott, hat einen ausdörrenden Reiseweg vor sich, wie auch die göttliche Weisheit auf einem ausdörrenden Reiseweg den Kreis des Himmels umlief. Mit dieser Weisheit beginnt der Mensch seine Werke kraft der sieben Gaben des Heiligen Geistes und mit Hilfe seiner fünf Sinne und vollendet sie.“

Sommerzeit – Reisezeit. Die Sonne scheint, die Natur steht voll im saftigen Grün, die Nächte sind lau und kurz. Da hält es auch den kleinen Mönch nicht mehr hinter den Klostermauern! Neulich war er auf einer Urlaubsreise. Pilgern: Was bedeutet das eigentlich? Das Pilgern geht bis auf das sechste Jahrhundert zurück, hatte damals aber eine andere Bedeutung als heute. Während früher vor allem Mönche Pilgerreisen unternahmen, sind sie heute oft ganz von der Religion losgelöst und dienen eher dem Zweck, zu sich selbst zu finden und mit sich ins Reine zu kommen. Man nimmt an, dass es irische Mönche waren, die mit dem Pilgern begannen. Die Bedeutung dahinter war, es dem missionierenden Jesus Christus und dem wandernden Abraham gleichzutun. Damals hatte das Pilgern meist kein spezielles Ziel. Im Mittelalter änderte sich die Bedeutung des Pilgerns ein wenig: Man suchte jetzt meistens bestimmte Orte auf wie Rom, Jerusalem oder das Grab des heiligen Jakobus in Santiago de Compostela.

Jedes Jahr fährt der kleine Mönch zu den Benediktinerinnen von St. Hildegard in Eibingen und macht dort Ferien. Hier kann er gut entspannen und Kraft sammeln, die Seele volltanken und die Zeit genießen. Um 1900 wurde Abtei St Hildegard oberhalb von Eibingen in Weinbergen gegründet und am Hildegardtag, dem 17.09.1904 nahmen die Nonnen das klösterliche leben in der neuen Abtei wieder auf. Der kleine Mönch ist gerne hier zu besuch. Hier kann er Kraft schöpfen und sich gut erholen. Die Schwestern pflegen eine besonders herzliche Gastfreundschaft und man fühlt sich sehr wohl. Das Klostercafé, mit seinen freundlichen Bedienungen, bietet viel Köstlichkeiten an und im Klosterorden findet man immer zwischen Buch und Wein was Schönes.  Gerne setzt sich der kleine Mönch am Abend auf eine Gartenbank und lässt seinen Blick über die Weinberge schweifen.

Kräftig und tiefverwurzelt stehen sie da: Die Weinstöcke rund um die Abtei St. Hildegard in Eibingen am Rhein. Die Blätter der Weinstöcke leuchten in einem lebendigen Grün. Der kleine Mönch denkt: „Zuerst sind sie zaghaft gewachsen und dann immer größer geworden. Es hat die Nonnen wohl einiges an Arbeit gekostet. Der Boden wurde vorbereitet, der Stock wurde geschnitten. Die Triebe, die stehenblieben, wurden gebogen und befestigt. In all seiner Schönheit ziert der Weinstock den Weinberg. Tief verwurzelt steht er da. Schaue ich eine Wurzel an, denke ich: Stark wie ein Weinstock. Ja, die Wurzel will mir sagen, dass ich stark und kräftig bin. Wie sie den Weinstock in der Erde festhält, bin ich zu tiefst verwurzelt. Verwurzelt in wem? In Familie, Klostergemeinschaft, Freundeskreis! Und ich bin in der Lebenswurzel schlechthin verwurzelt: In Gott. In Gott gründe ich. Er ist meine Wurzel. Er trägt mich und lässt mich in die Tiefe gehen, um zu wachse.“ Glücklich lächelt der kleine Mönch in sein Herz hinein. Urlaubstage sind schöne Tage. Ein besonderes Erlebnis ist für den kleinen Mönch der Ausflug in das ehemalige Kloster Eberbach. Hier wurden Szenen zum Film „Der Name der Rose“ nach Umbertos Ecos Klassiker der Weltliteratur gedreht. Spaß mach eine Rhine-River-Tour bis Loreley. Das Rheintal mit seinen Burgen findet der kleine Mönch wunderschön. Manchmal wechselt der kleine Mönch die Rheinseite: Besichtigungstour durch Mainz, Besuch des Kloster Jakobsberg und des Rochusberges und ein Besuch im „Museum am Strom“ in Bingen. Die Ausstellung über Hildegard von Bingen ist sehr lobenswert und verdeutlicht, was für eine mutige und moderne Frau hier einst hier am Rhein lebte. Wanderungen durch die Weinberge und zum Niederwalddenkmal oder zu Kirche „Noth Gottes“ dürfen auf dem Programm nicht fehlen.

