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Hildegard von Bingen war Benediktiner-Nonne. Von frühster Kindheit war ihr ganzes Leben durchkreuzt vom klösterlichen Rhythmus, den der Klang der Glocke und die Weisungen der Benediktsregel vorgaben. Ihr Leben war aber auch ein Leben ganz in Kreislauf der Jahreszeiten und der Natur. Ein ganzheitliche Leben, mit allen Sinnen, im Wechsel der Gezeiten. Von daher ist es auch nicht verwunderlich, dass bei der weisen Magistra vom Rupertsberg die natürlichen Abläufe nie für sich allein dastehen. Sie haben immer einen Bezug zum geistigen und vor allem geistlichem Leben. Das geistliche Leben spiegelt sich in der Natur und umgekehrt. Mit ihren Visionen hält uns die Prophetia Teutonica sozusagen den Spiegel Gottes hin bzw. vor. Im Zentrum ihrer Schau steht immer wieder der Bezug auf die Grünkraft, die schöpferischen Lebens- und Spannkraft. „Diese Grünkraft erhält jeder Mensch bis ins hohe Alter, wenn er sich bemüht, seinem Gewissen zu folgen“, so Hildegard.

Hildegard setzt die Monate des Jahres ebenfalls in einen Bezug auf das Leben des Menschen. Der April steht für einen Menschen voller grüner Lebenskraft – den fast jungen Erwachsenen. Nicht mehr ein Jugendlicher, dennoch den Schelm im Nacken, noch nicht ganz Erwachsener. Die Stürme der Jugendzeit hat er hinter sich und kann auswählen, was für ihn gut und nützlich oder schlecht und schadhaft ist. Es ist der Anfang jener Zeit im Leben so wir verantwortlich selbst verantwortungsbewusst Verantwortung zu übernommen haben. Der April steht für einen fröhlichen, gesunden und tatkräftigen Menschen. Es sind die Lehr- und Wanderjahre im Leben oder mit einem alten Bild aus dem Handwerk ausgedrückt; Die Jahre der innerlichen Walz. Diese innerlichen Wanderjahre sind nicht nur von guten Zeiten geprägt – der junge Mensch macht auch seine Erfahrungen in den schlechten Zeiten. Erste Krisen können stärken. Beim Schreiben dieser Zeilen wachen in mir Erinnerungen an die Jahre 1989 /1990 auf – da war ich um die 17 Jahre… es waren zwei wunderbare, schöne Jahre, in denen ich mich selber definiert habe… zwei Jahre, die zur Grundsäule meines ICHs wurden und dennoch… Mit siebzehn hat man noch Träume! Zurück zu Hildegard. Zurück zu weisen Nonnen vom Binger Brück! Für Hildegard ist dies die Zeit, in der die Tugenden in der Seele des Menschen erblühen und diese Tugenden  sind für die heilige Kirchenlehrerin die großen Kräfte Gottes, die Freude und Kraft ins Leben bringen. Eine solche Tugend ist die Barmherzigkeit. Die guten Kräfte stärken uns im Kampf gegen die bösen Kräften, die an der Seele des Menschen ziehen. Besonderen Ausdruck findet dies in Hildegards Mysterienspiel ORDO VIRTUTUM. Es ist eine szenische Umsetzung ihrer Grundideen: die Himmelskräfte helfen der menschlichen Seele, umwerben sie und wollen sie zur Zusammenarbeit mit Gott gewinnen.

