Der kleine Mönch und der Adventskranz

von Br. Benedikt Müller OSB, Bildungsreferent

Es war einmal kurz vor dem Beginn der Adventszeit. Der kleine Mönch war im kleinen Gartenraum des Gartenhauses sehr beschäftigt. Das große Gartenhaus lag wunderschön im Klosterpark. Die Mönche des Klosters nutzten nur noch den kleinen Raum rechts unten als Gartenraum. Sonst war das Haus an eine Familie vermietet. Auf einem großen Tisch lagen viele Tannenzweige. Ebenso war da ein Strohkranz sowie drei violette Kerzen und eine rosa Kerze. In einem Korb lagen Tannenzapfen und Schleifenband. Und ein großes Buch lag auf dem Tisch: das Advents- und Weihnachtslexikon! Es duftete herrlich. Der Wasserkocher brodelte vergnüglich im Hintergrund. Der kleine Mönch wollte sich gerade einen Tee kochen, denn draußen und auch im Gartenhaus war es doch recht kalt. Oh, da fing es an zu schneien. Ganz langsam tanzten die Schneeflocken von Himmel herab und legten sich sanft über den Klosterpark. Wunderschön, die Adventszeit beginnt bald und der erste Schnee fällt. Der kleine Mönch goss vergnügt seinen Tee der Sorte „Apfel-Zimt-Winterzauber“ auf und sofort war der Raum gänzlich von einem adventlichen Duft erfüllt. Dann nahm er die Rosenschere zur Hand und schnitt wieder einige kleine Zweige von dem Tannengrün ab und steckte diese an den Kranz. Damit sie gut halten, hatte der kleine Mönch den Kranz zuvor mit Blumendraht in nicht zu engen und nicht zu weiten Abständen umwickelt. Sein Gesichtsausdruck war freudig. Kein Wunder, denn der kleine Mönch liebte seit seinen Kindertagen die Adventszeit mit all den schönen Bräuchen und Festen. Er schaute aus dem Fenster. Ob es wohl dieses Jahr mit einem Barbarazweig klappt? Und die Nikolaustüten für die Brüder müssen noch gepackt werden. Er nahm einen kräftigen Schluck des guten Tees.

 

Plötzlich wurde mit einem Ruck die Tür des Gartenhauses geöffnet und Jeremias trat herein. Jeremias war der Nachbarjunge des Klosters. Er wohnte mit seinen Eltern und seinen Geschwistern im anderen Teil des Gartenhauses. Bevor er aber etwas sagte konnte, begrüßte ihn der kleine Mönch: „Grüß Gott, Jeremias!“ „Hallo, kleiner Mönch, auf dem Klosterplatz bauen Paul und Christoph alle Buden für den Adventsmarkt auf.“ „Ich weiß“, antwortete der kleine Mönch. „Sag mal, was machst du denn da?“ –  „Ich gestalte den Adventskranz für das Kloster!“ Jeremias schaute genau zu, wie der kleine Mönch geduldig Tannenzweig um Tannenzweig an den Kranz steckte. „Toll, wie du das machst, kleiner Mönch“, lobte ihn Jeremias. „Danke für das Kompliment, lieber Jeremias“, bedankte sich höflich der kleine Mönch. „Wir haben auch schon einen Adventskranz“, sagte Jeremias. „So, so, das wird auch Zeit, denn am Sonntag ist ja schon der erste Advent“, erwiderte der kleine Mönch. „Mama hat ihn im Supermarkt gekauft“, merkte Jeremias noch an. Ganz in der Nähe des Klosters befand sich ein Supermarkt. Der kleine Mönch schmunzelte, denn auch er ging im Advent gerne dorthin und kaufte Pfeffernüsse und Tee. Da fiel ihm ein: „Möchtest du auch eine Tasse Tee, Jeremias?“ „Oh ja, sehr gerne, denn draußen ist es kalt und es hat angefangen zu schneien“, antworte Jeremias. Der kleine Mönch gab dem Jungen eine Tasse Tee.

 

„Warum zünden wir eigentlich am Sonntag die erste Kerze am Adventskranz an?“ fragte Jeremias besinnlich. „Weil der erste Advent ist“, brummte der kleine Mönch und steckte weitere Zweige an den Kranz. „Das weiß ich auch“, sagte Jeremias. „Aber wer hat denn den Adventskranz erfunden?“ –  „Das ist mal eine gute Frage!“ sagte der kleine Mönch und legte die Tannenzweige zur Seite. „Schauen wir doch mal in meinem alten Advents- und Weihnachtslexikon nach, das mir, als ich ein Junge in deinem Alter war, von meiner Großmutter geschenkt wurde.“ Er nahm das Buch. Dann blätterte er darin herum und las. Schließlich klappte er das Buch zusammen und begann zu erzählen: „Das Ganze hat mit einem Johann Hinrich Wichern zu tun.“ „Noch nie von ihm gehört!“ sagte Jeremias. „Herr Wichern wurde Anfang 1808 in Hamburg geboren. Nach der Schule ist er Erzieher geworden und hatte auch Theologie studiert!“ – „Dann war er ein Priester?“, wollte Jeremias wissen. „Nein, er war Lehrer an einer Hamburger Sonntagsschule. Früher mussten die Kinder in der Woche arbeiten, um Geld zu verdienen, und gingen am Sonntag in die Sonntagsschule“, erklärte der kleine Mönch. Das fand Jeremias natürlich nicht so toll und wollte wissen, was dieser Herr Wichern mit dem Adventskranz zu tun hat. Der kleine Mönch erzählte weiter: „Später hat er ein Haus für Waisenkinder eröffnet: Das Rauhe Haus. Hier konnten die Waisenkinder wie in einer Familie mit Erwachsenen, den Erziehern, leben. Auch für die Kinder dort war die Adventszeit eine besondere Zeit. Die Kinder fragten die Erzieher immer wieder, wie viele Tage es noch bis Weihnachten wären. Da kam Johann Wichern auf die Idee und machte einen großen Holzkranz mit 19 dünnen weißen Kerzen und vier dicken roten Kerzen. Jeden Tag wurde eine Kerze angezündet und an den Sonntagen die dicken roten Kerzen. So konnten die Kinder sehen, wie viele Tage es noch bis Weihnachten waren.“ „Cool, der erste Adventskranz“ sagte Jeremies voller Freude, „das muss ich sofort Mama erzählen. Bis neulich, kleiner Mönch!“ Jeremias nahm noch hastig einen großen Schluck Tee und polterte durch die Tür davon. Lächelnd blickte ihm der kleine Mönch nach: „Bis neulich, Jeremias!“

Aber warum benutzt der kleine Mönch statt den vier roten Kerzen nun für seinen Adventskranz drei violette Kerzen und eine rosa Kerze? Wer es weiß, kann ihm ja die richtige Antwort per Postkarte schreiben, und unter allen richtigen Antworten verlost der kleine Mönch drei kleine Grüße vom Klosterberg. Einsendeschluss ist der 20. Dezember 2023!

 

Abtei Königsmünster

Der kleine Mönch

Klosterberg 11

59872 Meschede

 

 

 

 

 

 

Der kleine Mönch und die Abtswahl

Grüß Gott, ich bin der kleine Mönch vom Klosterberg in Meschede und möchte euch gerne von meinen Erlebnissen in den Klosterwelten erzählen. Das Leben im Kloster ist sehr erlebnisreich und es passieren immer viele tolle Dinge. Heute werde ich euch von einem ganz aufregenden Klostertag in diesem Sommer berichten. So ein Ereignis findet nicht jedes Jahr in Königsmünster statt und es waren wirklich spannende Tage.

Es war an einem Freitagvormittag, dem 18. August 2023, da haben die Glocken der Abteikirche am Mittag verkündet: Habemus abbatem! Wir haben einen neuen Abt! Die Mönche von Königsmünster haben nämlich in diesem Sommer einen neuen Abt gewählt. Viele Menschen fragen uns Mönche immer wieder: wie wird denn ein Abt gewählt? Gar nicht so einfach zu beantworten. Ich versuche es euch zu erklären: zunächst einmal haben sich alle wahlberechtigten Brüder des Klosters, das Kapitel genannt und dass sind die Mönche, die sich für ihr ganzes Leben ans Kloster gebunden haben, im Kapitelsaal versammelt. Der Kapitelsaal ist ein Versammlungsraum im Kloster. Seinen Namen trägt dieser Raum u.a auch deswegen, weil in früheren Zeiten dort jeden Tag ein Kapitel aus der Benediktsregel, den Lebensanweisungen für die Mönche, vorgelesen wurde. Schon am Tag zuvor wurde eine Wahlliste mit den zur Wahl stehenden Kandidaten erstellt, fast so wie bei einer Klassensprecherwahl. Die Wahl des Abtes findet also ganz im Geheimen und hinter den verschlossenen Türen des Kapitelsaals statt. Darum kann ich euch auch nichts über den Wahlhergang berichten. Aber ich darf euch verraten, dass P. Cosmas Hoffmann OSB zum 5. Abt der Abtei Königsmünster gewählt wurde.

