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Eben noch waren seine Augen verbunden. Eine Augenbinde hat sie abgedeckt oder verdeckt. Nun liegt die Augenbinde neben ihn im Sand der Straße. Mit weit aufgerissenen Augen steht er da und staunt nur so über das, was er da sieht. Der Künstler Kees de Kort hat in seiner Kinderbibel aus der Reihe „As die Bibel uns erzählt“ diesen Menschen, der wiedersehen kann, gemalt. Viele, die wie ich mit seiner Kinderbibel groß geworden sind, werden dieses Bild vor Augen haben, wenn sie diese Geschichte hören. Der Evangelist Markus nennt den Namen des Blinden: „Bartimäus und es bedeutet lediglich Bar = Sohn / ti = des / Mäus / Matthäus“. Staunend steht er da. So muss es sein, wenn dieser sehnliche Wunsch erfüllt ist: „Herr, dass ich sehen kann.“

Vom Sehen, Sehen können und wieder Sehen können, erzählt diese Geschichte. Auch vom Sehen in einem tieferen Sinn. Davon, etwas zu begreifen, zu erfassen, die Dinge neu zu sehen und dadurch zu verstehen. „Mir sind die Augen aufgegangen“, sagen wir, wenn wir etwas gesehen und verstanden haben. Dann kann ich viel besser mit etwas umgehen, wenn ich weiß, warum etwas so ist und nicht anders. Und doch muss ich damit leben, dass ich manches nicht verstehen kann, dass es mir und meinen Augen verborgen bleibt, warum es so ist.

(Br. Benedikt Müller OSB – Koordinator „Jugend & Bildung“)

Bis zu 14.400 Mal. Ein erwachsener Mensch blinzelt bis zu 14.400 Mal am Tag. 14.400 Augenblicke.

Sprechen wir von Augenblicken, so meinen wir oftmals intensive Wahrnehmungen. Momente, an die wir uns immer erinnern werden. Ein Augenblick ist für uns mehr als ein Blinzeln. Augenblicke sind in der Lage die Zeit zu verlangsamen, Momente ewig andauern zu lassen. Mit Augenblicken beschreiben wir den richtigen Zeitpunkt. Die richtige Idee zur richtigen Zeit. Wenn wir einem geliebten Menschen gegenüberstehen, dann schauen wir ihm erst in die Augen. Sobald der Augenkontakt da ist, fangen wir an zu lächeln. Wir registrieren die Freude, unsere Liebe, in einem einzigen Augenblick, Mit einem Augenaufschlag, einem Blinzeln. Manchmal wünschen wir uns, diese Augenblicke würden nie enden, wären ewig, unendlich. Dann können wir uns immer wieder an sie erinnern. Dann bleiben sie in unserem Gedächtnis, definieren unsere Gedanken, unseren Geist.

Vergeht ein solcher Augenblick, scheint sich manchmal alles geändert zu haben. Für uns, für unser Leben. Mit einem Augenblick kann sich alles ändern. Schlagartig, plötzlich. Im neuen Testament wird in Augenblicken beschrieben, was sich für die Menschen ändert, sobald sie auf Jesus treffen. Sie werden geheilt, haben eine Erkenntnis, folgen ihm nach, verändern ihr Leben. Die Erkenntnis ist so kurz wie der Augenblick, ihre Folge jedoch wird das weitere Leben bestimmen.

Mit dem Augenblick, in dem wir feiern, dass Jesus in einer Krippe zur Welt gekommen ist, erleben wir Weihnachten. Wir erleben ein Fest, auf das wir uns in dieser Adventszeit vorbereiten. Und zwar in ganz vielen kleinen Augenblicken. Die einen halten für immer, andere sind vergänglich. Die einen nehmen wir wahr, die anderen nicht. Manche haben wir gar nicht erlebt, andere schenken uns das Leben. Bis zu 14.400 mal am Tag. Nicht nur im Advent, nicht nur an Weihnachten, jeden Tag. Denn Gott hat uns die Fähigkeit geschenkt, Augenblicke wahrzunehmen, die Liebe zu spüren, zu lieben und geliebt zu werden. In vielen kleinen, einzigartigen Augenblicken. Lassen wir es zu. Jetzt, in dieser Adventszeit.

Denn wir wissen, einige Augenblicke unseres Lebens sind besonders kostbar…

„Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden.“

Lukas 1, 28 ff.

(Helena Minner; Jahrespraktikantin in der OASE)