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus dem ORDO VIRTUTUM in der Fassung von Bernward Konermann:

„Du hast alles, was du brauchst, in dir. Schau in dein Herz: Dort ruht das Wissen um Gut und Böse. In deinem Innersten klopfe ich an und rufe dich bei deinem heiligen Namen. Hör zu. Dass ich dir zu Hilfe eile, mit jedem Herzschlag klopfe ich an. Ort des Kampfes, Ort der Entscheidung bist du. Dein Vertrauen wird die Hilfe von mir erlangen. Eröffne den Kampf. Entscheide dich. Ich werde das Böse von dir nehmen. Und dir die Kraft zum Guten geben. Drehe das Rad deines Gewissens.“

(Hildegardis abatissa)

 

 

 

 

 

Na, Gott sei Dank, passend zum Osterfest können wir endlich, wenn auch nur langsam, den Frühling in der Natur erkennen. Es spießt alles ganz vorsichtig, fast zärtlich, auf. Still keimt es aus der Erde empor. Das neue Leben. Das Grün kehrt zurück und verändert das Antlitz der Erde. Zu Beginn der Fastenzeit haben wir Mönch im Hymnus der Vigil gesungen: „Zeichen schauen wir nun, Irdisches wird zum Bilde hier, denn das kreisende Jahr lässt nach des Winters Frost und Nacht den Frühling die Erde für Ostern bereiten.“ Und es ist wahr geworden: Es ist Ostern und die Erde blüht langsam im Frühling auf. Ein Zeichen für die Auferstehung Jesu. Halleluja!

Es grünt, so grün… Die Farbe Grün ist die zentrale Farbe in den nächsten Wochen und ist für mich eine auch österliche Farbe geworden. Warum? Den Zusammenhang findet man bei der Mystikerin Hildegard von Bingen: „Es gibt eine Kraft aus der Ewigkeit und diese Kraft ist grün.“  Diese Kraft nennt Hildegard Viriditas. „Viriditas (vom lat. viridis = grün) ist der von Hildegard von Bingen gebildete lateinische Begriff für Grünkraft und bezeichnet eine Grundkraft, die der gesamten Natur, also Menschen, Tieren, Pflanzen und Mineralien innewohnen soll. Die in Allem steckende Grünkraft ist nach Ansicht von Hildegard die Grundlage einer Heilung. Als moderner Ausdruck ist die Bezeichnung Spannkraft vorgeschlagen worden. Die Viriditas wird nach Hildegard durch monotone Tätigkeiten geschwächt, kann aber ihrer Ansicht nach durch Aufenthalt in der Natur, zum Beispiel Wandern, aufgefrischt werden. Es handelt sich um eine Grundlage der Hildegard-Mystik.“ So können wir bei Wikipedia uns über die Grünkraft bilden.

Gott zeugt, so Hildegard, die Grünkraft selbst. Und so wirkt Gott in allem Grünen. Nicht nur in den Pflanzen und in der Natur, sondern in allem was lebt oder wider lebt – aufersteht. Für Hildegard ist Grün eine heilige Farbe. Grün steht für sie als eine Herzenskraft. In dieser Herzenskraft offenbare sich die himmlischen Geheimnisse.

Im Mittelalter, und damit auch in der Lebenszeit der hl. Hildegard, gab es die Tradition vom Kreuzesstamm. Aus diesem Kreuzesstamm sprießt Grün hervor. Ein klares, deutlich verständliches Symbol: Am Kreuz des Karfreitages, als Symbol des Todes Jesu, wächst an Ostern neues Leben hervor als Symbol für die Auferstehung des HERRN.  Die Kraft des Lebens: Durchwirkt, nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich im Keinen in unserem Herzen. Durch wirken der Grünkram kommt Leben und Hoffnung in unsere Welt, die oft so trostlos schwarz-weiß ist.

Diese Gedanken regen zum gedanklichen Farbspiel an:

Stell die einen Farbkasten vor. Du nimmst den Pinsel und tauchst ihn in das Wasser ein und dann in die Farbe Gelb. Gelb ist für viele Menschen die Farbe der Sonne. Und die Sonne ist unser Lebenslichtquelle am Firmament. Ohne Sonne biologisch kein Leben. Male nun in Gedanken einen großen gelben Kreis. Nun nimm einen anderen Pinsel, tauche ihn ins Wasser und dann in die Farbe Blau ein. Die Farbe Blau steht für das Wasser – hier ist das Leben entstanden. Das Wasser des Lebens! Nun mische das Blau in das Gelb und du bekommst- richtig: GRÜN!

