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Der dritte Monat ist ein Unruhestifter. ER gleicht dem jungen Menschen in der Zeit der Pubertät. Die heilige Hildegard fasziniert immer wieder durch ihre ganzheitlichen Vergleiche zu anthropologischen Bezügen. Der Mensch, der in der Mitte seiner Jugend steht, vergleicht die weise Nonne mit einem jungen Baum. Der junge Baum der zunächst aufblüht, um dann später reife Früchte trägt. Wie der Baum ist der Mensch den Stürmen der Elemente ausgesetzt. Es ist nun wichtig, dass der Mensch sich wie der Baum in seinen jungen Jahren auch tiefverwurzelt und einen Standpunkt entwickelt hat. Familie, Freunde, Vereine und Gemeinschaft sind er Nährboden für diesen Standpunkt in der Lebens.Gesellschaft.

Das Symbol des Baumes für den Menschen ist ein Urbild. Darum ist es nicht verwunderlich, dass Hildegard dieses Bild aufgreift. Stellen wir uns einen jungen Baum im Garten des Lebens einmal konkret vor unserem innerlichen Auge vor. Wenn wir den Stamm des Baumes betrachten, dann wissen wir, dass sich der Stamm bis unter die Erde fortsetzt. Dort teilt er sich dann in Wurzeln, die sich weit ins Erdreich verzweigen. Der Baum verwurzelt sich. Er verbindet sich mit der Erde. Er bekommt einen Standpunkt im Leben. Die Wurzeln geben ihm nicht nur einen sicheren Stand, sondern sie sind auch mit der Erde verbunden. Mit ihnen holt sich der junge Baum seine Energie und Nahrung aus dem Boden der Erde. Alles Lebensnotwendige zieht er aus dem Boden in seinen Stamm bis in die Äste, damit dort die Früchte des Lebens aufblühen, wachsen und reifen können.

Vielleicht nutzen wir ja die Fastenzeit dazu einen Baum zu pflanzen.

Aus den Visionen der heiligen Hildegard von Bingen:

„Wer beim Erklettern eines Baumes zuerst nach dem höchsten Zweig greift, der wird zumeist in plötzlichem Sturze fallen. Wer aber bei der Wurzel aufzusteigen beginnt, der kommt nicht so leicht zu Fall, wenn er vorsichtig weitergeht.“

(Br. Benedikt Müller OSB)

 

Mir persönlich gefällt wie heilige Hildegard von Bingen immer wieder mit ganzheitlichen Bildern unser menschliches Leben mit der Schöpfung in Einklang bringt bzw. mit den Geheimnissen der Natur einen Bezug auf unser menschliches Leben herstellt. Für den Monat März verwendet die heilige Nonne das Bild eines Unruhestifters und. Sie will hier einen Vergleich zu Jugendzeit des Menschen herstellen.

Die Jugendzeit ist von der Pubertät geprägt. Und jeder von uns weiß, dass dies eine Zeit ist, die für alle Beteiligten eine Herausforderung darstellt. Die Stürme der Jugend sind vergleichbar mit den Frühjahresstürmen die im März auftreten. Die Entwicklung des Kindes zum Erwachsenen wühlt den jungen Menschen in seinen Pubertätsphasen bis in den innersten Kern auf. In dieser Zeit wächst aber innerlich vor allem ein neues Bewusstsein in der menschlichen Seele heran. Ein Bewusstsein, das sich vom selbstverständlichen und einfachen Dasein des Kindes weg-entwickelt. Sinnfragen über das Leben spielen in dieser Zeit eine westliche Rolle im Seelenleben des jungen Menschen: Wer bin ich? Wo will ich hin? Was soll aus mir werden?  Der junge Mensch ist innerlich unsicher… Mann oder Maus? Die Natur ist im März ebenso noch in sich unsicher… Frühling oder Winter? Der junge Mensch weiß noch nicht was er werden soll oder wer er ist. Was jungen Menschen aber wissen, nur nicht so wie die Eltern werden. Diese Unruhestifter-Zeiten ob im Menschen oder in der Natur sind geprägt von Ruhelosigkeit, Unausgeglichenheit, Großspur- oder Großsprechigkeit, Ruppigkeit, Empfindlichkeit. Es bedarf der Zeit um zu werden, wer du bist.