Jetzt fragt ihr euch sicher, was ist das denn: ein Abt? Abt heißt übersetzt: Vater! Er leitet das Kloster als Vater unter vielen Brüdern. In seiner Lebensregel für uns Mönche fasst unser heiliger Mönchsvater Benedikt von Nursia das Leben für uns so zusammen: „Sie leben im Kloster und dienen unter Regel und Abt“! Ein Mönch lebt also in einem Kloster und er sucht Gott in einer Gemeinschaft von Brüdern. Diese Gemeinschaft ist um einen Vater, dem Abt, versammelt. Er soll in seinem Tun und Wirken nach dem Vorbild Jesu handeln und somit ein Vorbild für die Mönche sein. Mh, wie darf man sich denn jetzt das vorstellen, nach dem Vorbild Jesu zu handeln? Und wie soll der Abt denn das tun? Wie kann das denn funktionieren? Vielleicht lässt sich dies gut anhand einer Geschichte aus der Bibel, die Jesus uns selbst erzählt hat, erklären!

Der barmherzige Samariter

„Ein Mann spricht mit Jesus. Die Leute hören zu. Der Mann fragt: „Was will Gott von mir?“

Jesus sagt:„ Du kannst doch lesen! Was liest du in der Bibel?“ Der Mann sagt: „Liebe Gott und deinen Nächsten!“ Jesu sagt: „Tu das!“ Der Mann sagt: „Das tue ich. Aber wen soll ich denn alles lieben? Wer ist denn das, mein Nächster?“ Da erzählt Jesus eine Geschichte:

…Ein Mann aus Jerusalem macht eine Reise. Er will nach Jericho. Auf dem Weg überfallen ihn Räuber. Sie schlagen ihn. Sie nehmen ihm alles weg. Sie laufen fort. Sie lassen ihn halbtot liegen. Ein anderer Mann kommt. Er war im Tempel in Jerusalem. Sein Beruf ist es, Gott zu dienen. Er ist Priester. Er sieht den verletzten Mann. Aber er schaut weg und geht vorbei. Wieder kommt ein Mann aus Jerusalem. Auch er war im Tempel. Dort hilft er dem Priester beim Gottesdienst. Er sieht den verletzten Mann. Auch er geht vorbei. Dann kommt ein Mann aus Samarien, ein Samariter. Die Leute von Jerusalem und die Samariter sind Feinde. Der Samariter sieht den Mann liegen. Er bleibt stehen. Er geht zu ihm hin. Er reinigt seine Wunden. Er verbindet ihn. Dann hebt er den Mann auf seinen Esel. Er bringt ihn in ein Gasthaus. Dort bleiben sie über Nacht. Der Samariter sorgt für den verletzten Mann. Am nächsten Morgen gibt er dem Wirt Geld. Er sagt: „Sorge für den Mann“… Diese Geschichte erzählt Jesus. Dann sagt er: „Wer von den drei hat gewusst, wer sein Nächster ist?“ Der Mann, der Gefragt hat, antwortet: „Der, der ihm geholfen hat.“ Jesus sagt: „Mach du es ebenso wie er.“

(aus „Das große Bibelbildbuch: alle Geschichten der Reihe „was uns die Bibel erzählt“ in einem Band / gemalt on Kees der Kort. Erzähltext und Nachw. Hellmut Haug. – Stuttgart: deutsche Bibelgesellschaft 1994“)

Im diesem Gleichnis vom barmherzigen Samariter zeigt Jesus uns auf, wie wir als Christen miteinander umgehen sollen: wir sollen barmherzig sein und aus der Liebe handeln! Der heilige Benedikt war ein Mann mit einem weitem also einem großzügigem Herzen. Benedikt war selbst Abt und hat sich von daher gut überlegt wie ein Abt sein muss. In der Klasse überlegt ihr ja auch, wie ein Klassensprecher sein muss. Was er alles darf und wie er sich um die Mitschüler kümmern soll. Für Benedikt ist ganz wichtig, dass der Bruder, der zum Abt gewählt wurde, die Mönchsgemeinschaft nach dem Vorbild von Jesus leite. Voller Güte, Liebe und Barmherzigkeit. Er soll hinschauen wie der Samariter im Gleichnis. Er soll nicht wegschauen wie der Priester und sein Diener. Der Abt übernimmt Verantwortung und Verantwortung übernehmen heißt hinschauen und nicht wegschauen oder gar weglaufen. Das gilt überings nicht für Äbte von Klöstern, sondern für uns alle! Der hl. Benedikt gründete sein erstes Kloster in einer sehr unruhigen Zeit. Damals war das Leben der Menschen nicht einfach. Sie erlebten Hungersnöte und Kriege. Sie machten schwere Krankheiten durch. Viele Menschen starben früh und jung, oft als Kinder. Armut und Kriege hatten die Leute zu ertragen. Benedikt von Nursia hatte immer ein offenes Ohr und Herz für die Sorgen der Menschen. Ganz nach dem Vorbild Jesu und nach dem Vorbild des barmherzigen Samariters in unserer biblischen Geschichte. Wie der Samariter sich um den kranken Mann kümmert, so soll auch der Abt eines Klosters Sorge tragen für die Brüder.  Er bete für die Brüder und habe ein offenes Ohr für ihre Ängste. Er sorge sich um sie, wenn sie einmal krank sind. Wenn Gäste im Kloster sind begrüße er diese, denn in den Gästen wird ja Christus selbst aufgenommen. Er tröste die Mönche, wenn sie traurig sind. Und wenn ein Bruder gestorben ist, dann begrabe er ihn auf dem Klosterfriedhof. Benedikt will, dass der Abt nach den Werken der Barmherzigkeit an den Brüdern handelt. Aber er soll freundlich die Mönche ansprechen, wenn sie mal nicht hören! Wenn die Mönche mal einen Fehler machen, dann soll er den Brüdern helfen und er soll sie motivieren sowie begeistern. Er schaue danach, dass jeder das hat, was er braucht zum Leben. Er soll auch Lehrer sein, in dem er die Mönche in der Mönchsregel unterrichtet und in den Geschichten der Bibel unterweist. Die Mönche sollen aber ihrem Abt gegenüber gehorsam sein, das heißt sie sollen auf ihn hören. Im Wort Gehorsam versteckt sich ja das Wort „Höre“. Die Mönche sollen aufmerksam hinhören, wenn der Abt ihnen einen guten Rat erteilt und nicht gleich urteilen. Der Abt höre aber auch auf den Rat der Brüder. Ja, der Abt leitet das ganze Kloster. Er trägt viel Verantwortung. Das Wohl des ganzen Klosters hängt nicht nur von ihm und seinem Leitungsteam ab, sondern auch letztlich von jedem einzelnen Mönch. Und dann soll er ja immer nach dem Vorbild Jesu handeln! Das ist sicher ganz schön schwierig. Aus diesem Grund trägt er als Zeichen auch ein Kreuz an einer Kette auf der Brust. Abt sein, bedeutet viel Verantwortung und sicherlich ist es kein einfacher Dienst an dem Nächsten. Darum ist es gut und wichtig auch für den Bruder zu beten, der Vertrauen der Brüder für das Amt des Abtes als Leitung des Klosters bekommen hat! Ja, der Abt ist vielleicht so etwas wie der barmherzige Samariter. Er sorgt sich um die Brüder wie der Samariter um den kranken Mann. Wie der Samariter den Mann mit dem Esel in die Herberge führt, so führt der Abt seine Mönchsgemeinschaft hin zu Jesus! Er ist der erste Deiner in einer Gemeinschaft der Brüder – ein Bruder unter Brüdern, der in der Liebe der Barmherzigkeit weise handelt und wandelt.

(Br. Benedikt Müller OSB)

 

 

Nur wenige Sonnenstrahlen erreichten zu Frühjahrsbeginn die Wege des Klosterparks. „Hoffentlich findet die Sonne bald unsere Wiese“, dachte der kleine Mönch, als er an einem Sonntagnachmittag zu Beginn der Fastenzeit im Klosterpark spazieren ging und hier und da die ausgetrockneten Blätter vom letzten Herbst sah. Dabei hatten Jeremias, der Nachbarsjunge, und er doch so oft Laub aufgehakt. Der kleine Mönch fror in seinem Habit und so beeilte er sich, wieder in seine warme Klosterzelle zu kommen. Bis es Frühling wird und Ostern gefeiert werden kann, ja, da wird es noch dauern. Und doch vergeht die Zeit bis Ostern sehr schnell, denn im Kloster ist immer was los: Konventwochenende, Benediktsfest, Josefstag und Verkündigung des HERRN. Am vierten Fastensonntag werden leckere Waffeln gebacken – dann weiß jeder, bald ist es soweit: Das Osterfest ist schon ganz nah.

Vorher kommt aber noch der traditionelle Putztag, am Samstag vor Palmsonntag! Da wird das ganze Kloster auf den Kopf gestellt. Frühjahrsputz in den Klosterwelten. Der kleine Mönch und seine Mitbrüder wischen überall. Wollmäuse und Staub werden hinausgekehrt. Und überall riecht es nach frischem Putzmittel. Blumenduft im Klosterpark, denkt der kleine Mönch dann immer, wäre aber auf jeden Fall schöner!