Von Ostern, von der Auferstehung Jesu; her gewinnt das Grün für Hildegard eine zentrale Kraft. Im auferstanden Jesus sieht Hildegard die grüne Lichtquelle aus dem Herzen des Vaters. Und spannend wird es, wenn die Prophetia Teutonica an Pfingsten hier noch den heiligen Geist einwirken lässt,  aber dazu in 50 Tagen mehr – heute erst einmal von Herzen: Frohe und gesegnete Ostern und der Friede des auferstanden HERRN sei mit uns allen. Mögen unser Herzen mit Gottes Grünkraft aufgrünen und grün werden.

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„In der Morgenfrühe, wenn die Sonne bei ihrem Aufgang sich machtvoll erhebt, um ihren Lauf anzutreten, steht auch das Grün in seiner größten Kraft, weil die Luft bis dahin noch feucht ist, die Sonne aber schon wärmt. Dann trinken die Gräser dieses Grün so gierig in sich hinein, wie ein Lamm seine Milch saugt…“

Der April macht was er will. Mal sanft – mal stürmisch. Mich erinnert er an meine jungen Erwachsenenjahre. Acht, was haben wir da emotional und engagiert diskutiert und manches Gewitter zwischen den Generationen bei Familienfesten heraufbeschwören. Gewitter können die Luft reinigen. Gewitter können aber auch gefährlich sein. Der April, der macht, was er will!

Die heilige Hildegard von Bingen beschreibt den Vormonat des Aprils den März als Unruhestifter und zieht Parallelen zur Pubertät des Menschen. Und wie sieht die große Meisterin vom Rhein den April? Was den April angeht, da mahnt die heilige Hildegard zur Achtsamkeit! Der April macht, was er will. Und diese Laune des Aprils vergleicht Hildegard mit den Schwierigkeiten der Menschen im Miteinander. Sie schriebt: „Wie der Monat April mal mit Hagel, mal mit Sturm, dann mit Regen und mit Schneegestöber und plötzlich blauem Himmel und Sonnenschein aufwartet, geht es hin und wieder auch in unserem Inneren hoch her.“ Hildegard ermahnt uns, sich von den inneren Gewittern der Gefühle nicht anstecken und zu einem Frühlingsgewitter der Emotionen hinreißen zu lasen.

Ja, der April macht, was er will. Regen, Nebel, dann Hagel oder gar Schnee und dann wieder Sonne und Wärme, manchmal sogar fast sommerlich warm!  Am nächsten Tag stürmt es dann wie im Herbst. Und dann dieses Gewitter wie aus heiterem Himmel. Aber so ist das Leben. Das Leben ist ein hin und her – ständig im Bewegung und im Wechsel. Das Leben ausgelieferte den Kräften der Elemente: dem Wasser, der Luft, dem Feuer und der Erde. Ja, und wie die heilige Hildegard von Bingen, wissen wir auch, dass es in unseren menschlichen Beziehungen oft wie im April zu geht. Aber wie geht man mit solchen emotionalen Gewittern um? Mit den Übungen der Achtsamkeit. Hildegard würde heute es vielleicht so ausdrücken: Je achtsamer du in deinem Alltag bist, so achtsamer bist du auch mit anderen. Dann können erst gar keine Gewitter der Emotionen entstehen. Der Boden der Achtsamkeit und Wertschätzung lässt die Grünkraft in uns sprießen. Die Gewitter des Monats April sind zwar manchmal echt schon heftig, aber sie hindern die Früchte der Erde nicht am Wachstum und an der Reife. Genauso können uns andere Menschen, die uns wie ein Gewitter im April heimsuchen, unsere Lebenskraft nicht völlig wegspülen -, wenn wir unser inneres Haus auf Fels und nicht auf Sand gebaut haben. Gewitter können die Luft reinigen. Gewitter können aber auch gefährlich sein. Wichtig ist, dass wir einen Blitzableiter haben. Vielleicht unseren Atem! Wenn wir versuchen in emotionalen Situationen achtsam ein und aus zu atmen, dann können wir in Krisensituationen über die Atmung eine Distanz bekommen, die ein impulsives Zurückreagieren, also eine Gegengewitter, verhindert. Gewitter können die Luft reinigen. Gewitter können gefährlich sein. Wichtig ist, dass wir einen Blitzableiter. Die Karwoche stellt uns einen Blitzableiter vor Augen: Christus. Mir persönlich hilft es in Krisensituation tief einzuatmen und zu sprechen JESUS und dann tief auszuatmen und zu sprechen CHRISTUS. ER ist dann bei mir und das aufkommenden Gegengewitter in meinem Herzen wird still, wie einst der See wo ER den Sturm stillte.