Morgen pilgert der kleine Mönch betend durch die Weinberge hinab nach Eibingen in die Pfarrkirche, um am Schrein der heiligen Hildegard von Bingen zu beten. Ihm gibt das Kraft, Glaube und Hoffnung! Die Hl. Hildegard ist für ihn eine wichtige Fürsprecherin auf seinem Pilger-Lebens-Weg als Mönch durch die Klosterwelten geworden. Diesen Sommer erlebt er nun etwas ganz besonders. Eine Dame, die auch zu Gast in der Abtei war, bot den kleinen Mönch an, mit ihr auf den Disibodenberg zu fahren. Gern nahm er das Angebot an. Auf dem Disibodenberg errichteten Benediktiner im 12. Jahrhundert eine gewaltige Klosteranlage. Die heilige Hildegard verbringt hier ihre ersten 39 Klosterjahre als Inklusin. Ihre Magistra war Jutta von Sponheim. Auf dem Disibodenberg schrieb Hildegard mit Hilfe des Mönchs Volmar ihre erste Vision SCIVIAS – WISSE DIE WEGE nieder. Welch ein Gefühl! Schritt für Schritt steigt der kleine Mönch den Disibodenberg hinauf. Bis zur alten Klosterruine. Als er oben angekommen war verschlägt es ihm den Atem. Ein Ort voller Kraft. Hier lebte also einst die große Benediktinerin und Kirchenlehrerin. Ehrfürchtig durchschreitet der kleine Mönch die Ruinenlandschaft. Im alten Kapitelsaal der Mönche bleibt er sitzen und hört. Er hört in sein Herz hinein: Schweige und höre! Neige deines Herzens Ohr! Suche den Frieden – „Pilgern heißt schweigen“, sagt der heilige Benedikt, doch wenn ich pilgere bin ich auf einen Weg, dachte der kleine Mönch… auf dem Weg… Scivias… Wisse die Wege! Da sitzt er im Kapitelsaal. Das Licht der Sonne fällt im Spiegelglanz durch das Grün der alten Bäume. Ob Hildegard hierher gegangen ist? Dem kleinen Mönch fallen die Augen zu und auf einmal ist er in einer anderen Welt. Träumt er oder ist er wach? Deutlich sieht der die Nonne Hildegard im schwarzen Habit vor sich. Hildegard?! Bist du es!? Ein Tag mit Hildegard. Träumt er oder wacht er…