Die heilige Hildegard von Bingen erinnert uns mit ihrem Bilde des Unruhestifters im Hinblick auf den Monat März und die Jugendzeit des Menschen aber auch daran, dass das Erwachsenwerden eine lange Zeit beanspruchen kann.  Die Zeit der Reife ist sich nicht mit dem Ende der Pubertät abgeschlossen, sondern kann ein ganzes Leben dauern. Die Fastenzeit will uns motivieren uns innerlich die Frage zu stellen, in wie weit in uns noch eine jugendliche Unruhe steckt, die sich mit den Fragen des Lebens auseinanderzusetzen:

  • Was war in der letzten Zeit?
  • Was ist mir wichtig und heilig?
  • Was möchte ich loswerden?
  • Welche Befürchtungen habe ich?

(Br. Benedikt Müller OSB)

 

Aus den Visionen der heilige Hildegard von Bingen:

„Der Mensch ist den Stürmen ruheloser Sitten ausgesetzt, wenn er begreift, wozu der fähig ist, weil sein Mark schon fett ist und seine Adern voll sind. Und dann hat die Seele in ihm eine wehklagende und jammernde Stimme, weil der Schmerz über ihre Sünden mehr und mehr zunimmt. Denn die Seele ist ja jenes Leben im Menschen, das alles in ihm bewegt.“

Die heilige Hildegard von Bingen nennt den März einen Unruhestifter. In dem Wort „Unruhe“ versteckt sich die Botschaft in ständiger Bewegung zu sein. Ein passendes Bild der Magistra vom Rupertsberg für den Monat März. Nach der scheinbaren Leblosigkeit in den Wintermonaten gerät nun vieles in der Natur in Bewegung. Wahr es noch im Februar im innerlichen verborgen, so kommt es im Laufe des Märzes ans Licht. Die bisher ruhenden Keime der Pflanzen regen sich von unter der Erde hinauf an das Licht der Erde. Die Sonne lockt sie mit ihren Strahlen hervor. Vom Dunklen ins Licht. Die ersten Frühlingsboten erscheinen im Garten, Wald und Flur. Ich erinnere mich an meine Kindertage und den Garten meiner Kindheit. Ich war jedes Jahr von neuem erstaunt mit welcher Kraft beispielsweise die Schneeglöckchen aufblühen, auch wenn sie (damals zu mindestens noch) sich manchmal durch den Schnee kämpfen mussten. Das Licht des Tages ändert sich. Die Luft reicht auf einmal so neu und frisch. Etwas Verheißungsvolles liegt sprichwörtlich in der Luft. Das ist noch heute so: Wir Menschen sind innerlich immer wieder überwältigt, wenn nach dem Winter die Wärme wieder ins Land kommt. Das neue Grün und die aufblühenden Frühlingsboten leuchten voller Lebendigkeit in unsere Welt hinein und künden von einem neu Anfang. Wir selbst spüren diesen Wechsle auch, in dem wir wieder aktiver werden. Es zieht uns, nach den dunklen Tagen, wieder an das Licht. Wieder spüren die Sehnsucht nach Licht. Die Fastenzeit, die oft im Monat März liegt, will uns auf diesen Schritt vom Dunklen ins Licht vorbereiten, in dem wir uns durch Achtsamkeit im Alltag dem neuen Leben nähren und uns so auf den Zauber des Anfangs immer wieder vorbereiten können.

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Der dritte Monat, der als Unruhestifter erscheint… Durch das Blasen der verschiedenen Winde bewegt er auch alle Keimlinge der Erde.

Mit offenen Augen durch die Natur spazieren gehen. Schlendern ist Luxus, aber gerade in den Tagen der Fastenzeit dürfen wir uns diesen Luxus erlauben und gönnen. Liegt im Februar noch Schnee dann sieht die Welt verzaubert aus. Ein sonniger, kalter Wintertag lädt ein durch Wald über Wiesen und Feldern zu gehen. Ich kann meine Spuren im Schnee sehen oder im Wald die Spuren der Waldbewohner entdecken. Oft ist es dann sehr still. Winterruhe vor den Frühlingsstürmen, die das Leben bringen. Wenn die Sonne scheint sind meine Augen oft durch das weiß des Schnees und dem hellen Licht der Wintersonne geblendet. Wenn der Schnee getaut ist kommen die alten Blätter des Herbstes zum Vorscheinen und ganz langsam verändert sich die Natur. Schneeglöckchen blühen und die Weisen beginnen langsam ihre Grünkraft zu bekommen. Die Tage werden wieder heller. Die Vögel zwitschern am Morgen. Kraniche und Wildgänse kehren zurück. Meine Augen nehmen die Veränderung der Natur war.