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen: Der April reinigt die Atmosphäre

„Dieser Monat erschallt nämlich mit Gefahr und Furcht und dennoch trocknet er die Früchte der Erde nicht aus. Ebenso vertrocknen auch die Kräfte und Tugenden eines seligen Menschen durch die zuvor genannten Übel nicht, vielmehr ermatten diejenigen, die ihre Zähne gegen ihn fletschen.“

(aus: „Liber divinorum operum – Buch der göttlichen Werke “)

Unsere Wahrnehmung der Welt ist durch unsere Sinnesorgane geprägt. Für Hildegard von Bingen ist die ganzheitliche Sinnlichkeit des Menschen wesentlich, denn der Mensch ist durch die Schöpfungselemente ein durch Gottes Liebe geschaffenes Wesen. Gott gab uns die Sinne, um seine Schöpfung zu verstehen. Die Ohren sind mit den Augen bedeutsames Sinnesorgane. Ohren und Augen unterstützen sich gegenseitig in unserem täglichen Leben. Unsere Gefühle und unser Gemüt sind stark vom Hören geprägt. Wenn ich ein gutes Wort höre, dann fühle ich mich gut. Wenn ich etwas Kritisches höre, dann regt mich es mich zum Nachdenken an. Höre ich Worte, die mich verletzen, dann werde ich traurig. Als Benediktinerin wusste Hildegard durch die Lehre des heiligen Benedikt von Nursia und durch die Botschaft des Evangeliums von der Bedeutung des Hörens für die Seele. Wer Ohren hat zum Hören, der höre! Schweigen und höre, neige deines Herzens Ohr und suche den Frieden! Schwiegen heißt hören, sagt der hl. Benedikt. In sich hinein Hören. Innerlich werden. Hildegard sagt, dass wir das Wissen haben um Gut und Böse zu hören und dann die Fähigkeit besitzen entsprechend zu handeln. Hinhören – Nachdenken – Handeln! Die Herzenstür dem Guten öffnen – dem Seelentor dem Bösen verschließen – vielleicht eine gute Übung für die letzten Tage der Fastenzeit.

Hildegard schreibt dem Monat März das Hören zu. Vielleicht ist uns der alte Ausspruch „Den Frühling hören“ bekannt. Da liegt ein Stück Wahrheit drin. Ich kann den Frühling hören. Allein das morgendliche Zwitscherkonzert der Vögel kündet mir den Frühling an. Ja, nach einem langen, kalten und oft grauen Winter freuen sich alle Menschen auf den Frühling. Sie genießen die ersten warmen Sonnenstrahlen und erfreuen sich am Gesang der Vögel, den ersten blühenden Blumen und dem zarten Grün der Bäume. Du kannst den Frühling mit allen Sinnen wahrnehmen, wenn du nach draußen gehst, und dich aufmerksam und hellhörig mit der frisch erwachten Natur beschäftigst. Möge es endlich richtig Frühling werden – meine Ohren freuen sich auf den Klang des neuen Lebens.