Br. Miguel, der Gärtner des Klosters, hat einiges im Klosterpark zu tun, denn der Frühling hält Einzug. Der Gärtnermönch kehrt die Wege und säubert die Beete. Neues Leben wächst aus der Erde. Es beginnt zuerst damit, dass die Schneeglöckchen überall im Klosterpark blühen. Die ehemalige Kuhwiese bekommt langsam ihre Grünkraft zurück, denn von Tag zu Tag kann jeder sehen, wie das neue Grün des Grases wächst und kräftiger in seiner Farbe wird. Die Tage werden wieder heller. Die Vögel zwitschern am Morgen im Klosterpark. Kraniche und Wildgänse kehren zurück und fliegen über die Klosterkirche. Die Sonne scheint immer wärmer und in der Karwoche ist der Frühling mit dem Osterkurs, der in den Gästehäusern stattfindet, auf dem Klosterberg angekommen. Das Osterfest kann gefeiert werden.

Im Garten des Klosters blühen zur Osterzeit eine Menge Osterglocken und Narzissen in allen Ecken und Winkeln: in den Blumenbeeten bei der Mosterei, im Klosterpark rund um die Marienstatue, auf der großen Weide gegenüber der Tischlerei und Schmiede, auf den holprigen Wiesen rund um die Apfelbäume im Apfelgarten und auch in den Blumenkästen und auf der Wiese vor der Klosterpforte. Stolz richten die schönen gelbfarbigen Blumen ihre Blüten in den sonnigen Frühlingshimmel. Sie sind die ganze Freude von Br. Miguel. Er liebt seine Frühlingsboten über alles. Und die Osterglocken oder Narzissen zu pflügen hat er strengstens verboten. Das wurde sogar extra in der Sonntagsrunde angesagt. Br. Miguel ist nämlich der Meinung, dass seine Blumen Gottes Schöpfung zieren sollten. Er findet es doof, wenn man seine schönen Blumen einfach irgendwo in eine Vase steckt, wo sie am Ende in einer Mönchszelle jämmerlich vertrocknen.

Der kleine Mönch mag den Frühling sehr. Vor allem, wenn die Frühlingstage in der Osterwoche sonnig warm sind und zu einem Spaziergang im Klosterpark einladen. Jeden Nachmittag geht der kleine Mönch in den Klosterpark. Es gibt so viel zu entdecken und die warmen Strahlen der Frühlingssonne tun ihm einfach gut und er fühlt sich wohl.

Gerne beobachtet er, wie die Bienen in die Blüte der Blumen fliegen, um Honig zu sammeln. Dieser Klosterpark-Honig wird eines Tages im Klosterladen verkauft werden. Besonders mag der kleine Mönch die Narzissen und Osterglocken. Auf den ersten Blick sehen sie fast gleich aus, aber der kleine Mönch kann beide Frühlingsboten an ihrem Duft gut voneinander unterscheiden. Narzissen duften gegenüber der Osterglocke nämlich viel stärker. Fast ein betäubender Duft und ein österliches Zeichen, denn Blumen im Frühling sind ein Symbol für das neue Leben. Und an Ostern feiern wir das Leben – die Auferstehung Jesu vom Tod! Osterglocke und Narzisse strecken in der Frühlingssonne ihre Blütenköpfe zum Himmel empor. Der kleine Mönch findet, dass wir wie Osterglocke und Narzisse auch unseren Kopf an Ostern erheben dürfen. Wir dürfen in den Himmel und ins Licht schauen! Denn Jesus ist von den Toten auferstanden. Jesus lebt und wir dürfen mit ihm leben – diese Osterbotschaft macht den kleinen Mönch glücklich. Das Licht der Sonne an Ostern erzählt von dieser frohen Botschaft. Der betörende Duft der Osterglocken und Narzissen ist auch ein Zeichen dafür, dass Jesus den Tod besiegt hat und das Leben stärker ist. Der Duft der Blumen erinnert den kleinen Mönch an den Garten der Ostergeschichte, in dem Jesu Grab war. Oh, wie blumig-schön muss es dort damals am ersten Ostermorgen, als Maria vom Magdala vom Grab kam, geduftet haben. Sicher war damals die ganze Luft in Jerusalem vom Duft der Osterglocken und Narzissen erfüllt. Ihr Duft erinnert an Auferstehung und ewiges Leben.

(Br. Benedikt Müller OSB)

An einem sehr windigen Tag ging der kleine Mönch im Hohlweg spazieren. Er traf auf Jeremias, der in einem Haus am Ende des Klosterparks wohnte. Eigentlich war er ein sehr fröhlicher Junge, aber heute schaute er traurig aus. „Grüß Gott, Jeremias“, begrüßte ihn freundlich der kleine Mönch. „Hallo“, antwortete dieser missmutig. „Oh, was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?“ fragte der kleine Mönch. „Gar keine. Ich habe schlechte Laune“, antwortete er. Der kleine Mönch fragte: „Was ist denn passiert? Hat dich jemand geärgert?“ „Ja, der Wind“, antwortete der Junge. Der kleine Mönch erwiderte: „Wie seltsam ist das denn?“ „Gar nicht seltsam, dieser doofe Wind ist echt gemein!“ antwortete Jeremias patzig und begann zu weinen. „Er hat alles kaputt gemacht!“ „Alles?“ wollte der kleine Mönch wissen, „was denn genau?“ Jeremias putzte seine Nase und sagte: „Mein Windrad! In der Schule haben wir ein Windrad gebastelt und ich wollte damit spielen, aber es war so windig. Der Wind hat es kaputt gepustet. Wind ist zu gar nichts nütze! Ziemlich doof vom lieben Gott, so einen Kaputtmacher geschaffen zu haben. Warum ist Gott so gemein und schickt den blöden Wind?“ Trotzig wischte er sich die großen Krokodilstränen aus dem Gesicht. Dann  setzte sich er sich mit einem wütenden Blick auf eine Parkbank, die am Weg stand.

Der kleine Mönch setzte sich dazu und sagte: „Ich verstehe, dass du traurig bist, aber so dumm ist es gar nicht vom lieben Gott, dass er den Wind geschaffen hat.“ „Doch, sehr dumm sogar, der Wind macht alles kaputt und Gott war nicht da, um mir zu helfen!“ Jeremias blieb bei seiner Meinung und schaute den kleinen Mönch mit einer Träne in den Augen an. „Ja, der Wind ist stark“, begann der kleine Mönch tröstend zu erklären, „Gott hat uns Menschen den Wind geschenkt, damit wir seine Kraft nutzen, und das tun wir seit langen Zeiten!“ „Nein! Der Wind macht nur kaputt! Er ist zu gar nichts nütze!“ Beharrlich blieb Jeremias bei seiner Meinung und verschränkte die Arme. „Früher nutzten die Leute die  Kraft des Windes zum Beispiel in Windmühlen, um Getreide für ihr Brot zu mahlen und Holz zu sägen oder auf Segelschiffen, um über die Meere zu segeln!“ sagte der kleine Mönch. Jeremias war einen Moment still, dann blickte er auf. „Ja, das hat mir mal mein Papa aus einem Buch über den Wind vorgelesen. Im letzten Urlaub in Holland haben wir sogar mal eine Windmühle besichtigt!“ sagte Jeremias. „Du siehst, der Wind kann ganz schön viel“, fügte der kleine Mönch hinzu. Da  fiel Jeremias auf einmal etwas Wichtiges ein: „Papa hat mir erzählt, dass der Wind sogar Strom erzeugen kann!“ „Da hat dein Papa recht“, bestätigte der kleine Mönch. „Und weißt du auch wie?“ „Klar, dafür wurden doch diese großen Windräder überall gebaut!“ antworte Jeremias sogleich. „Richtig und weißt du, wie das dort mit der Stromerzeugung funktioniert?“ wollte der kleine Mönch nun wissen.