…Der Tag gibt dem Tag die Botschaft weiter. Eine Dohle in der Wüste, eine Eule in den Ruinen. Hildegard hatte tüchtige Schwestern und sie mischte sich nicht in die Verantwortlichkeit anderer, registrierte nur die Richtigkeit, sagte wohl, nimm mehr Sahne ab, damit die Mittagsmilch nicht zu fett ist, nimm mehr Honig, vergiss im Salat die Petersilie nicht, das Brot ist gesünder, wenn der Ofen nicht vorgeheizt wird, backe Dinkel hinein, leg das Leinen in die Mittagssonne, mehr sagte sie nicht und die Schwestern waren dankbar für jeden Rat. In der Salbenküche roch sie über den Tröpfen, schmeckte ab. Im Garten band sie eine Bohnenranke hoch, entzückt über den zarten Stengel. Die Blätter entpuppen sich, werden ein Wunder. Viriditas – die Grünkraft…Der Mensch wird von der Kraft der Geschöpfe so stark umfangen, dass er von ihnen gar nicht getrennt werden kann; denn die Weltelemente sind für den Menschen geschaffen und erweisen ihm ihren Dienst! ‘… Sollte sie noch die Enten füttern? Aber Volmar wartete. Sie schaute auf den Boden: er ist erschöpft. Wir müssen Klee anbauen, die Mauer an der Frauenklause muss repariert werden. Ora et labora! In der Schreibstube traf sie Volmar. Der Abt hatte ihm Dokumente mitgegeben. Eine Schenkungsurkunde gegenzeichnen, Mehl und Leinen resistieren, Briefe schreiben. Wann lässt du mich mein Kloster bauen? Ein Kloster am Rande des großen Flusses? Deine Wegen, deine Pfade.  An der kleinen Pforte an der Mauer warteten schon die Kranken. Schmerzen, Angst und Tränen. Hildegard war ihre Hoffnung und Hildegard machte ihnen Mut, denn Mutmachen ist am wichtigsten. Selber dachte sie: ich bin doch nur ein zerbrechlicher Mensch. Eine Dohle in der Wüste! Wunden pflegen und verbinden. Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst – für Hildegard mehr als nur Worte. Die Glocke ruft. Aus der Enge meines Herzens führ mich heraus. Sie eilt in die Kirche, noch rechtzeitig zur Sext. Nach dem Mittagessen ein Gang durch den Garten. Stille und Ruhe. Damit mein Herz sich weiten kann. Die Rosen blühen zarter und doch voller Einsamkeit.  Die Einsamkeit der Rosen lässt sie weiter hoffen. Hoffen auf ein Wunder für all die kranken Menschenkinder. Hildegard hofft auf ein Wunder für diese Welt…Halt ein, Mensch, du baust eine Ruine! Zorntage liegen auf dir, Mensch! Du bist ein Rebell und zerstörst alles grünende Leben. Die Luft speit Schmutz aus, sie stinkt wie die Pest, und Winde und Wasser sind voller Moder. Die Elemente treten vor den Schöpfer und klagen dich an. Wer bist du, Mensch?‘… Nach der Non wieder schreiben und studieren und diktieren. Scivias – Wisse die Wege. Die Zeit ist einsam und müde, aber sie jagt und fliegt dahin wie Wolken am Himmel. Es läutet zur Vesper. Als Israel auszog aus Ägypten. Das Singen in der Vesper tut Hildegard nach einem langen Tag gut. Er wandelt den Felsen zum Teich. Kieselgestein zur Wasserquell. Nach der Vesper ging Hildegard ins Refektorium und der Duft des frischen Roggenbrotes zog ihr in ihre Nase. Saftig ist das Brot – der Fisch ist gut gewürzt. Aber der Wein ist zu wässerig – viel zu wässerig findet Hildegard. Und doch sind im  Wein ja kraftvoll alle Elemente… ‚Im Menschen sind Feuer, Wasser, Luft und Erde. Aus ihnen besteht er: Vom Feuer hat er die Wärme, von der Luft den Atem, vom Wasser das Blut und von der Erde den Körper. Dem Feuer verdankt er das Sehen, der Luft das Hören, dem Wasser die Bewegung und der Erde seinen Gang! ‘… Nach dem Abendessen noch ein Besuch bei den Kranken. Bevor des Tages Licht vergeht. In der Komplet getragener Singsang. Sei unser Heil, o Herr, wenn wir wachen, und unser Schutz, wenn wir schlafen; damit wir wachen mit Christus und ruhen in seinem Frieden. Dann der Gang durch das stille Haus. War der Tag nicht zu eng, die Arbeit zu schwer, wird in der Nacht jemand weinen müssen. Hildegard geht in ihre Zelle und legt sich nieder. Die Nacht verkündet der Nacht die Erkenntnis!“…

Da erwacht der kleine Mönch im Spiegelganz des Sonnenlichtes, das durch die Bäume auf den Disibodenberg schimmert – was für ein schöner Pilgertraum! Am frühen Abend fahren die Dame und er zurück nach Eibingen in die Abtei. Mit der Fähre geht es von Bingen über den Rhein nach Rüdesheim. Rechtzeitig zu Vesper sind sie im Kloster.