(Br. Benedikt Müller OSB)

 

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„In den Ohren wird der Schall aller nützlichen und unnützen Dinge gehört. Und durch diese wird der ganze leib in Bewegung versetzt. Auf ähnliche Weise hat auch die Seele eine Auseinandersetzung mit den Kräften der leiblichen Natur.“

Der dritte Monat ist ein Unruhestifter. ER gleicht dem jungen Menschen in der Zeit der Pubertät. Die heilige Hildegard fasziniert immer wieder durch ihre ganzheitlichen Vergleiche zu anthropologischen Bezügen. Der Mensch, der in der Mitte seiner Jugend steht, vergleicht die weise Nonne mit einem jungen Baum. Der junge Baum der zunächst aufblüht, um dann später reife Früchte trägt. Wie der Baum ist der Mensch den Stürmen der Elemente ausgesetzt. Es ist nun wichtig, dass der Mensch sich wie der Baum in seinen jungen Jahren auch tiefverwurzelt und einen Standpunkt entwickelt hat. Familie, Freunde, Vereine und Gemeinschaft sind er Nährboden für diesen Standpunkt in der Lebens.Gesellschaft.

Das Symbol des Baumes für den Menschen ist ein Urbild. Darum ist es nicht verwunderlich, dass Hildegard dieses Bild aufgreift. Stellen wir uns einen jungen Baum im Garten des Lebens einmal konkret vor unserem innerlichen Auge vor. Wenn wir den Stamm des Baumes betrachten, dann wissen wir, dass sich der Stamm bis unter die Erde fortsetzt. Dort teilt er sich dann in Wurzeln, die sich weit ins Erdreich verzweigen. Der Baum verwurzelt sich. Er verbindet sich mit der Erde. Er bekommt einen Standpunkt im Leben. Die Wurzeln geben ihm nicht nur einen sicheren Stand, sondern sie sind auch mit der Erde verbunden. Mit ihnen holt sich der junge Baum seine Energie und Nahrung aus dem Boden der Erde. Alles Lebensnotwendige zieht er aus dem Boden in seinen Stamm bis in die Äste, damit dort die Früchte des Lebens aufblühen, wachsen und reifen können.

Vielleicht nutzen wir ja die Fastenzeit dazu einen Baum zu pflanzen.

Aus den Visionen der heiligen Hildegard von Bingen:

„Wer beim Erklettern eines Baumes zuerst nach dem höchsten Zweig greift, der wird zumeist in plötzlichem Sturze fallen. Wer aber bei der Wurzel aufzusteigen beginnt, der kommt nicht so leicht zu Fall, wenn er vorsichtig weitergeht.“

(Br. Benedikt Müller OSB)

 

Mir persönlich gefällt wie heilige Hildegard von Bingen immer wieder mit ganzheitlichen Bildern unser menschliches Leben mit der Schöpfung in Einklang bringt bzw. mit den Geheimnissen der Natur einen Bezug auf unser menschliches Leben herstellt. Für den Monat März verwendet die heilige Nonne das Bild eines Unruhestifters und. Sie will hier einen Vergleich zu Jugendzeit des Menschen herstellen.

Die Jugendzeit ist von der Pubertät geprägt. Und jeder von uns weiß, dass dies eine Zeit ist, die für alle Beteiligten eine Herausforderung darstellt. Die Stürme der Jugend sind vergleichbar mit den Frühjahresstürmen die im März auftreten. Die Entwicklung des Kindes zum Erwachsenen wühlt den jungen Menschen in seinen Pubertätsphasen bis in den innersten Kern auf. In dieser Zeit wächst aber innerlich vor allem ein neues Bewusstsein in der menschlichen Seele heran. Ein Bewusstsein, das sich vom selbstverständlichen und einfachen Dasein des Kindes weg-entwickelt. Sinnfragen über das Leben spielen in dieser Zeit eine westliche Rolle im Seelenleben des jungen Menschen: Wer bin ich? Wo will ich hin? Was soll aus mir werden?  Der junge Mensch ist innerlich unsicher… Mann oder Maus? Die Natur ist im März ebenso noch in sich unsicher… Frühling oder Winter? Der junge Mensch weiß noch nicht was er werden soll oder wer er ist. Was jungen Menschen aber wissen, nur nicht so wie die Eltern werden. Diese Unruhestifter-Zeiten ob im Menschen oder in der Natur sind geprägt von Ruhelosigkeit, Unausgeglichenheit, Großspur- oder Großsprechigkeit, Ruppigkeit, Empfindlichkeit. Es bedarf der Zeit um zu werden, wer du bist.

