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Das stärkste Kind der Welt
Text Leopold Altenburg
Schon am Flur kam uns der Vater entgegen, als hätte er uns erwartet. „Kommt ihr auch zu meinem Sohn Mehmet? Wir würden uns sehr freuen.“
Klar hatten wir vor auch Mehmet zu besuchen. Sein Zimmer war das nächste Ziel auf unserer Reise. Ich, Leofino, hatte mir mit Hilfe von meiner bezaubernden Assistentin Mimi Rizzi fest vorgenommen heute im Herzzentrum zu beweisen, dass ich der stärkste Mann der Welt bin.
Mehmet saß im Bett. Sein Vater hatte die Rückenlehne in eine aufrechte Position gebracht. Mehmet wirkte müde, wie als hätte er kurz vorher noch geschlafen. Erwartungsvoll beobachtete er unseren Auftritt. Und auch sein Vater ließ aufgeregt seinen Blick zwischen uns und Mehmet wandern.
„Leofino“ – so stellte mich Mimi Rizzi vor – „Wird nun beweisen, dass er der stärkste Mann der Welt ist, indem er diesen Tisch hebt.“
Eigentlich muss man nicht beweisen, dass ich der stärkste Mann der Welt bin, denn das sieht jeder. Aber was man nicht beweisen muss, dass beweist man gerne, weil man es ganz einfach beweisen kann.
Unter den erwartungsvollen Blicken von Mehmet und seinem Vater stellte ich mich nun an den Tisch. Mimi Rizzi zählte bis drei, und dann hob ich den Tisch. Das heißt, ich versuchte es. Ich versuchte es sogar sehr. Mit vollem Körpereinsatz. Mein Rücken krümmte sich mehrmals und dabei gab ich Geräusche von mir, die nicht besonders fein sind. Der Tisch bewegte sich keinen Millimeter. Meine Bemühungen weckte wenig Bewunderung – im Gegenteil – Mehmet lächelte, und sein Vater lachte über mein Missgeschick.
Zum Glück hatte ich Mimi Rizzi an meiner Seite. Sie versuchte die Situation zu retten: „Leofino ist noch nicht ganz aufgewärmt. Er wird nun diesen wirklich schweren Stuhl heben.“ Ich gab Mimi Rizzi mit einem Blick zu verstehen, dass dieser Stuhl unter meiner Würde ist. Aber auch ich wollte diese Situation nun zu einem glücklichen Ende bringen. Was soll ich sagen. Es war nicht mein Tag. Auch der Stuhl blieb trotz meiner Bemühungen fest am Boden. Mehmet hatte inzwischen ein breites Grinsen und sein Vater, der immer noch den Blick zwischen ihm und uns wandern ließ, lachte herzhaft.
„Expander“ brüllte Mimi Rizzi plötzlich, die wieder zu retten versuchte, was kaum noch zu rette war. „Expander“ wiederholte sie noch einmal und ganz nebenbei stellte sie zur Freude von Vater und Sohn den Stuhl mit einer Hand zur Seite. Mir blieb der Mund offen. Aber zum Erstaunt-sein blieb keine Zeit, denn Mimi Rizzi forderte mich erneut heraus: „Expander! Das ist die Spezialdisziplin von LeoFinow“. Und sie holte einen Mundschutz mit zwei Gummibändern links und rechts aus ihrer Tasche. Ein ganz gewöhnlicher Mundschutz, wie er in jedem Krankenhaus zu finden ist. Jedoch man kann ihn durchaus auch zum trainieren als Expander benutzen. Ich biss die Zähne zusammen, fing an zu schwitzen – nur dieser Spezialexpander ließ sich nicht dehnen.
„Soll ich dir zeigen, wie das geht?“ unterbrach meine Anstrengungen eine ganz leiser Stimme. Es war Mehmet, der diesen Vorschlag gemacht hatte. „Klar“ – sagte Mimi Rizzi – „Lassen wir Mehmet den Versuch machen.“ Mehmet´s Vater machte Platz und Mimi Rizzi stellte sich mit dem Mundschutzexpander ans Bett. Mehmet fasste links- und Mimi Rizze rechts das Gummiband. Und zum Erstaunen von mir und zur Freude vom Vater dehnten die beiden den Expander weit auseinander.
Hiermit war bewiesen: Der stärkste Mann der Welt ist Mehmet!
Zu dritt feierten wir nun Mehmets großen Erfolg. Sein Vater hatte Tränen in den Augen vor Freude. Mimi Rizzi und ich verabschiedeten uns. Mit Feierlaune kamen wir zurück auf den Flur. „Wart ihr gerade bei Mehmet?“ Fragte uns eine Ärztin. „Ja“ sagten wir. „Er hat uns gezeigt, dass er der stärkste Mann der Welt ist“. „Das ist gut, dass ihr ihn und seinen Vater zum Lachen gebracht habt. Er war durch die gestrige Herz-OP so geschwächt, dass er letzte Nacht fast verstorben wäre. Jetzt ist das schlimmste überstanden“. Mimi Rizzi und ich schauten uns an. Ja, es bestand nun kein Zweifel mehr: Mehmet war wirklich der stärkste Mann der Welt.
Eine Prophezeiung wird erfüllt. Auf unglaubliche Weise.
„Juble laut, Tochter Zion! Jauchze, Tochter Jerusalem! Sieh, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem Esel, auf einem Fohlen, dem Jungen einer Eselin.“ (Sacharja 9,9)
Heute feiern Palmsonntag. Die Kar- Woche beginnt. Und so kurz vor dieser Woche heute eine unbeschreibliche Freude. Sollte man nicht an Stelle dieser Freude eine Trauerphase einläuten? Für die Woche der Dunkelheit?
Diese Woche beginnt mit dem Leben, mit dem Licht, mit der Freude, mit dem Glück. Sie wird eingeläutet durch einen Esel. Sie wird eingeläutet durch die Erfüllung einer Prophezeiung, durch einen König, der mit einem Ritt auf einem Esel den Menschen den Beginn einer Erlösung zeigt. Die Kar- Woche umfasst die Ausprägung aller menschlichen Gefühle. Freude. Leid, Glück, Trauer, Hoffnungslosigkeit, Trost, Unglauben –Erlösung.
NOch ist Jesus für uns da. Er lebt – noch. Lasst uns das Leben am heutigen Palmsonntag preisen, das Licht, den Frieden, die kindliche Freude. Lasst uns feiern. Unser Könug will Einzug in unsere Herzen halten.
Die Ankündigung der Erlösung durch den Ritt auf einem Esel.
„Als sie sich Jerusalem näherten und nach Betfage am Ölberg kamen, schickte Jesus zwei Jünger aus und sagte zu ihnen: „Geht in das Dorf, das vor euch liegt; dort werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Fohlen bei ihr. Bindet sie los und bringt sie zu mir! Und wenn euch jemand zur Rede stellt, dann sagt: „Der Herr braucht sie, er lässt sie aber bald zurückbringen. Das ist geschehen, damit sich erfüllte, was durch den Propheten gesagt worden ist.“ (…) Viele Menschen breiteten ihre Kleider auf dem Weg aus, andere schnitten Zweige von den Bäumen und streuten sich auf den Weg. Die Leute aber, die vor ihm hergingen und die ihm nachfolgten riefen: Hosanna dem Sohn Davids! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe!“
(Matthäus 21 1 ff.)
(Team der OASE)
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