Aber oft kommt es im Winter auch vor, dass wir, bedingt durch die viele Heizungsluft, eine Art Trockenheit in den Augen spüren. Die Augen jucken und brennen. Was da hilft: Hinaus in die Natur. Die natürliche Feuchtigkeit des Februars in der Natur tut unseren Augen gut, so schrieb es schon vor über neunhundert Jahren die heilige Hildegard von Bingen, die Propheta Teutonica, in ihren Werken auf. Sie setzt den Monat Februar in einen Bezug zu den Augen des Menschen.

Hildegard von Bingen schreibt in ihren Werken, dass der Monat Februar seine Entsprechung in den Augen findet. Sie meint mit den Augen nicht nur das physische Auge, sondern auch das innere Auge – die Seele! Laut der Magistra vom Rupertsberg befeuchtet ein klarer und ungetrübter Blick nämlich auch die Seele des Menschen. Der heiligen Hildegard geht es vor allem um die Säuberung der Gedanken. Der Februar steht für Reinigung und einen klärenden Blick und dazu lädt uns auch die Fastenzeit ein. Gehen wir in den nächsten Wochen mit einem Klaren und achtsamen Blick durch unser Leben.

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Am frühen Morgen oder bei Tagesanbruch nimm ein frisches Rosenblatt und lege sie über deine Augen. Es zieht den Sagt, das ist das Triefen, aus ihnen heraus und macht sie klar.“

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Wenn der Mensch helle, klare und durchsichtige Augen hat, ist er gesund und besitzt die Kennzeichen des Lebens.“

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Wie durch den Saft alle Früchte des Baumes wachsen, so werden durch die Seele alle Werke des Menschen vollendet.“

 

Sonntags.Impuls: Hildegard von Bingen – Februar II

Erst Schnee, dann Regen, dann Frost, dann Nebel, dann Sonne! Der Schnee verdeckte kurz die Welt. Dann der Regen. Der Regen wäscht alles das Alte und Verbrauchte weg. Der Regen im Februar säubert. Eisig der Frost in den Februarnächten. Der Frost scheint alles einfrieren zu wollen. Träume und Vorhaben aus Eis legen oder sie zu konservieren. Dann der Nebel. Der Nebel verschleiert die Dinge – die Dinge, die unnötig geworden sind und belasten oder die Dinge die geheim sind, dass was keiner sehen oder wissen soll. Aber der Nebel verschleiert auch noch das, was im Geheimen neu wachsen will, aber noch Zeit braucht. Dann die Sonne. Sie will ans Licht holen und Klarheit schaffen. Es wechseln seltsam die Dinge im Februar und doch bekommt man die Ahnung des Frühlings mit allen Sinne zu spüren. Schnee, Regen, Nebel und Sonne – irgendwie muten sie alle an, als ob sie in diesem Monat etwas reinigen wollen bevor es ans Licht kommt oder verschwindet. Die Natur scheint sich selbst zu reinigen.

Laut Hildegard von Bingen steht der Monat Februar für die Reinigung und für einen klärenden Blick auf die Dinge. Nutzen wir in diesem Monat und schenken uns eine Zeit voller Achtsamkeit, um uns zu reinigen bzw. zu klären.