Die heilige Hildegard von Bingen erinnert uns mit ihrem Bilde des Unruhestifters im Hinblick auf den Monat März und die Jugendzeit des Menschen aber auch daran, dass das Erwachsenwerden eine lange Zeit beanspruchen kann.  Die Zeit der Reife ist sich nicht mit dem Ende der Pubertät abgeschlossen, sondern kann ein ganzes Leben dauern. Die Fastenzeit will uns motivieren uns innerlich die Frage zu stellen, in wie weit in uns noch eine jugendliche Unruhe steckt, die sich mit den Fragen des Lebens auseinanderzusetzen:

  • Was war in der letzten Zeit?
  • Was ist mir wichtig und heilig?
  • Was möchte ich loswerden?
  • Welche Befürchtungen habe ich?

(Br. Benedikt Müller OSB)

 

Aus den Visionen der heilige Hildegard von Bingen:

„Der Mensch ist den Stürmen ruheloser Sitten ausgesetzt, wenn er begreift, wozu der fähig ist, weil sein Mark schon fett ist und seine Adern voll sind. Und dann hat die Seele in ihm eine wehklagende und jammernde Stimme, weil der Schmerz über ihre Sünden mehr und mehr zunimmt. Denn die Seele ist ja jenes Leben im Menschen, das alles in ihm bewegt.“

Die heilige Hildegard von Bingen nennt den März einen Unruhestifter. In dem Wort „Unruhe“ versteckt sich die Botschaft in ständiger Bewegung zu sein. Ein passendes Bild der Magistra vom Rupertsberg für den Monat März. Nach der scheinbaren Leblosigkeit in den Wintermonaten gerät nun vieles in der Natur in Bewegung. Wahr es noch im Februar im innerlichen verborgen, so kommt es im Laufe des Märzes ans Licht. Die bisher ruhenden Keime der Pflanzen regen sich von unter der Erde hinauf an das Licht der Erde. Die Sonne lockt sie mit ihren Strahlen hervor. Vom Dunklen ins Licht. Die ersten Frühlingsboten erscheinen im Garten, Wald und Flur. Ich erinnere mich an meine Kindertage und den Garten meiner Kindheit. Ich war jedes Jahr von neuem erstaunt mit welcher Kraft beispielsweise die Schneeglöckchen aufblühen, auch wenn sie (damals zu mindestens noch) sich manchmal durch den Schnee kämpfen mussten. Das Licht des Tages ändert sich. Die Luft reicht auf einmal so neu und frisch. Etwas Verheißungsvolles liegt sprichwörtlich in der Luft. Das ist noch heute so: Wir Menschen sind innerlich immer wieder überwältigt, wenn nach dem Winter die Wärme wieder ins Land kommt. Das neue Grün und die aufblühenden Frühlingsboten leuchten voller Lebendigkeit in unsere Welt hinein und künden von einem neu Anfang. Wir selbst spüren diesen Wechsle auch, in dem wir wieder aktiver werden. Es zieht uns, nach den dunklen Tagen, wieder an das Licht. Wieder spüren die Sehnsucht nach Licht. Die Fastenzeit, die oft im Monat März liegt, will uns auf diesen Schritt vom Dunklen ins Licht vorbereiten, in dem wir uns durch Achtsamkeit im Alltag dem neuen Leben nähren und uns so auf den Zauber des Anfangs immer wieder vorbereiten können.

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Der dritte Monat, der als Unruhestifter erscheint… Durch das Blasen der verschiedenen Winde bewegt er auch alle Keimlinge der Erde.