Quelle:

  • Hildegard von Bingen: „Liber vitae meritorum“ ; „Liber divinorum operum“ ; „Causae et curae“
  • Ingeborg Ulrich „Hildegard von Bingen – Mystikerin, Heilerin. Gefährtin der Egel“ Kösel Verlag 1990 frei zitiert / zusammenegstellt von den Seiten 50-54

Übermorgen fahre ich nach Südtirol in die Ferien. Die Wettervorhersagen für die nächsten Tage sagen die Hundstage mit viel Hitze voraus. Ich erinnere mich an meinen Südtiroler-Sommerurlaub 2015: Afrika-Hitze auf der Alpen Südseite! Das Wandern viel schwer. Ja, wer an einem heißen Tag im Juli schon einmal eine Wanderung gemacht hat, d weiß was es heißt, wenn man fast ausgetrocknet ist. In der Natur können wir es auch sehen. Die Pfalzen der Bäume um mich herum sind am Verdorren und mancher lässt bereits jetzt seine Blätter, die erst vor kurzen gewachsen sind, hängen und sie sterben heuer schon jetzt ab. Es ist keine grüne Lebenskraft mehr in ihnen. Die heilige Hildegard von Bingen benutzt, bezieht bzw, verwendet das Wort Dürre „ariditas“ auch für einen kranken Menschen, der keine Lebenskraft – keine Grünkraft – mehr in sich hat, weil das Leben manch uns ausdorren lässt. Hildegard, die weise Sybille vom Rhein, verwendet immer wieder starke Bilder, um die Geheimnisse zu offenbaren. Die Hitze des Lebens im Form von Stresses kann uns krankmachen, so dass wir innerlich ausdorren. Schule stressig – Studium nervig – alles dreht sich im Kreis. Es ist kaum noch Kraft in uns. Es fällt uns schwer auf dem Weg des Lebens weiterzugeben. Das Leben gleicht einen ausgedörrten Reiseweg. Das sind die Durststrecken im Leben, an denen uns die Zunge am Gaumen klebt. Jetzt können wir eine OASE gebrauchen, in der wir auftanken dürfen. Eine OASE als spirituelle Tank.Stelle! Zu unserem Kloster gehört seit 40 + 1ahren so eine OASE: Da, wo einen Brunnen fließt, da kann ich innerlich auftanken. Mich stark machen für die dürren Abschnitte im Leben. Mich wandeln – von ariditas zu viriditas!

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus den Visionen der heiligen Hildegard von Bingen:

„Drei Pfade hat der Mensch in sich, in denen sich sein Leben tätigt: die Seele, den Leib und die Sinne.“

Der siebente Monat hat durch die sengende Sonne gewaltige Kräfte. Es ist Juli. Die Mittsommertage liegen hinter uns. Das Jahr ist in seiner Mitte. Halbzeit und doch geht es schnell Schritt für Schritt weiter. Wenn wir in den nächsten Wochen aufmerksam durch den Garten oder durch die Natur gehen, dann sehen wir wie langsam die Früchte auf Bäumen und Sträuchern reifen. Das Gemüse im Garten wächst heran. Das Grün voll ausgewachsen. Es riecht und schmeckt nach Sommer. Der Juli ist ein leidenschaftlicher Monat. Sommer Sonnenzeiten – warm und schön mitunter heiß bis hitzig. Die Juli-Hitze ist nützlich und gefährlich zugleich. Nützlich, da sie alle Früchte reif macht. Gefährlich, weil die Hitze die Natur trockenlegt. Die Spuren der Dürre sind deutlich in Wald, Feld und Garten zu sehen. Trockenheit und Waldbrandgefahr. Ist es nicht ambivalent? Sonnenschein und wolkenloser Himmel empfinden wir als wunderbar und preisen das gute Wetter und doch hat dieses gute warme Sommerwetter auch die andere Seite der Medaille: Es ruft die Schattenseite des Sommers in der Dürre herauf. Der Juli hat wie bereits beschreiben, eine austrocknende Hitze. Diese Kitze kann aber auch zu heftigen Unwettern mit Regen wechseln. Die Sommermonate Juni – Juli – August vergleicht Hildegard mit der Lebensmitte des Menschen. Die Jahreskreismitte lässt schon die kommende Ernte ahnen, genauso wie in der Lebenskreismitte der Mensch langsam in die Phase der Ernte kommt.