Nutze die Zeit und reinige deine Gedanken. Nutze die Achtsamkeit der Stille, um in deinen Gedanken nach alten Träumen aus deiner Kindheit oder aus der näheren Vergangenheit zu suchen. Welchen Traum wolltest du dir einmal erfüllen? Was wolltest du einmal tun? Welche Träume sind fast in Vergessenheit geraten? Wenn du möchtest, kannst du die Stille als Anlass nehmen, die Verwirklichung einiger Träume neu anzugehen und sie aufzuschreiben

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

Halte deinen Tempel mit Umsicht in Ordnung, damit jene Grünheit, in der du Gott mit Liebe empfängst, nicht Schaden nehme, weil Gott deine Seele sehr lieb hat.“

(Br. Benedikt Müller OSB)

„Im ersten Monat hebt sich die Sonne wieder aufwärts“, so schreibt die große Mystikerin und Kirchenlehrern Hildegard von Bingen über den Januar. Und tatsächlich, nach den Weihnachtstagen fällt es uns in den ersten Wochen des neuen Jahres von Tag zu Tag direkt in die Augen: Es wird langsam heller! Ganz langsam kommt Helligkeit in unser Leben. Die Schatten werden kürzer. Jetzt Ende des Januars können wir es wirklich sehen: Das kommende Licht der Sonne! Und dennoch klagen wir im Januar oft mehr über die Dunkelheit! Eine gute Übung wäre es doch, wenn wir den Zauber eines Neubeginnes ernstnehmen, den Blick zu wechseln, also nicht die große Dunkelheit sehen, sondern die kleinen wachsenden Lichtmomente wahrnehmen.

Januar – Neubeginn, auch in der Schöpfung, denn mit dem Aufsteigen der Sonne wird in den nächsten Wochen auch das neue Leben in die Schöpfung zurückkommen. Somit ist es auch nicht verwunderlich, wenn die heilige Hildegard den Januar mit der Kindheit des Menschen in Bezug setzt und zwar mit einer Kindheit, die in der Seele voll Freue wirkt. Ist das nicht wunderbar! Das Neue darf in unsere Seele freudig wirken, wie bei einem Kind, das neues entdeckt und lernt. Darum ist es eine gute Übung immer und immer wieder sein INNERES KIND in sich zu bewahren. Kind sind wir nicht nur in jungen Jahren. Es ist eine Zeit unseres Lebens, die uns nie ganz verlässt. Kindsein hat seine Bedeutung zu jeder Zeit und meint dabei: Lustvoll leben, Genießen können, sich regressiver Seiten erlauben, spielerisch und kre-aktiv der Welt begegnen oder wie es Astrid Lindgren ausdrückt: „Sei frech und wild und wunderbar!“ Zu einer solchen Reise in das Land des Kindsein sind wir immer eingeladen, um so das innere Kind in uns zu wecken. Es ist eine Reise in unsere verschollene Gegenwart für eigene lebendige Zukunft.

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„So wie die Sonne im ersten Monat sich wieder aufwärts hebt. So ist die Seele im Kindesalter weder gebunden noch finster!“

Die Energie der Natur spiegelt sich auch im Menschen wider. Vor allem in seiner Gesundheit und seiner Befindlichkeit. Die heilige Hildegard betont diesen Zusammenhang in ihren Werken, denn sie ist geprägt durch eine ganzheitlich-sinnorientierte Sicht auf das Leben. Wenn nun der Mensch durch den Rhythmus der Elemente auf natürliche Weise beeinflusst wird, dann werden auch seine Organe davon selbstverständlich auch davon beeinflusst.

Dem Januar schreibt Hildegard diesbezüglich auf den ersten Blick eine vielleicht etwas komische klingende Bedeutung zu, die aber auf dem zweiten Blick tief schauen lässt. Die Prophetia Teutonica sagt, dass der Januar in seinen Eigenschaften dem Gehirn des Menschen gleicht. Das Gehirn stellt sie als kühl und feucht dar. Das Gehirn reinigt sich selber, in dem es Flüssigkeit durch Augen und Nase absondert. Puh – vielleicht nicht so appetitlich diese Vorstellung, und auch ein befremdliches Bild. Aber: Wir müssen allerdings diese Bild vom Bild her in das Hier und Jetzt übertragen! Es also deuten! Hildegard rät dazu den Januar, also den Anfang des Jahres, zu nutzen, um aus unserem Kopf (Gehirn) alles was Traurigkeit und Überdruss verursacht wegzuräumen. Manche Dinge nehmen uns innerlich in Anspruch, da platzen einem schon mal die Ohren, weil sie voll gelabbert wurde. Oder die Augen tränen vor Überlastung und Traurigkeit, weil gesehenes erlebtes wie Seife in ihnen brennt. Und manches kann man in solch Situationen einfach nicht mehr riechen, weil die Nase zu ist oder es einem stinkt! Dann ist es gut, diese Dinge anzupacken und wegzuräumen. Hildegard geht sogar noch einen Schritt weiter und fordert auf innerlich zu werden – die Seele nicht vergessen, dass ist der Nonne vom Rhein wichtig. Das Seelenheil und das Heil um die Seele ist bei Frau von Bingen nicht zu unterschätzen. IN-SICH-ZU-HÖREN! Wenn du z.B. eine fette Erkältung hast, dann schaue achtsam in dich. Was oder wer schwächt deine Kräfte? Eine Erkältung ist ein Streik der Seele! Warum streikt dein Körper? Nimm den Stress im Blick, räume Ärger aus und befreie dich von unnötiger Last!