„Nein, nicht wirklich!“ seufzte Jeremias. „Dann erkläre ich es dir“, antwortete der kleine Mönch. „Die Windräder haben große Propeller, die sich drehen. Durch diese Drehbewegung verwandelt ein Generator im Innern des Windrades die Drehkraft in Strom um.“ „Wow!“ rief Jeremias. Der kleine Mönch erklärte weiter: „Je stärker der Wind weht, desto schneller drehen sich die Flügel des Windrades  und desto mehr Strom lässt sich produzieren. So stark ist der Wind!“ Jeremias überlegte einen Augenblick und fügte hinzu: „Gott sei Dank hat der liebe Gott den Wind geschaffen und die Menschen Windräder erfinden lassen.“ „Ja, denn diese Stromgewinnung schont die Schöpfung und das Gute an Windkraft ist, dass es Wind immer geben wird und uns deshalb der Strom nie ausgehen kann.“, ergänzte der kleine Mönch. „Dann ist der Wind also sehr nützlich!“ antwortete Jeremias. Sein Gesichtsausdruck war nun wieder heiter. „Weißt du Jeremias, die großen Windräder können auch ein Symbol für Gott sein. Vor allem, wenn man traurig ist.“ „Wie meinst du denn das, kleiner Mönch?“ fragte Jeremias neugierig. „Im 10. Psalm fragt der Beter ‚Warum, o Gott, bleibst du so fern‘? Der Beter ist traurig. Manchmal bin ich auch traurig.“ „Du und traurig? Das gibt es nicht!“ fiel der Junge dem kleinen Mönch ins Wort“ „Oh doch,  Jeremias, auch ein Mönch ist mal traurig. Als ich mal ganz traurig war, stand ich am Abend am Fenster meiner Klosterzelle und habe in den Nachthimmel geguckt. Da dachte ich bei mir, wo wohl der liebe Gott nun gerade ist, wo ich doch so traurig bin. Bei mir fühlte ich Gott nicht.“ „So war es bei mir mit dem Windrad auch“, unterbrach Jeremias. Der kleine Mönch sagte: „Ja, so war es bei dir auch und das ist verständlich, denn manchmal spüren wir Gott in der Traurigkeit nicht in unseren Herzen. Als ich einmal traurig war, da schaute ich aus meinem Fenster. Gegenüber auf den Sauerländer Bergen sah ich Windräder. Und die habe ich beobachtet.  Windräder von über 100 Meter Höhe müssen über Blinklichter verfügen, um nachts für Flugzeuge sichtbar zu sein. Wären sie nicht da, dann könnte das Flugzeug im Zusammenstoß mit dem Windrad in große Not geraten.“ „Ja, und was hat das mit der Traurigkeit zu tun? Versteh ich nicht!“, fragte Jeremias. „Warte ab“, meinte der kleine Mönch und fuhr mit seinen Gedanken fort, „schaue ich in einer dunklen, wolkenverhangenen und nebeligen Nacht aus dem Fenster meiner Klosterzelle, dann sehe ich diese roten Lichter der Windkrafträder nicht aufleuchten. Sie sind weg!“ Jeremias unterbrach den kleinen Mönch und sagte: „Quatsch, kleiner Mönch! Auch wenn da Nebel  ist, sind die Lichter doch da. Du siehst sie halt nicht.“ „Richtig“, fügte der kleine Mönch hinzu und Jeremias ergänzte mit einem klugen Blick: „Weil sonst ja auch die Flugzeuge in Gefahr wären!“  Der kleine Mönch nickte und sagte: „Schaue ich aber in einer sternklaren und wolkenfreien Nacht aus meinem Fenster, dann sehe ich deutlich die roten Lichter im Dunkeln leuchten. Sie sind einfach da! Im Gleichklang leuchten sie auf – immer wieder!“ „Sag ich doch, die Lichter sind immer da!“ rief Jeremias freudig aus. „Genau, und dieses Wissen verdeutlicht mir, dass Gott auch immer da ist. Gerade dann, wenn der Nebel der Traurigkeit meine Seele umhüllt. In meiner Traurigkeit weiß ich, dass Gott auch in meinen Dunkelheiten an meiner Seite steht. Wie ein Licht, das mir aus dem Nebel den Weg leuchtet. Gott kann ich vertrauen und auf ihn hoffen: Er ist da.“ „Ich finde es ziemlich cool vom lieben Gott, dass er immer da ist“ rief Jeremias freudig aus, sprang von der Bank auf und rannte los. „He, Jeremias, wo willst du hin?“ rief ihm der kleine Mönch hinterher. Jeremias drehte sich um und ließ den kleinen Mönch wissen: „Nach Hause. Ich bin jetzt gar nicht mehr traurig. Ich bastele mir ein neues Windrad! Auf Wiedersehen, kleiner Mönch, und danke!“ Der kleine Mönch blieb noch eine kurze Weile auf der Bank sitzen und lächelnd dachte er nach: „Gott ist für uns da. Das verrät mir auch sein Name: JAHWE! Und darum kann ich mit dem Psalmbeter einstimmen und am Ende des 10. Psalms Gott immer wieder als König preisen, der mein Herz aufrichtet.“ Mit diesem Wissen setzte der kleine Mönch zufrieden seinen Spaziergang durch den Hohlweg fort.

(Br. Benedikt Müller OSB)

Der Sommer ist sehr heiß und alles ist ausgetrocknet. Die Schafswiese des Klosters gleicht in diesen Tagen einer vertrocknenden Steppe. Gut, dass Bruder Lukas, der Schäfer, schon sein Heu für den Winter bereitet hat. Es ist Mittagspause, und im Kloster ist es absolut still. Der kleine Mönch liegt unter einem Baum im Klosterpark und hält seinen Mittagsschlaf. Auf dem Kopf trägt er seinen Strohhut aus Tirol. Dieser Hut beschützt ihn vor der Sonne.

Im hinteren Teil des Klosterparks steht ein altes Haus, die ehemalige Mosterei des Klosters. Mittlerweile wurde das Haus renoviert und vermietet. Jetzt wohnt Jeremias mit seiner Familie dort. Jeremias wird bald sieben Jahre alt und hat gerade die erste Klasse in der Grundschule erfolgreich beendet. Darauf ist er stolz und mit sich selbst absolut zufrieden, Mama und Papa aber mit ihm auch. Jeremias kannte den kleinen Mönch ganz gut. Im letzten Winter hatte er einen Barbarazweig vom kleinen Mönch geschenkt bekommen. Eigentlich wollte Jeremias im Sandkasten spielen, aber der Sand war so heiß wie Wüstensand. Er schaute sich um und entdeckte den kleinen Mönch. Kurzentschlossen kletterte er über den Zaun und ging zu ihm. „Gut, wer in diesen Tagen einen Sonnenhut hat“, sagte Jeremias. Der kleine Mönch öffnete die Augen. „Ah, guten Tag, Jeremias! Ja, im Sommer ist ein Hut kein Fehler, da schützt uns ein Sonnenhut auch vor manchem Sonnenbrand.“ Jeremias lachte und sagte mit einem Lächeln im Gesicht: „Gerade wenn man nicht mehr ganz so viele Haare auf dem Kopf hat wie du, kleiner Mönch!“ Der kleine Mönch musste ebenfalls lachen und antwortete: „Ja, man ist mit so einem Teil doch ganz gut „behütet”.“ Jeremias dachte nach. Gut behütet – hatte er davon nicht letzten Sommer bei seiner Einschulung gehört? Auf einmal fällt es ihm wieder ein. Es war ein Spruch aus der Bibel.  „Der HERR behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele“, sagte Jeremias. „Oh, du kennst diesen alten Bibelspruch aus dem 121. Psalm?“ fragte erstaunt der kleine Mönch. „Habe ich in der Schule gelernt“, antwortete der Junge. „Ist das nicht ein wunderbarer Gedanke: Der liebe Gott behütet uns!“ Jeremias kratzte sich am Kopf und überlegte einen Moment, dann sagte er: „Dann ist der liebe Gott wie ein Hut für mein Leben, unter dem ich gut behütet bin!“ „Gar nicht schlecht gedacht, Jeremias“, entgegnete ihm der kleine Mönch und fuhr fort: „Tatsächlich hat der Hut, also die Kopfbedeckung, seinen Namen von dem Wort, das seit alters her „Schutz” bedeutet.“ Jeremias lächelte und rief freudig aus: „Dann haben du und ich heute entdeckt, das Gottes Behüten und das Tragen eines Huts enorm viel miteinander gemeinsam haben.“ „Ja, richtig“, bestätigte der kleine Mönch und ergänzte: „Der Hut ist ein Symbol dafür, dass ich verstehen kann, was es bedeutet: Gott behütet mich! Wer einen Hut trägt, der weiß: Da ist etwas, was für mich, für meinen Kopf da ist. Wenn die Sonne brennt, oder wenn es zu nieseln anfängt, bin ich beschützt. Ähnlich geht es wohl dem Bauarbeiter, der einen Arbeitshelm auf der Baustelle trägt.“ Jeremias sagte mit einem nachdenklichen Blick: „So ein Bauarbeiterhelm ist ein ziemlich stabiler Hut. Wenn ein Hammer herunterfällt und man einen Bauhelm trägt, dann braucht man sich nicht zu fürchten, von dem Hammer verletzt zu werden.“ „Genau, wer auf dem Bau einen Helm trägt, der fühlt sich viel sicherer!“ antwortete der kleine Mönch. Jeremias überlegte: „Ich trage beim Fahrradfahren einen Fahrradhelm. Falls ich einmal mit dem Fahrrad stürze, ist es wichtig, einen Helm zu tragen. Der Helm schützt und behütet meinen Kopf vor schweren Verletzungen.“ „Nun, beim Sturz mit dem Fahrrad wird es sich nicht vermeiden lassen, dass man Schürfwunden bekommt“, antwortete der kleine Mönch, „aber ja: So ein Fahrradhelm schützt dich vor großen und schlimmen Verletzungen und Gott behütet und beschützt auch.“ „Ja, Gott ist wie ein großer Hut“, sagte Jeremias. „Und das ist wunderbar“, antwortete lächelnd der kleine Mönch. Von der Turmuhr der Klosterkirche schlug es zwei Uhr Mittag, das bedeutete das Ende der Mittagspause. „So, meine Mittagspause ist um. Auf Wiedersehen, Jeremias. Das war ein sehr schönes Gespräch an so einem Sommertag. Zur Erinnerung schenke ich dir meinen Sonnenhut aus Tirol. Wenn du diesen Hut trägst, dann vergiss nie: Gott behütet uns!“ Stolz setzte sich Jeremias den Sonnenhut auf. „Danke, kleiner Mönch, vielen Dank und auf Wiedersehen.“ Und beide gingen ihrer Wege an diesem Sommertag, der kleine Mönch in seinen Arbeitsbereich, Jeremias mit Mama und Papa zum Badesee.

