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In der letzten Maiwoche vor dem Pfingstfest konnte ich Exerzitientagen in der Abtei St. Hildegard in Eibingen verbringen. Es war wunderschön. Nicht nur weil ich Land der hl. Hildegard war und die Impulse durch die Magistra sehr gut waren, es kam noch ein INNERES Verstehen hinzu: Die Wonnesonne Mai sinnlich-innerlich zu erleben. Das Wetter war angenehm warm. Viel Sonnenschein. Die Weinberge dufteten. Überall zwischen den Weinstöcken wachsen Feldblumen. Bienen summten. Es blühte alles herrlich alles im Klostergarten der Nonnen. Die Luft war erfüllt vom Duft des frischen Grases. Die Vögle zwitscherten ohne Unterlass. Der Rhein floss smaragdgrün schimmernd leise dahin. Das Brot aus Dinkel frisch in der Klosterbäckerei gebacken schmeckt köstlich und tat meinem Magen wohl. Und meine Augen konnten sich nicht satt sehen.

„Die Augen sind die Fenster der Seele“, sagt die heilige Meisterin vom Rupertsberg – die heilige Hildegard. Das Sehen stellt sie ganz ins Zentrum des sinnlichen Monats Mai. Dieser fünfte Monat ist so reich an einer Farbenvielfalt, dass es eine Offenbarung für unsere Augen ist. Gottes Schöpfung zeigt sich von der schönsten Seite. Haben wir eigentlich einmal bedacht, welch Wunderwerk unsere Augen sind? Sie stehen nie Still! Unaufhörlich nehmen sie Farben und Formen war. Sie nehmen bewegend Bilder auf. Das Auge ist ein Wunderwerk, so wie die anderen Sinne auch. Wir sollten schauen lernen und es genießen. In ihren Visionen und Schriften schreibt Hildegard von Bingen über die Augen und das Sehen und setzt es in Bezug zur Seele des Menschen.

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Die Macht der Seele kann man in den Augen des Menschen sehen, wenn seine Augen klar, hell und durchsichtig sind, weil die Seele mit Macht im Körper wohnt, um recht viele Werke in ihm zu vollbringen. Die Augen des Menschen sind nämlich die Fenster der Seele.“

 

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Die Liebe ist in allen Dingen gleichsam die Seele und das Auge. In dieser Liebe schließt sich der Lauf der Welt. Liebe ist die volle Wirklichkeit des Guten.“

 

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Die Seele durchdringt die Augen, sind diese doch die Fenster, durch welche sie die äußere Natur erkennt.“

 

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Das Firmament ist zu vergleichen mit dem Haupt des Menschen, die Sonne, der Mond und die Sterne mit den Augen, die Luft mit dem Gehörsinn, der Tau mit dem Geschmackssinn, die Seiten der Welt mit den Armen und dem Tastsinn.“

 

Als ich gestern Nachmittag vom Spaziergang über den Schulhof in die Abteikirche gehen wollte, da hörte ich ein sehr vertrautes Geräusch. Ein Lächeln zeichnete sich auf meinem Gesicht wieder. Es war nicht zu überhören: Unser Br. Sebastian mähte im Klostergarten den Rasen! Ein Zeichen, dass es endlich Frühling wird. Das frisch gemähte Gras verbreitet einen vertrauerten Frühlingsgeruch rund um das Kloster. Heute, nach dem Mittagessen, öffnete ich das Fenster meiner Klosterzelle und schaute auf den Klosterplatz. Was für eine herrliche Luft. Warme Frühlingsluft. Es roch nach Frühling.

Und tatsächlich: Überall fängt es an zu blühen und zu grünen. Das Grün bricht in diesem lebendigen Monat hervor. Der April ist ein lebensfroher Monat. Er lässt Natur, Tiere und Menschen wieder aufwachen – aufleben! Die Grünkraft ist zurück. Und das neue, frische Grün beruhigt die Seele. Die heilige Hildegard von Bingen rät Menschen, denen die Augen brennen oder die schlecht sehen, dass sie hinausgehen sollen und zwar auf eine grüne Wiese. Diese Wiese sollen sie solange anschauen, bis ihre Augen anfangen zu Tränen, also nass werden. Medizinisch ist das gar nicht verkehrt, denn wir wissen heute, dass das Grün den Augendruck erhöht.

Vielleicht ist das ja eine schöne Übung für die nächste Woche?: Nimm doch das neue Grün in der Natur mal bewusst mit deinen Augen wahrzunehmen und atme die Luft des Frühlings in die Tiefe deiner Seele ein.

(Br. Benedikt Müller OSB)

 Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Der vierte Monat ist grün und voller Duft, auch wenn er manchmal furchterregend donnert.“

Die Energie der Natur spiegelt sich auch im Menschen wider. Vor allem in seiner Gesundheit und seiner Befindlichkeit. Die heilige Hildegard betont diesen Zusammenhang in ihren Werken, denn sie ist geprägt durch eine ganzheitlich-sinnorientierte Sicht auf das Leben. Wenn nun der Mensch durch den Rhythmus der Elemente auf natürliche Weise beeinflusst wird, dann werden auch seine Organe davon selbstverständlich auch davon beeinflusst.