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus dem Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Seine (Monat Januar) Eigenschaften gleichen dem Gehirn, das sich als kühl und feucht darstellt. Es reinigt sich, indem es minderwertige Flüssigkeit absondert, und zwar durch Augen, durch Ihren und durch die Nasenlöcher.”

(Hildegard von Bingen, aus: „Welt und Mensch“, das Buch „De operatione dei“)

 

Januar. Anfang des Jahres. Der erste Monat. Ihm folgen elf weitere, ganz verschiedene Monate und ihre Zeiten. Wir sind in der Zeit und doch ist jede Zeit auch unsere Zeit. Jeder Monat hat seine Zeit und sein Thema. Das zeigt dadurch wie sich das Wetter und die Elemente in den Monaten spiegeln. Stürmt es und ist luftig klar? Ist es heiß und feurigwarm? Strömt Regen wasserreich? Schenkt die Erde Lebensgaben. Und wie es in einem Monat mit dem Lebensklang der Schöpfung bestellt ist. Ruht die Erde oder sprießt es? Will gesät oder geerntet werden? Die heilige Hildegard von Bingen hat die Monate in ihrem Werk „Liber divinorum operum – das Buch vom Wirken Gottes“ in eine Beziehung zum Leben bzw. dem Lebenskreis des Menschen gestellt. Dazu schreib die Meisterin vom Rupertsberg: „Wie Gott die Schöpfung im Menschen bezeichnet hat, so hat er ich ihm auch die Jahreszeiten in ihrer Abfolge dargestellt. Denn den Sommer zeigt er im wachen Menschen, den Winter im schlafenden. Denn wie der Winter in sich verbirgt, was der Sommer mit Freuden hervorbringt, so wird auch der schlafenden Menschen durch den Schlaf gekräftigt, damit er im Wachen mit seinen Kräften für jede Arbeit bereit wird.“

Hildegard von Bingen lebte im Rhythmus der Jahreszeiten, ihre Worte können zum Wegweiser für uns selbst werden. Wenn wir das Jahr durchhalten wollen und persönlich weiterkommen möchten, dann bedarf dies der Vorbereitung. Von Null auf Hundert ist nicht gut. Ratsam scheint es, dass ich mir die Dinge des Alltages, des Momentes, anschaue und verinnerliche, damit sie in mir neu wachsen können. Die Ruhe des Winters kann und will mir dabei helfen. Jetzt ist die Zeit die Dinge für das Jahr im Blick zu nehmen und um zu planen. Innerlich sich Wege der Möglichkeiten zu erspähen, die mich zum Ziel führen können. Mich verbreiten! Den Zauber des Anfangs nicht umsonst verstreichen lasse oder gar verpassen.

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Auch die Monate hat ER im Menschen unterschieden, indem ER in ihm die Unterscheidung ihrer Qualitäten und besonderen Vermögen verankert hat.”

Manche Dinge lass zurück – ein neuer Anfang steht bevor. Und jedem Anfang liegt ein Zauber inne… Noch ist das Jahr jung und vielleicht spürst Du auch den Zauber des Neubeginns bevor der graue Alltag unseren Lebensrhythmus wieder im Griff hat!?  Im Kloster schenken wir den Neubeginn eines Jahres immer einen großzügigen Rahmen. In der ersten Woche des   Jahres schenken und gönnen wir uns die Zeit der Exerzitien. Tage der Stille – Tage der Klärung. Auf dem Klosterberg ist alles still. Die Betriebe sind in den Betriebsferien, Lehrer*innen und Schüler*innen des Gymnasiums sind in den Weihnachtsferien, Abteiladen und Abteigaststätte sowie Gästehäuser bleiben geschlossen. Eine sanfte Stille liegt über den ganzen Klosterberg. Noch kein Alltagsdruck, sondern einfach mit allen Sinn schritt frü Schritt in das neue Jahr starten.