(Br. Benedikt Müller OSB)

Sommerzeit – Reisezeit. Die Sonne scheint, die Natur steht voll im saftigen Grün, die Nächte sind lau und kurz. Da hält es auch den kleinen Mönch nicht mehr hinter den Klostermauern! Neulich war er auf einer Urlaubsreise. Pilgern: Was bedeutet das eigentlich? Das Pilgern geht bis auf das sechste Jahrhundert zurück, hatte damals aber eine andere Bedeutung als heute. Während früher vor allem Mönche Pilgerreisen unternahmen, sind sie heute oft ganz von der Religion losgelöst und dienen eher dem Zweck, zu sich selbst zu finden und mit sich ins Reine zu kommen. Man nimmt an, dass es irische Mönche waren, die mit dem Pilgern begannen. Die Bedeutung dahinter war, es dem missionierenden Jesus Christus und dem wandernden Abraham gleichzutun. Damals hatte das Pilgern meist kein spezielles Ziel. Im Mittelalter änderte sich die Bedeutung des Pilgerns ein wenig: Man suchte jetzt meistens bestimmte Orte auf wie Rom, Jerusalem oder das Grab des heiligen Jakobus in Santiago de Compostela.

Jedes Jahr fährt der kleine Mönch zu den Benediktinerinnen von St. Hildegard in Eibingen und macht dort Ferien. Hier kann er gut entspannen und Kraft sammeln, die Seele volltanken und die Zeit genießen. Um 1900 wurde Abtei St Hildegard oberhalb von Eibingen in Weinbergen gegründet und am Hildegardtag, dem 17.09.1904 nahmen die Nonnen das klösterliche leben in der neuen Abtei wieder auf. Der kleine Mönch ist gerne hier zu besuch. Hier kann er Kraft schöpfen und sich gut erholen. Die Schwestern pflegen eine besonders herzliche Gastfreundschaft und man fühlt sich sehr wohl. Das Klostercafé, mit seinen freundlichen Bedienungen, bietet viel Köstlichkeiten an und im Klosterorden findet man immer zwischen Buch und Wein was Schönes.  Gerne setzt sich der kleine Mönch am Abend auf eine Gartenbank und lässt seinen Blick über die Weinberge schweifen.

Kräftig und tiefverwurzelt stehen sie da: Die Weinstöcke rund um die Abtei St. Hildegard in Eibingen am Rhein. Die Blätter der Weinstöcke leuchten in einem lebendigen Grün. Der kleine Mönch denkt: „Zuerst sind sie zaghaft gewachsen und dann immer größer geworden. Es hat die Nonnen wohl einiges an Arbeit gekostet. Der Boden wurde vorbereitet, der Stock wurde geschnitten. Die Triebe, die stehenblieben, wurden gebogen und befestigt. In all seiner Schönheit ziert der Weinstock den Weinberg. Tief verwurzelt steht er da. Schaue ich eine Wurzel an, denke ich: Stark wie ein Weinstock. Ja, die Wurzel will mir sagen, dass ich stark und kräftig bin. Wie sie den Weinstock in der Erde festhält, bin ich zu tiefst verwurzelt. Verwurzelt in wem? In Familie, Klostergemeinschaft, Freundeskreis! Und ich bin in der Lebenswurzel schlechthin verwurzelt: In Gott. In Gott gründe ich. Er ist meine Wurzel. Er trägt mich und lässt mich in die Tiefe gehen, um zu wachse.“ Glücklich lächelt der kleine Mönch in sein Herz hinein. Urlaubstage sind schöne Tage. Ein besonderes Erlebnis ist für den kleinen Mönch der Ausflug in das ehemalige Kloster Eberbach. Hier wurden Szenen zum Film „Der Name der Rose“ nach Umbertos Ecos Klassiker der Weltliteratur gedreht. Spaß mach eine Rhine-River-Tour bis Loreley. Das Rheintal mit seinen Burgen findet der kleine Mönch wunderschön. Manchmal wechselt der kleine Mönch die Rheinseite: Besichtigungstour durch Mainz, Besuch des Kloster Jakobsberg und des Rochusberges und ein Besuch im „Museum am Strom“ in Bingen. Die Ausstellung über Hildegard von Bingen ist sehr lobenswert und verdeutlicht, was für eine mutige und moderne Frau hier einst hier am Rhein lebte. Wanderungen durch die Weinberge und zum Niederwalddenkmal oder zu Kirche „Noth Gottes“ dürfen auf dem Programm nicht fehlen.

Morgen pilgert der kleine Mönch betend durch die Weinberge hinab nach Eibingen in die Pfarrkirche, um am Schrein der heiligen Hildegard von Bingen zu beten. Ihm gibt das Kraft, Glaube und Hoffnung! Die Hl. Hildegard ist für ihn eine wichtige Fürsprecherin auf seinem Pilger-Lebens-Weg als Mönch durch die Klosterwelten geworden. Diesen Sommer erlebt er nun etwas ganz besonders. Eine Dame, die auch zu Gast in der Abtei war, bot den kleinen Mönch an, mit ihr auf den Disibodenberg zu fahren. Gern nahm er das Angebot an. Auf dem Disibodenberg errichteten Benediktiner im 12. Jahrhundert eine gewaltige Klosteranlage. Die heilige Hildegard verbringt hier ihre ersten 39 Klosterjahre als Inklusin. Ihre Magistra war Jutta von Sponheim. Auf dem Disibodenberg schrieb Hildegard mit Hilfe des Mönchs Volmar ihre erste Vision SCIVIAS – WISSE DIE WEGE nieder. Welch ein Gefühl! Schritt für Schritt steigt der kleine Mönch den Disibodenberg hinauf. Bis zur alten Klosterruine. Als er oben angekommen war verschlägt es ihm den Atem. Ein Ort voller Kraft. Hier lebte also einst die große Benediktinerin und Kirchenlehrerin. Ehrfürchtig durchschreitet der kleine Mönch die Ruinenlandschaft. Im alten Kapitelsaal der Mönche bleibt er sitzen und hört. Er hört in sein Herz hinein: Schweige und höre! Neige deines Herzens Ohr! Suche den Frieden – „Pilgern heißt schweigen“, sagt der heilige Benedikt, doch wenn ich pilgere bin ich auf einen Weg, dachte der kleine Mönch… auf dem Weg… Scivias… Wisse die Wege! Da sitzt er im Kapitelsaal. Das Licht der Sonne fällt im Spiegelglanz durch das Grün der alten Bäume. Ob Hildegard hierher gegangen ist? Dem kleinen Mönch fallen die Augen zu und auf einmal ist er in einer anderen Welt. Träumt er oder ist er wach? Deutlich sieht der die Nonne Hildegard im schwarzen Habit vor sich. Hildegard?! Bist du es!? Ein Tag mit Hildegard. Träumt er oder wacht er…