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen

„Der siebente Monat hat durch die segnende Sonne gewaltige Kräfte. Er macht die Früchte der Erde reif und trocken. Und er ist ausdörrend durch Stürme und Trockenheit, die mit Regen wechseln.“

„Der siebente Monat ist nützlich für alle Früchte der Erde. Wenn die Werke des Menschen ehrenhaft sind, sind sie wie reife Früchte, aber wie vertrocknete Früchte sind sie, wenn sie Verwirrung stiften.“

Kräftig und hitzig, so beschreibt die hl. Hildegard von Bingen den Juni. Sie setzt den sechsten Monat in Bezug auf die Schultern des Menschen. Der Juni hat viel Power. Und auch der Mensch soll mit Power auf den Schultern sein Leben schultern, in dem er die Welt, die Gott ihm kre-aktive anvertraut hat, mit seinen Talenten achtsam gestalten soll. Die Vision der hl. Meisterin vom Rupertsberg nimmt dann eine Wendung. Hildegard vergleicht das Gehör mit den Schultern. Denn sowie durch die Schultern der Köper des Menschen getragen wird, mit dem er die Erde gestalten soll, so werden durch das Gehör alle Werke des Menschen im Klang der Zeit vollendet. Hildegard bezeichnet die Ohren als „Flügel der Vernünftigkeit“ Die Ohren stellen das Werkzeug bereit, damit der Menschen vielerlei hören kann: Geräusche, Töne und Worte! Klänge werden aufgenommen und richtig an das Gehirn weitergeleitet. Verstehen, das ist die Aufgabe des Gehirns. Verstehen, was wir hören. Der hl. Benedikt von Nursia beginnt seine Mönchsregel mit dem Wort: Höre! Ein An- und Aufruf an den Mönchen und die Nonne ganz innerlich zu werden und zu hören. Den Klängen der Stille einen Resonanzboden zu geben.  Wir müssen schon genau hinhören und sich auf eine Sache einlassen, wenn man hinter ihren Sinn kommen will. Die hl. Hildegard von Bingen spricht in ihrer Vision vom Klang eines jeden Geschöpfes. Die Seele schwingt beim Hören mit. Der Klang offenbart mir die Worte. Das gilt in besondere Weise für die Musik. Musik bringt die Seele zum Schwingen. Die hl. Hildegard hört in ihrer mystischen Schau den Gesang der Engel. Hildegard erfährt, dass die Seele des Menschen aus den himmlischen Harmonien stammt. Die menschliche Seele ist musikalisch gestimmt und sehnt sich nach der Harmonie der Liebe.

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Der zweite Sinn, das Hören, erscheint sozusagen wie ein gewisses Flügelchen der Vernünftigkeit, um die Worte zu verstehen, die es aufnimmt.“

„In dem die Ohren den Klang eines jeden Geschöpfes aufnehmen, kann jedes Ding, ganz gleich wo oder was es ist, erkannt werden. Deshalb lenkt der Mensch sein Gemüt darauf hin, um ihm auf die Spur zu kommen.“