Die Seele baumeln lassen…

Dazu rät in ihren Visionen auch die heilige Hildegard von Bingen. Wir dürfen und sollen gelassen in die ersten Wochen des neuen Jahres gehen, damit wir unsere Kräfte auftanken können. Die Natur in Fauna und Flora gibt uns ja hier ein gutes Beispiel. Darum: Schenke dir eine Zeit ohne Druck, denn das Jahr ist noch lang genug. Sei achtsam mit dir, aber sei auch achtsam gegenüber deinen Nächsten. Hildegard nennt den Januar auch den Monat des sanften Neubeginnes, in dem wir die Seele behutsam und liebevoll umsorgen sollen.

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Wir müssen auf die Stimme unserer Seele hören, wenn wir gesunden wollen!“

Kräftig und hitzig, aber auch laut! Im modernen Sprachgebrauch können wir sagen: Der Juni hat viel Power. Diese braucht er aber auch, weil sehr viel Arbeit auf ihn wartet. Es ist jetzt richtig viel zu tun. Die Blüte ist vorbei, Früchte haben angesetzt und müssen wachsen und reifen. Wärme, Luft und Wasser sind nötig, um den geheimnisvollen Vorgang des Reifens vorwärtszubringen. Dabei neigt derb Juni zum Übermaß: Er ist nicht nur warm, sondern auch heiß und trocknet mit dieser heißen Luft den Boden aus. Er spendet nicht nur Regen, sondern schüttet in Wolkenbrüchen gewaltige Wassermassen aus. Für diese Kraft des Monats Juni sieht die hl. Hildegard von Bingen eine Entsprechung in den Schultern des Menschen. Sie schreibt: „Dadurch wird auf die Schultern des Menschen hingewiesen, die in ihrer Wärme ebenfalls trocken sind, die jede Arbeit unterstützen und so den ganzen Körper erhalten.“ In den Schultern zeigt sich die Kraft eines Menschen. Wer die Schultern hängen lässt, hängt nur ab und ist in sich selbst kraftlos, aber auch unfähig etwas zu leisten. Der Volksmund spricht davon, dass wir etwas schultern müssen, wenn eine Aufgabe vor uns liegt oder wenn jemand viel zu tun hat, sagen wir, dass er sich die Schultern aber voll beladen hat. Der gesunde, kräftige Mensch braucht eine Tätigkeit. Er muss ein Werk vor sich haben, wie es die hl. Hildegard ausdrückt. Denn Gottes Auszeichnung gegenüber dem Menschen ist es, dass der Mensch die Welt kre-aktiv gestalten soll. Und zwar mit seinen Talenten, die er auf seinen Schultern trägt. Der Mensch ist ein geschaffenes Werk, das selbst wieder schöpferisch tätig sein kann.

(Br. Benedikt Müller OSB)

 

 Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Der sechste Monat ist mit seiner Hitze recht trocken und mildert diese durch den Lufthauch, der die Früchte zur Reife bringt. Aber er schüttet auch manchmal gewaltige Wassermassen mit den gefährlichen Schallwellen der Donnerschläge aus, diese jagen dem Menschen Furcht ein.“

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Die Schultern, die alle Feuchtigkeit der Eingeweide und der anderen Organe des Menschen und damit den ganzen Organismus tragen, haben eine beachtenswerte Ähnlichkeit mit dem Gehör, welches der Anfang der Seele ist.“

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Durch die Ohren wird der Schall aller nützlichen und unnützen Dinge gehört. Und dadurch wird der ganze Leib in Bewegung versetzt. Auf ähnliche Weise hat auch die Seele eine Auseinandersetzung mit den Kräften der leiblichen Natur, weil sie den Leib belebt und durchströmt und mit ihm gleichsam wie mit Gefäßen verflochten wird.