Dem Januar schreibt Hildegard diesbezüglich auf den ersten Blick eine vielleicht etwas komische klingende Bedeutung zu, die aber auf dem zweiten Blick tief schauen lässt. Die Prophetia Teutonica sagt, dass der Januar in seinen Eigenschaften dem Gehirn des Menschen gleicht. Das Gehirn stellt sie als kühl und feucht dar. Das Gehirn reinigt sich selber, in dem es Flüssigkeit durch Augen und Nase absondert. Puh – vielleicht nicht so appetitlich diese Vorstellung, und auch ein befremdliches Bild. Aber: Wir müssen allerdings diese Bild vom Bild her in das Hier und Jetzt übertragen! Es also deuten! Hildegard rät dazu den Januar, also den Anfang des Jahres, zu nutzen, um aus unserem Kopf (Gehirn) alles was Traurigkeit und Überdruss verursacht wegzuräumen. Manche Dinge nehmen uns innerlich in Anspruch, da platzen einem schon mal die Ohren, weil sie voll gelabbert wurde. Oder die Augen tränen vor Überlastung und Traurigkeit, weil gesehenes erlebtes wie Seife in ihnen brennt. Und manches kann man in solch Situationen einfach nicht mehr riechen, weil die Nase zu ist oder es einem stinkt! Dann ist es gut, diese Dinge anzupacken und wegzuräumen. Hildegard geht sogar noch einen Schritt weiter und fordert auf innerlich zu werden – die Seele nicht vergessen, dass ist der Nonne vom Rhein wichtig. Das Seelenheil und das Heil um die Seele ist bei Frau von Bingen nicht zu unterschätzen. IN-SICH-ZU-HÖREN! Wenn du z.B. eine fette Erkältung hast, dann schaue achtsam in dich. Was oder wer schwächt deine Kräfte? Eine Erkältung ist ein Streik der Seele! Warum streikt dein Körper? Nimm den Stress im Blick, räume Ärger aus und befreie dich von unnötiger Last!

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus dem Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Seine (Monat Januar) Eigenschaften gleichen dem Gehirn, das sich als kühl und feucht darstellt. Es reinigt sich, indem es minderwertige Flüssigkeit absondert, und zwar durch Augen, durch Ihren und durch die Nasenlöcher.”

(Hildegard von Bingen, aus: „Welt und Mensch“, das Buch „De operatione dei“)

 

Bis zu 14.400 Mal. Ein erwachsener Mensch blinzelt bis zu 14.400 Mal am Tag. 14.400 Augenblicke.

Sprechen wir von Augenblicken, so meinen wir oftmals intensive Wahrnehmungen. Momente, an die wir uns immer erinnern werden. Ein Augenblick ist für uns mehr als ein Blinzeln. Augenblicke sind in der Lage die Zeit zu verlangsamen, Momente ewig andauern zu lassen. Mit Augenblicken beschreiben wir den richtigen Zeitpunkt. Die richtige Idee zur richtigen Zeit. Wenn wir einem geliebten Menschen gegenüberstehen, dann schauen wir ihm erst in die Augen. Sobald der Augenkontakt da ist, fangen wir an zu lächeln. Wir registrieren die Freude, unsere Liebe, in einem einzigen Augenblick, Mit einem Augenaufschlag, einem Blinzeln. Manchmal wünschen wir uns, diese Augenblicke würden nie enden, wären ewig, unendlich. Dann können wir uns immer wieder an sie erinnern. Dann bleiben sie in unserem Gedächtnis, definieren unsere Gedanken, unseren Geist.

Vergeht ein solcher Augenblick, scheint sich manchmal alles geändert zu haben. Für uns, für unser Leben. Mit einem Augenblick kann sich alles ändern. Schlagartig, plötzlich. Im neuen Testament wird in Augenblicken beschrieben, was sich für die Menschen ändert, sobald sie auf Jesus treffen. Sie werden geheilt, haben eine Erkenntnis, folgen ihm nach, verändern ihr Leben. Die Erkenntnis ist so kurz wie der Augenblick, ihre Folge jedoch wird das weitere Leben bestimmen.

Mit dem Augenblick, in dem wir feiern, dass Jesus in einer Krippe zur Welt gekommen ist, erleben wir Weihnachten. Wir erleben ein Fest, auf das wir uns in dieser Adventszeit vorbereiten. Und zwar in ganz vielen kleinen Augenblicken. Die einen halten für immer, andere sind vergänglich. Die einen nehmen wir wahr, die anderen nicht. Manche haben wir gar nicht erlebt, andere schenken uns das Leben. Bis zu 14.400 mal am Tag. Nicht nur im Advent, nicht nur an Weihnachten, jeden Tag. Denn Gott hat uns die Fähigkeit geschenkt, Augenblicke wahrzunehmen, die Liebe zu spüren, zu lieben und geliebt zu werden. In vielen kleinen, einzigartigen Augenblicken. Lassen wir es zu. Jetzt, in dieser Adventszeit.

Denn wir wissen, einige Augenblicke unseres Lebens sind besonders kostbar…

„Der Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du Begnadete, der Herr ist mit dir. Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe. Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden.“

Lukas 1, 28 ff.

(Helena Minner; Jahrespraktikantin in der OASE)