„Ebenso sind unter den menschlichen Angelegenheiten solche, die das Gehör gelassen zulässt, aber auch viele Sachen, die es mit Schrecken und Traurigkeit aufnimmt. Die Seele jedoch wird gezwungen, alle diese guten und bösen, nützlichen und unnützlichen Dinge zu unterstützen. Sie kann sich nicht voll freuen und weint unter Tränen, da sie wegen der schlechten Dinge, die sie hören muss, die guten Werke nicht beginnen kann.“

Teamfahrt in die Abtei St. Hildegard Eibingen 2022

Am Morgen 7. Juni starteten wir, die aktuellen pädagogischen Mitarbeitenden der OASE, nach dem Reisesegen von Abt Aloysius, mit Br. Benedikt unseren gemeinsamen Teamausflug vom Klosterberg aus. Unser Ziel war die Abtei St. Hildegard in Eibingen bei Rüdesheim am Rhein, wo wir nach einer abenteuerlichen Fahrt durch das Hessenland herzlich von Sr. Francesca und Sr. Petra begrüßt und empfangen wurden.

Am Nachmittag führte uns ein kleiner Spaziergang durch die herrlichen Weinberge und wir konnten den herrlichen Rhein-Blick genießen. Nachdem wir uns Kaffee und köstlichen Kuchen im Klostercafé verwöhnt hatten, wurde der Klosterladen in Blick genommen. Gemeinsam beuchten wir dann die Vesper der Nonnen. Den Tag rundet einen Glas Eibinger Klosterwein in gemütlicher Runde ab.

Am Mittwochvormittag stand eine Wanderung durch die Weinberge zum Weingut St. Johannisberg auf dem Programm. Nach der Mittagspause fuhren wir in das ehemaliger Kloster Eberbach. Ein besonderes Erlebnis für uns – vor allem für Praktikantin Helena – denn erst vor ein Wochen gab es im Rahmen der Oberstufenakademie ein Forum zu Umbertos Ecos Klassiker der Weltliteratur. Die Stimmung im ehemaligen Zisterzienserkloster war durch das Regenwetter passen – eine mystische Atmosphäre. Der Abend wurde noch gemütlichen rund bei einem Glas Klosterwein beendet.

Wetterbedingt konnten wir die Fahrt zum Disibodenberg, wo die hl. Hildegard ihr klösterliches Leben begann und von Ort nach Bingen auszog, um auf den Rupertsberg ihr eigens Kloster zu gründete, nicht antreten. So wechselten wir dennoch die Rheinseite uind besuchten das „Museum am Strom“ in Bingen. Die Ausstellung über Hildegard von Bingen ist sehr lobenswert und verdeutlicht, was für eine mutige und moderne Frau hier einst hier am Rhein lebte. Nach dem Abendessen unternahmen die jungen Teamer noch eine Abendwanderung durch die Weinberge mit einem kleinen Abstecher in die Rüdesheimer Drosselgasse.

Am Freitag machten wir uns nachdem Frühstück und Shopping im Klosterladen wieder zurück auf den Weg ins Sauerland. Bevor es aber endgültig losging machten wir noch einen wichtigen Besuch in der Wallfahrtskirche St. Hildegard, um dort den Reliquienschrein der Heiligen Hildegard zu besichtigen, gemeinsam zu beten und das Leben dieser wahrhaften Kirchenlehrerin auf uns wirken zu lassen. Mit Gottes Segen kamen wir fröhlich am Nachmittag in Meschede an.

Ein großes Dankeschön gilt vor allem den Benediktinerinnen aus der Abtei, die uns so gastfreundlich empfangen und verpflegt haben. Ebenso danken wir dem Gastbereich der Abtei Königsmünster, der dies Teamfahrt ermöglicht und unterstützt hat.