…Der Tag gibt dem Tag die Botschaft weiter. Eine Dohle in der Wüste, eine Eule in den Ruinen. Hildegard hatte tüchtige Schwestern und sie mischte sich nicht in die Verantwortlichkeit anderer, registrierte nur die Richtigkeit, sagte wohl, nimm mehr Sahne ab, damit die Mittagsmilch nicht zu fett ist, nimm mehr Honig, vergiss im Salat die Petersilie nicht, das Brot ist gesünder, wenn der Ofen nicht vorgeheizt wird, backe Dinkel hinein, leg das Leinen in die Mittagssonne, mehr sagte sie nicht und die Schwestern waren dankbar für jeden Rat. In der Salbenküche roch sie über den Tröpfen, schmeckte ab. Im Garten band sie eine Bohnenranke hoch, entzückt über den zarten Stengel. Die Blätter entpuppen sich, werden ein Wunder. Viriditas – die Grünkraft…Der Mensch wird von der Kraft der Geschöpfe so stark umfangen, dass er von ihnen gar nicht getrennt werden kann; denn die Weltelemente sind für den Menschen geschaffen und erweisen ihm ihren Dienst! ‘… Sollte sie noch die Enten füttern? Aber Volmar wartete. Sie schaute auf den Boden: er ist erschöpft. Wir müssen Klee anbauen, die Mauer an der Frauenklause muss repariert werden. Ora et labora! In der Schreibstube traf sie Volmar. Der Abt hatte ihm Dokumente mitgegeben. Eine Schenkungsurkunde gegenzeichnen, Mehl und Leinen resistieren, Briefe schreiben. Wann lässt du mich mein Kloster bauen? Ein Kloster am Rande des großen Flusses? Deine Wegen, deine Pfade.  An der kleinen Pforte an der Mauer warteten schon die Kranken. Schmerzen, Angst und Tränen. Hildegard war ihre Hoffnung und Hildegard machte ihnen Mut, denn Mutmachen ist am wichtigsten. Selber dachte sie: ich bin doch nur ein zerbrechlicher Mensch. Eine Dohle in der Wüste! Wunden pflegen und verbinden. Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst – für Hildegard mehr als nur Worte. Die Glocke ruft. Aus der Enge meines Herzens führ mich heraus. Sie eilt in die Kirche, noch rechtzeitig zur Sext. Nach dem Mittagessen ein Gang durch den Garten. Stille und Ruhe. Damit mein Herz sich weiten kann. Die Rosen blühen zarter und doch voller Einsamkeit.  Die Einsamkeit der Rosen lässt sie weiter hoffen. Hoffen auf ein Wunder für all die kranken Menschenkinder. Hildegard hofft auf ein Wunder für diese Welt…Halt ein, Mensch, du baust eine Ruine! Zorntage liegen auf dir, Mensch! Du bist ein Rebell und zerstörst alles grünende Leben. Die Luft speit Schmutz aus, sie stinkt wie die Pest, und Winde und Wasser sind voller Moder. Die Elemente treten vor den Schöpfer und klagen dich an. Wer bist du, Mensch?‘… Nach der Non wieder schreiben und studieren und diktieren. Scivias – Wisse die Wege. Die Zeit ist einsam und müde, aber sie jagt und fliegt dahin wie Wolken am Himmel. Es läutet zur Vesper. Als Israel auszog aus Ägypten. Das Singen in der Vesper tut Hildegard nach einem langen Tag gut. Er wandelt den Felsen zum Teich. Kieselgestein zur Wasserquell. Nach der Vesper ging Hildegard ins Refektorium und der Duft des frischen Roggenbrotes zog ihr in ihre Nase. Saftig ist das Brot – der Fisch ist gut gewürzt. Aber der Wein ist zu wässerig – viel zu wässerig findet Hildegard. Und doch sind im  Wein ja kraftvoll alle Elemente… ‚Im Menschen sind Feuer, Wasser, Luft und Erde. Aus ihnen besteht er: Vom Feuer hat er die Wärme, von der Luft den Atem, vom Wasser das Blut und von der Erde den Körper. Dem Feuer verdankt er das Sehen, der Luft das Hören, dem Wasser die Bewegung und der Erde seinen Gang! ‘… Nach dem Abendessen noch ein Besuch bei den Kranken. Bevor des Tages Licht vergeht. In der Komplet getragener Singsang. Sei unser Heil, o Herr, wenn wir wachen, und unser Schutz, wenn wir schlafen; damit wir wachen mit Christus und ruhen in seinem Frieden. Dann der Gang durch das stille Haus. War der Tag nicht zu eng, die Arbeit zu schwer, wird in der Nacht jemand weinen müssen. Hildegard geht in ihre Zelle und legt sich nieder. Die Nacht verkündet der Nacht die Erkenntnis!“…

Da erwacht der kleine Mönch im Spiegelganz des Sonnenlichtes, das durch die Bäume auf den Disibodenberg schimmert – was für ein schöner Pilgertraum! Am frühen Abend fahren die Dame und er zurück nach Eibingen in die Abtei. Mit der Fähre geht es von Bingen über den Rhein nach Rüdesheim. Rechtzeitig zu Vesper sind sie im Kloster.

Quelle:

  • Hildegard von Bingen: „Liber vitae meritorum“ ; „Liber divinorum operum“ ; „Causae et curae“
  • Ingeborg Ulrich „Hildegard von Bingen – Mystikerin, Heilerin. Gefährtin der Egel“ Kösel Verlag 1990 frei zitiert / zusammenegstellt von den Seiten 50-54

Sommerabend im Klosterpark. Nach Komplet geht der kleine Mönch noch einmal an die frische Abendluft. Er setzt sich auf eine Bank und lässt seine Gedanken schweifen. Eben saß er noch in der Abteikirche und hat die Komplet gebetet. ORA ist lateinisch und heißt Beten. Der kleine Mönch mag das benediktinische Stundengebet. Im Gebet findet er Kraft und Ruhe. Plötzlich kreisen seine Gedanken rund um das Gebet. Ruhig und vor allem angenehm still ist es im Klosterpark. „Nun ruhen alle Wälder, Vieh, Mensch, Städt und Felder!“

 Man hört die Vögel ihre Abendlieder singen oder beten sie gar? Ab und zu krächzt eine Krähe vom Kirchturm über den Klosterberg. In der Kirche ist noch Licht, denn die Orgelbauer sind auch am späten Abend fleißig. Beten, beten, beten… im Kopf des kleinen Mönches stellen sich auf einmal viele Fragen ein. Sogar ein ganzes Stelldichein von lauter Gebetsfragen. „Wo habe ich eigentlich das Beten gelernt?“ und „Wo habe ich gebetet?“ oder „Kann man denn beten lernen?“ Ein Rückblick in seine eigenen Kindertage mit der Frage: Kann man beten lernen? Spontan kommt dem kleinen Mönch ein „Ja“ in den Kopf! Gelernt hat er es von seinen Eltern in den Kindertagen. Ob vor dem gemeinsamen Mittagessen „Komm, Herr Jesus, sei Du unser Gast!“ oder das Abendgebet „Müde bin ich geh zur Ruh!“ beim Zu-Bett-Gehen. Beten ist für ihn etwas sehr Vertrautes und Wichtiges.

Er betet schon sein ganzes Leben, d.h. soweit er auf sein Leben zurückblicken kann. Dem kleinen Mönch ist das Beten sehr vertraut. Es ist etwas ganz Normales für ihn. Die große heilige Teresa von Avila nennt das Gebet zu Gott „wie ein Gespräch mit einem Freund, mit dem wir oft und gern allein zusammenkommen, um mit ihm zu reden, weil er uns liebt.“ –„Hallo Mr. Gott, hier spricht der kleine Mönch – bis du da, Mr. Gott? – Sicher!“ Wie schön ausgedrückt: das Beten mit dem Gespräch zwischen Freunden zu vergleichen. Wunderbar. Das gefällt dem kleinen Mönch sehr und lächelnd schaut er in die letzten Schäfchen-Wolken am Abendhimmel. „Herr, deine Güte reicht, soweit der Himmel ist.“ Freundschaftsgespräche sind vertrauensvoll. Ja, und so empfindet der kleine Mönch es auch selber. Beten hat für ihn etwas mit Vertrauen zu tun.

Er hört das Summen einer der vielen Klosterbienen, die nun nach getaner Arbeit zurück in ihren Bienenstock bei der Mosterei fliegt. „Bevor des Tages Licht vergeht, dich Herr und Schöpfer rufen wir!“ Abend will es werden und morgen beginnt ein neuer Tag, denkt sich der kleine Mönch und denkt über die verschiedenen Stundengebete nach.

In der Abtei Königsmünster versammeln sich die Mönche viermal am Tage zu den Stundengebeten. „Herr, öffne meine Lippe, dann wird mein Mund Dein Lob verkünden.“ Es sind die Morgenhore (Vigil und Laudes), die Mittagshore, das Konventamt mit der Vesper und die  Komplet. Im Kloster bestimmt der Klang der Glocke den Rhythmus des kleinen Mönches. Sein Alltag ist fest strukturiert und Struktur tut ihm gut. Die Glocke ruft zum Gebet und zur Arbeit. Ora et labora, so nennen die Mönche diesen über tausend Jahre alten Gleichklang. Wenn der Glockenruf durch das Kloster erschallt, dann müssen sich sofort alle Brüder auf den Weg in die Kirche machen. Der heilige Benedikt schreibt nämlich in seiner Mönchsregel, dass dem Gottesdienst nichts vorzuziehen sei. Der Tag beginnt mit der Morgenhore.  „Wach auf, meine Seele! Harfe und Leier wacht auf! Ich will das Morgenrot wecken!“ Sie wird gebetet, wenn die Sonne über dem Horizont auftaucht. Die Mönche bitten Gott um seinen Segen für den neuen Tag. „Die Morgenröte zieht herauf und überstrahlt das Sternenheer.“ Sie loben Gott, dass er sie die Nacht über behütet hat und preisen im Hymnus (besonderes Lied) im Symbol des Lichts der aufgehenden Sonne den auferstandenen Christus. „Du, Christus, bist der helle Tag, das Licht, dem unser Licht entspringt!“

Dann schließen sich Frühstück, Lesung, Betrachtung und Arbeit an. Kurz nach zwölf Uhr am Mittag läutet die Glocke abermals und ruft die Klosterbrüder zur Mittagshore. In der Mitte des Tages ziehen die Mönche eine Notbremse… Anhalten… Einhalten…. Stillwerden! Die Sonne steht nun hoch. Im Sommer ist es vielleicht gerade zu dieser Gebetszeit sehr heiß. „Meine Seele dürstet nach Gott, nach Gott dem Lebendigen.“ Die Hälfte der Arbeitszeit liegt hinter den Brüdern und wer weiß, vielleicht gab es unterschiedliche Meinungen oder gar Streit, was ferne sei. So ist es gut, am Mittag in der Kirche innezuhalten und bei Gott neue Kraft für die zweite Tageshälfte zu sammeln. Schön, in der Hitze des Mittags auszuruhen.