Kräftig und hitzig, aber auch laut! Im modernen Sprachgebrauch können wir sagen: Der Juni hat viel Power. Diese braucht er aber auch, weil sehr viel Arbeit auf ihn wartet. Es ist jetzt richtig viel zu tun. Die Blüte ist vorbei, Früchte haben angesetzt und müssen wachsen und reifen. Wärme, Luft und Wasser sind nötig, um den geheimnisvollen Vorgang des Reifens vorwärtszubringen. Dabei neigt derb Juni zum Übermaß: Er ist nicht nur warm, sondern auch heiß und trocknet mit dieser heißen Luft den Boden aus. Er spendet nicht nur Regen, sondern schüttet in Wolkenbrüchen gewaltige Wassermassen aus. Für diese Kraft des Monats Juni sieht die hl. Hildegard von Bingen eine Entsprechung in den Schultern des Menschen. Sie schreibt: „Dadurch wird auf die Schultern des Menschen hingewiesen, die in ihrer Wärme ebenfalls trocken sind, die jede Arbeit unterstützen und so den ganzen Körper erhalten.“ In den Schultern zeigt sich die Kraft eines Menschen. Wer die Schultern hängen lässt, hängt nur ab und ist in sich selbst kraftlos, aber auch unfähig etwas zu leisten. Der Volksmund spricht davon, dass wir etwas schultern müssen, wenn eine Aufgabe vor uns liegt oder wenn jemand viel zu tun hat, sagen wir, dass er sich die Schultern aber voll beladen hat. Der gesunde, kräftige Mensch braucht eine Tätigkeit. Er muss ein Werk vor sich haben, wie es die hl. Hildegard ausdrückt. Denn Gottes Auszeichnung gegenüber dem Menschen ist es, dass der Mensch die Welt kre-aktiv gestalten soll. Und zwar mit seinen Talenten, die er auf seinen Schultern trägt. Der Mensch ist ein geschaffenes Werk, das selbst wieder schöpferisch tätig sein kann.

(Br. Benedikt Müller OSB)

 

 Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Der sechste Monat ist mit seiner Hitze recht trocken und mildert diese durch den Lufthauch, der die Früchte zur Reife bringt. Aber er schüttet auch manchmal gewaltige Wassermassen mit den gefährlichen Schallwellen der Donnerschläge aus, diese jagen dem Menschen Furcht ein.“

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Die Schultern, die alle Feuchtigkeit der Eingeweide und der anderen Organe des Menschen und damit den ganzen Organismus tragen, haben eine beachtenswerte Ähnlichkeit mit dem Gehör, welches der Anfang der Seele ist.“

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Durch die Ohren wird der Schall aller nützlichen und unnützen Dinge gehört. Und dadurch wird der ganze Leib in Bewegung versetzt. Auf ähnliche Weise hat auch die Seele eine Auseinandersetzung mit den Kräften der leiblichen Natur, weil sie den Leib belebt und durchströmt und mit ihm gleichsam wie mit Gefäßen verflochten wird.

„Er war der verschlossene Brunnen, der seine Lehre in der Maßhaltung Gottes erquellen ließ, in dem er nämlich den spitzen Nagel dieser Lehre nicht zu hoch und nicht zu tief, sondern genau in der Mitte des Rades einschlug, so dass jeder, der Starke wie der Schwache daraus zu trinken vermochte und zwar je nach seinem Fassungsvermögen.“ (Hl. Hildegard von Bingen über den hl. Benedikt)

Hl. Benedikt von Nursia – Ordensgründer

 „Über sein Leben berichtet uns Papst Gregor, der diesem „Mann Gottes“ im zweiten Buch seiner „Dialoge“ ein Denkmal gesetzt hat.

Um 480 bei Nursia in Umbrien geboren, kam Benedikt zum Studium nach Rom. Das städtische Treiben, vor allem der Lebensstil der Studenten in Rom, missfielen ihm. Sein Wunsch war es, gerade angesichts all dessen, was er sah, Gott zu gefallen und so zog er sich bald in die Einsamkeit zurück.

Die Jahre des Eremitenlebens – drei Jahre hat er in der Höhle bei Subiaco in völliger Einsamkeit gelebt – waren für ihn Jahre der Prüfung, der inneren Reifung, in denen er die wesentlichen Versuchungen des Menschseins zu bestehen hatte: die Versuchung, sich selbst in den Mittelpunkt zu setzen, die Versuchungen der Sinnlichkeit und die Versuchung des Zornes, der Rachsucht, der Herrschsucht. Er hat diese Versuchungen überwunden und so den Frieden zu sich selbst gefunden, damit die Kraft anderen Frieden zu bringen und andere auf dem Weg des Menschseins zu führen.

Er hat dann zwölf Klöster rund um Subiaco gegründet. Im Jahr 529 aber ist er von dort weg nach Montecassino. Und wir dürfen annehmen, seine Absicht war es, damit auch dem Mönchtum sozusagen eine Art Sichtbarkeit zu geben, als Leuchtturm auf dem Berg es aufzurichten. Dort in Montecassino hat er seine Regel geschrieben, und dort ist er 547 gestorben.

Durch sein Wirken und besonders durch seine Regel, hat Benedikt entscheidenden Einfluss auf die Formung der europäischen Kultur und Zivilisation ausgeübt.

Es war die Zeit des Zusammenbruchs des Römischen Reiches, des Zusammenbruchs seiner Institutionen, Zusammenbruchs seiner Moral. Und mit der Regel hat er einen neuen Aufbau geschaffen, aus dem Europa entstanden ist.

1964 hat Papst Paul VI. ihn zum Patron Europas erklärt.

Benedikt beschreibt in seiner Regel das Kloster als „Schule für den Dienst des Herrn“. Dabei nimmt das Gebet, ohne dass es keine Gotteserfahrung gibt, einen zentralen Platz ein. Aber er weiß, dass aus dem betenden Hinhören auf Gott dann konkretes Tun für den Menschen und für die Welt zu folgen hat. Nicht um eine ichbezogene Selbstverwirklichung geht es ihm, sondern um die aufrichtige Suche nach Gott und die nach dem Beispiel Christi in Glauben und Liebe geübte Demut, die dann menschliche Gemeinschaft aufbaut. So kann der Mensch wirklich erlöst, nämlich Gott ähnlich werden und werden, was er ist: ein Bild Gottes.“

Ansprache von Benedikt XVI. anläßlich der Generalaudienz am 9. April 2008 in Rom – Text entnommen dem Osservatore 15/2008

Ein Apfel in der deiner Hand. Ein reifer, rotbackiger Apfel. Erinnere dich daran, dass er an einem Baum gewachsen und gereift ist. Dein Apfelbaum hing voll von diesen herrlichen Früchten. Die Natur beschenkt reichlich und freigiebig. Denk dran, wie lange es gebraucht hat, bis dieser Apfel gereift ist: viele Monate! Der Apfel musste Stürme und Unwetter – Hitze und Trockenheit – vielleicht sogar Hagelschlag und Frost überstehen. Wir Menschen haben das Bedürfnis die Früchte unseres Lebens immer wieder in Abständen zu ernten. Welche Früchte sind in unseren Lebens-Stürmen gereift? Wie viele Früchte sind unreif abgefallen? Sind wir reich geworden durch Liebe, Wohlwollen und Geduld? Sind unsere Herzen und Hände mit Früchten gefüllt, an denen wir uns und andere sich erfreuen können?

In ihrem Werk PHYSICA schriebt die hl. Hildegard von Bingen über den Apfel: »Die Frucht dieses Baumes ist zart und leicht verdaulich und schadet roh keinem Gesunden. Denn die Äpfel wachsen und erquicken sich am Tau der Nacht vom ersten Schlaf bis fast vor Tagesanbruch. Deshalb sind sie roh Gesunden gut zu essen, weil sie aus starkem Tau gekocht sind. Kränklichen aber schaden rohe Äpfel etwas, weil diese eben schwächlich sind. Gekocht und gebraten sind sie gut für Starke und Sieche. Wenn die Äpfel alt und runzelig geworden sind, also im Winter, können Gesunde und Kranke sie gut roh essen«.

SCIVIAS – Wisse die Wege. Auf meinem Lebensweg werde ich mit den Früchten beschenkt, die ich aus meinem Lebensgarten ernten durfte.(Zusammengestellt von Br. Benedikt Müller OSB)