Im Mittagsgebet bitten die Mönche auch vor allem um die Gesunderhaltung des Leibes. „Harre auf Gott! Ich darf ihn wieder preisen, meinen Heiland und meinen Gott!“ Im Anschluss wird das Mittagessen gereicht und bevor die Arbeitszeit beginnt, wird Mittagsruhe gehalten. Wenn die Sonne sich dann anschickt im Westen unterzugehen, dann rufen die Glocken zunächst zur Heiligen Messe, dem Konventamt, in die Abteikirche. „Ich fürchte kein Unheil, du bist ja bei mir.“ Im Anschluss beten die Brüder sofort die Vesper und verabschieden den Tag. Zum Sonnenuntergang wird das Licht entzündet und das Abendessen eingenommen. „Der Herr ist mein Licht und mein Heil: Wen sollte ich fürchten?“ Mit dem Einbruch der Dunkelheit ruft die Glocke die Mönche noch einmal zum Gebet in die Abteikirche. In der Komplet, die den Tag komplett macht, bekennen die Mönche, was sie am Tag falsch gemacht haben. Sie danken Gott für den vergangenen Tag und bitten ihn um einen guten Schlaf ohne Alpträume. „Sei unser Heil, o Herr, wenn wir wachen, und unser Schutz, wenn wir schlafen; damit wir wachen mit Christus und ruhen in seinem Frieden.“ Der Abt spendet den Segen und bevor die Mönche schweigend in ihre Zellen gehen und sich zur Ruhe legen, singen sie noch das „Salve Regina“, um die Gottesmutter Maria zu ehren. „Nun entlässt du, o Herr, deinen Knecht nach deinem Wort in Frieden.“ Am Ende der Nacht ruft die Glocke die Brüder wieder zur Morgenhore. Ein neuer Tag in der Abtei Königsmünster wird im Gleichklang von Gebet und Arbeit beginnen. Und so geht es immer weiter und weiter und weiter und das ist gut so, findet der kleine Mönch! Und sein Wunsch am Ende eines jeden Tages: „Bleibe bei uns, Herr, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt!“

Ein sanft-stiller Morgennebel liegt in der frischen Luft des Ostermorgens. Im Glanz der Morgensonne spiegelt sich das Licht durch den Frühnebel auf den grünlichen Wellen des Klosterteiches wider. Die Frösche quaken. Die Vögel singen ihr Morgenlied. Sonst Stille im Klosterpark. Es ist Ostermorgen und der kleine Mönch macht nach der Laudes seinen gewohnten Morgenspaziergang durch den alten Klosterpark, in dem nun wieder alles zu blühen beginnt. Es riecht nach frischem Gras, das sich auf dem der Morgentau gebettet hat. Man hört die Klosterhühner gackern. Der Hahn, der gute Wächter der Zeiten kräht und kündet den neuen Ostertag an. Der Waldkauz ruft. Der Klosterhund bellt. Und die Enten schwimmen auf dem Teich im Klosterpark. Eine Bank lädt zum Verweilen ein. Wunderschöne Welt Gottes. Die Erde schöpft sich immer wieder neu. Der kleine Mönch beobachtet eine Libelle, wie sie über dem weißen Nebel im Morgenlicht tanzt. Plötzlich ein erster hellblauer Himmelschein über dem Morgennebel. Die Libelle schwebt schimmernd wie ein kostbarer Schmuck über den Teich gen Himmel. Wie ein Lichtwesen aus einer anderen Welt. Sie schwebt erlösend-frei. Ihre Flügel glitzern in den schönsten Smaragdfarben im Morgenlicht. Wie eine Licht.Gestalt den Morgennebel durchtanzend. Die Libelle schwebt im Licht.Tanz gen Himmel davon. Frei und glänzend. „Oh, die Libelle kann ja ein Bild für Ostern sein.“, dachte der kleine Mönch. Denn: „Über den trüben Tümpeln und Teichen unseres Lebens, die vom Nebel des Alltags bedeckt sind, scheint ein Licht für uns. Ein Licht, das uns Nahrung zum Leben gibt. Es ist das Licht, das Wasser und das Brot des Lebens. Ein Licht scheint für uns. Ein Licht, das uns immer wieder sagt: Der Tod hat nicht das letzte Wort. Das Leben ist stärker. Das feiern wir an Ostern. Jesu ist unseres Lebens.Sonne. Dazu haben wir uns ein Licht am Licht der Osterkerze entzündet, um unserer Hoffnung auf Leben Nahrung zu geben.“

Fröhlich geht der kleine Mönch ins Kloster. In seinem Postfach liegt etwas. Hui, was kann es nur sein? Es ist weiß und rot und sieht sehr „eiig“ aus. Tatsächlich, da liegt ein Überraschungsei. Der kleine Mönch nimmt es und geht in seine Zelle. Auf dem Weg dorthin denkt er so bei sich: „Was zum Spielen! Was zum Essen! Und was mit Spannung!… – Aber Stop: …Das sind ja gleich drei Wünsche auf einmal! Das geht nun wirklich nicht!“ Der kleien Mönch betrachtet das U-Ei ganz genau und ist plötzlich sehr nachdenklich: „Drei Wünsche auf einmal – wirklich nicht? Warum denn nicht? Doch klar geht das: Spannung, Spiel und Schokolade!“ Mit dem Ü-Ei in der Hand und einem Lächeln im Gesicht betritt er fröhlich seine Zelle. Er legt das Überraschungsei vorsichtig in sein Osternest zu den anderen Süßigkeiten. Er schaut das Überraschungsei an und überlegt: „Aber was hat nun Ostern mit einem Überraschungsei zu tun? Ein Ü-Ei sieht zunächst immer gleich aus. Gleiche Verpackung, gleiche Farbe, einheitlich-EU-Norm-Größe, und man erkennt nicht was drinsteckt, aber irgendwas steckt schon darin – nur was? Überraschung!“ Der kleine Mönch schaut aus dem Fenster in den Klosterpark. Da fangen die Glocken der Abteikriche zum österlichen Festhochamt zu läuten an. Auf dem Weg zur Statio fällt dem kleinen Mönch ein Zusammenhang ein: „Die österlichen Feiertage sind auch immer gleich. Alles beginnt am Gründonnerstag. Es folgt der Karfreitag. Die dunkle Schokolade bis hin zum stillen Karsamstag und dann kommt die Osternacht und der Ostersonntag. Mh, was steckt nur in Ostern drin, welche Botschaft? Die dunkle Schokolade des Ü-Eis tritt hervor, wenn man die Verpackung entfernt. Karfreitag ist die “dunkle” Seite von Ostern. Jesus hängt am Kreuz und nimmt unsere Schuld auf sich. Dann kommt die helle Innenseite des Ü-Eis – süß und lecker. In der Finsternis der Nacht leuchtet das Licht der Auferstehung auf. Dann finden wir im U-Ei die Kapsel mit der großen Überraschung. Denn Ostern hält auch eine große Überraschung, einst für die Jünger*innen und heute für uns, bereit:  Jesus ist auferstanden! Er lebt, das ist die gute Nachricht! Gottes große Überraschung. Damit hatte so wohl keiner gerechnet. Damals nicht und heute oft schon lange nicht mehr. Aber: der HERR ist wahrhaft erstanden. Halleluja. Was für eine Überraschung. Und alles aus Liebe!“ Fröhlich zieht er in die Kirche ein. Ein wahres Osterwunder.

 

Es war kurz vor Weihnachten. Die Mönche in der Abtei waren zufrieden, denn die Adventszeit war wieder sehr schön auf dem Klosterberg. Der Nikolausabend war schön, denn vor jeder Zellen-Tür stand ein kleines Geschenk, mit adventlichen Leckereien aus der Klosterbäckerei. Und auch das Waffel backen am 3. Advent in der Rekreation hatte die Herzen der Brüder erfreut. Nun neigte sich die Adventszeit langsam dem Ende zu. Die Plätzchen waren gebacken, die O-Antiphonen wurden angestimmt und die Kerzen leuchteten heller und heller. Der kleine Mönch liebte die Adventszeit. In seiner Zelle hat er es sich so richtig gemütlich gemacht. Die Türchen des Adventskalenders öffnete er fröhlich von Tag zu Tag. Die Kerzen am Adventskranz schufen eine wundervolle Atmosphäre, die ihn an seine glücklichen Kindertage erinnerte.

Am Nachmittag des Heiligen Abends geht der kleine Mönche in den Klosterpark. Ein kurzer Spaziergang in der frischen Winterluft nach Kaffee und Christstollen tut gut. Die Winterluft riecht wunderbar nach Schnee. Ob es heute noch schneien wird? Hoffentlich! Es wäre so wunderbar. Der kleine Mönch setzt sich auf eine der alten Parkbänke, um die herrliche Winterluft einzuatmen. Ganz ruhig sitz er da und hört in die winterliche Stille. Der kalte Wind lässt seien Nase rot werden. Ein Rabe krächzt am Himmel. Aber sonst nur Stille. Der kleine Mönch blickt sich um. Die alten Apfelbäume stehen kahl im Klosterpark. Die Hecken tragen auch kein Laub mehr. Aus dem Stall hört man das Blöcken der Klosterschafe. Da sieht er auf einmal in seiner Nähe ein kleinen Tannenbaum. Im Sommer bei all dem Grün und im bunten Herbst ist der Tannenbaum dem kleinen Mönch gar nicht aufgefallen. Ein Eichhörnchen ist herbei gehuscht und gräbt schnell ein paar Nase aus dem Boden. Und schwupp ist es wieder weg.  Einsam und verlassen steht der Tannenbaum da. „Sicher wäre er jetzt gern auch ein Weihnachtsbaum“, dachte sich der kleine Mönch.

Es wird langsam dunkel. Ups – irgendetwas ist dem kleinen Mönch da auf die Nase gefallen. „Nanu“, denkt der kleine Mönch und schaut in den Himmel. Plumps – schon wieder fällt da etwas auf seine Nase. Dieses Mal erkennt der kleine Mönch es: Es ist eine Schneeflocke.

Ganz leise, sanft und sacht fallen die Schneeflocken vom Himmel herab. Immer mehr Schneeflocke schweben vom Himmel. Bald sind es so viele Schneeflocken, dass der kleine Mönch sie gar nicht mehr zählen kann. Es wird weiß draußen im Klosterpark. Der Tannenbaum sieht nun aus wie mit Puderzucker bestäubt. „Durch die Schneeflocken ist er schöner geschmückt als jeder Weihnachtsbaum“, denkt der kleine Mönch und sein Herz wird ganz fröhlich. Die Glocken beginnen zur Christvesper zu läuten. Der kleien Mönch steht auf und geht Kloster um die Vesper zu beten. Jetzt ist er endlich da der HEILG ABEND!

(Br. Benedikt Müller OSB)

Es war am Vorabend des Nikolausabends. Der kleine Mönch hatte Pfortendienst. Als er aus dem Fenster sah, da bemerkt er, dass es schneite. Genüsslich trank er seinen Winterzaubertee und wartete. Auf den Nikolaus? Nein! Er wartete auf die Kinder aus der Nachbarschaft, denn es war schon Tradition, das sie am Vorband des Nikolaustages auf den Klosterberg kamen und mit frischen Printen und Spekulatius aus der Klosterbäckerei beschenkt wurden. Draußen wurde es langsam dunkel. Doch was war das? Hörte der kleine Mönche da nicht Stimmen? Richtig! Ein fröhlicher Gesang klang über den Klosterplatz immer näher zur Pforte her… „Lasst uns froh und munter sein und uns recht von Herzen freuen!“ … Da kamen die Kinder der Nachbarschaft fröhlich durch den frischen Schnee gestapft. Was war das für ein großes „Hallo“ an der Klosterpforte! Denn durch den fröhlichen Gesang der Kinder waren auch einige Brüder herbei geeilt. Schnell wurde Tee ausgeschenkt und der große Plätzchenteller vom Küchenbruder gebracht. Die Kinder riefen: „Erzähl uns eine Geschichte, kleiner Mönch, bitte – bitte – erzähle schon!“ „Nun gut“, sagte der kleine Mönch, „ich will euch allen eine Nikolausgeschichte aus vergangenen Tagen erzählen.“ Und so begann er:

Es war einmal der Einsiedler Ruprecht, der lebte allein in seiner Klause nahe der alten Eiche im Klausenwald. Wie alle Einsiedler lebt er dort ganz für sich allein. Ora et labora – er arbeitete und betete. Damit er im Winter nicht verhungert musste, hat der den Herbst über Obst , Kartoffeln, Mähren und Kohl in seinem Waldgarten geerntet. Außerdem hat er viele Früchte, Pilze und Nüsse im Wald und auf den Feldern gesucht. Wenn es im Herbst und Winter kühl wird, wärmt sich Ruprecht gern an seinem Kamin auf. Holz hat er ja genug im Wald. Manchmal schläft er auch ein. Das passiert am Abend oft und so hat Ruprecht bisher jedes Jahr den Nikolaustag verschlafen. Er kennt ihn nur aus den Erzählungen der anderen Tiere – ja, denn stell dir vor: Ruprecht versteht die Sprache der Tiere, die aber nur in Advents- und Weihnachtszeit zu hören ist. Ruprecht möchte auch einmal den Heiligen Nikolaus sehen! Wenn er nur wüsste, wie er sich am Abend vor dem Kamin am besten wach halten könnte? „Klopf, klopf!“ Ruprecht schrickt auf. An der Tür seiner Klause klopft der Waldspecht. „Ach du bist es, alter Klopfer, ich dachte schon Sankt Niklas hat an meiner Tür geklopft!“ Der Specht antwortete: „Stimmt heute ist ja Nikolausabends!“ „Eiderderdaus, ob der heilige Nikolaus wohl doch schon da war?“, fragte Ruprecht besorgt. Da schüttelt der Sprecht den Kopf: „Aber nein! Aber nein! „Weißt du, wann er kommt?“, fragte Ruprecht. „Wenn es dunkel ist“, antwortet der Specht. Aber es ist doch schon fast dunkel denkt Ruprecht und verkriecht sich wieder in seiner Klause. Kurz darauf kommt ein Eichhörnchen zur Klause und schaut durch das Fenster herein. Ruprecht öffnet das Fenster und fragt: „Hast du den heiligen Nikolaus gesehen? Ich möchte ihn diesmal nicht verpassen. Ich verschlaf ihn immer!“„ Ich rufe dich, wenn er da ist“, sagt das Eichhörnchen und schwupp sprang schon wieder weiter in den frostigen Winterwald hinein. Oben in der alten Tanne sitzt die Eule. Sie hat alles gehört und blickt neugierig mit ihren Augen in den tiefen Wald. Ruprecht friert und geht an diesem Winterabend zurück in die Klause. Er setzt sich in d n Sessel vor den Kamin. Er kuschelt sich wieder in seine Wolldecke und schläft ein. Draußen wird es immer kälter und in dieser Nacht fällt der erste Schnee. In der Tanne kauert die Eule. Plötzlich spitzt sie die Ohren. Am Waldrand kann sie ein Licht sehen. Sankt Nikolaus kommt mit seinem Esel durch den Schnee gestapft. Bei jedem Schritt klingen die Glöcklein. Zuerst leise, dann immer lauter. Auf dieses Zeichen haben die Tiere im Wald gewartet und schnell eilen sie zur großen Tanne auf der Lichtung herbei. Der heilige Nikolaus ist da! Aus einem dicken Sack holt er Rüben, rote Äpfel und Brot hervor. Über die Gabe freuen sich die Tiere sehr. Dann geht der Nikolaus weiter und stapft mit seinem Esel durch den frischen Schnee. Bald war Sankt Nikolaus im Schneetreiben verschwunden. Da rief die Eule aus der Tanne: „Uhuu, Einsiedler Ruprecht, uhuu, wach auf, wach auf! Der heilige Nikolaus ist da. Ich zeige dir den Weg zu ihm.“ Ruprecht erwacht! Der Nikolaus ist da! Jetzt aber schnell, doch er hat ganz steife Beine. Er reckt und streckt sich in seinem Sessel. Er sieht kaum aus den Augen. Wie hat sich der Wald verändert! Doch was liegt da und da und dort im Schnee? Der ganze Weg war über und über mit Nüssen, Apfelsinen, Lebkuchen und kleinen Geschenken bedeckt. Hatte Sankt Nikolaus dies alles etwa für ihn dagelassen? Ruprecht wollte der Spur folgen. Nikolaus war auf seinem Weg ins Dorf. Es war ein weiter, beschwerlicher Weg. Als er jedoch am Dorfrand einen Blick in den großen Sack tat, war er ganz verdutzt. Eiderdaus! Der große Sack war leer, ganz leer. Es war ein Loch im Sack, so dass alle Nüsse, Äpfel und Päckchen in den Schnee geplumpst waren. Was soll er jetzt tun? Es war zu spät, um den langen Weg in den Wald zurückzulaufen. Der Schnee, der inzwischen gefallen war, hatte bestimmt alles zugedeckt. Verzweifelt setzte sich sankt Nikolaus auf seinen Schlitten. Da sah er am Horizont eine Gestalt in einem Mönchsgewand mit einem großen Sack auf dem Rücken auftauchen. Welch frommer Bruder mochte noch um diese Zeit im tiefen Schnee unterwegs sein? Sankt Nikolaus hörte die Stimme des Mannes nach ihn rief: ,, Sankt Nikolaus, Nikolaus! Warte, warte!“ Es war der Einsiedler Ruprecht! Er war Sankt Nikolaus gefolgt und hatte alles zusammengesucht und in einen Sack gepackt. Sankt Nikolaus umarmte ihn und fragte: ,, Wie kann ich dir bloß danken, lieber Bruder? Wie heißt du eigentlich? “Ich bin der Klausner Ruprecht, ein braver Knecht Christi.“ „Auf einen Gehilfen wie dich habe ich schon lange gewartet. Ruprecht, möchtest du mich zu den Kindern begleiten?“ fragte der heilige Bischof von Mayra. Und ob Ruprecht wollte! Seine Augen leuchteten vor Freude. Und seit dem klopften die beiden gemeinsam am Nikolausabend an die Türen an – als Sankt Nikolaus und Knecht Ruprecht!

(Br. Benedikt Müller OSB)