Mit offenen Augen durch die Natur spazieren gehen. Schlendern ist Luxus, aber gerade in den Tagen der Fastenzeit dürfen wir uns diesen Luxus erlauben und gönnen. Liegt im Februar noch Schnee dann sieht die Welt verzaubert aus. Ein sonniger, kalter Wintertag lädt ein durch Wald über Wiesen und Feldern zu gehen. Ich kann meine Spuren im Schnee sehen oder im Wald die Spuren der Waldbewohner entdecken. Oft ist es dann sehr still. Winterruhe vor den Frühlingsstürmen, die das Leben bringen. Wenn die Sonne scheint sind meine Augen oft durch das weiß des Schnees und dem hellen Licht der Wintersonne geblendet. Wenn der Schnee getaut ist kommen die alten Blätter des Herbstes zum Vorscheinen und ganz langsam verändert sich die Natur. Schneeglöckchen blühen und die Weisen beginnen langsam ihre Grünkraft zu bekommen. Die Tage werden wieder heller. Die Vögel zwitschern am Morgen. Kraniche und Wildgänse kehren zurück. Meine Augen nehmen die Veränderung der Natur war.

Aber oft kommt es im Winter auch vor, dass wir, bedingt durch die viele Heizungsluft, eine Art Trockenheit in den Augen spüren. Die Augen jucken und brennen. Was da hilft: Hinaus in die Natur. Die natürliche Feuchtigkeit des Februars in der Natur tut unseren Augen gut, so schrieb es schon vor über neunhundert Jahren die heilige Hildegard von Bingen, die Propheta Teutonica, in ihren Werken auf. Sie setzt den Monat Februar in einen Bezug zu den Augen des Menschen.

Hildegard von Bingen schreibt in ihren Werken, dass der Monat Februar seine Entsprechung in den Augen findet. Sie meint mit den Augen nicht nur das physische Auge, sondern auch das innere Auge – die Seele! Laut der Magistra vom Rupertsberg befeuchtet ein klarer und ungetrübter Blick nämlich auch die Seele des Menschen. Der heiligen Hildegard geht es vor allem um die Säuberung der Gedanken. Der Februar steht für Reinigung und einen klärenden Blick und dazu lädt uns auch die Fastenzeit ein. Gehen wir in den nächsten Wochen mit einem Klaren und achtsamen Blick durch unser Leben.

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Am frühen Morgen oder bei Tagesanbruch nimm ein frisches Rosenblatt und lege sie über deine Augen. Es zieht den Sagt, das ist das Triefen, aus ihnen heraus und macht sie klar.“

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Wenn der Mensch helle, klare und durchsichtige Augen hat, ist er gesund und besitzt die Kennzeichen des Lebens.“

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

„Wie durch den Saft alle Früchte des Baumes wachsen, so werden durch die Seele alle Werke des Menschen vollendet.“

 

Wenn die heilige Hildegard von Bingen schreibt, dass der Menschen seinen Tempel mit Umsicht in Ordnung halten soll, dann meint sie damit unseren Körper. Gott hat uns Menschen nach seinem Abbild geschaffen. Wir alle sind vom selben Blut. Wir alle sind Kinder des Himmels. Geschaffen durch Gottes wunderbare Liebe. Wenn wir Abbild Gottes sind, dann wir sind nicht Profan sondern Heilig. Jeder von uns in seiner eignen Einzigartigkeit ist ganz wunderbar erschaffen. Bunt und wertvoll voller Würde.

Hildegard lebte ihr ganzes Leben als Benediktinerin in der Wahrnehmung des göttlichen Lichtes. So beschreibt es die Sybille vom Rhein an vielen Stellen ihrer Werke. Sie sieht im Schöpfungswunder „Mensch“, dass er, wie alles in der Natur, ein Geschenk Gottes ist. Dennoch weiß sie darum (letztlich wie wir ja alle auch), dass der Leib des Menschen eines Tages wieder zu Erde wird. Hildegard fordert uns auf mit unseren Leib achtsam umzugehen. Den Körper und die Seele zu reinigen und zu säubern. So wie es uns die Natur im Monat Februar vorlebt. Die Schöpfung bereitet sich auf das neue Leben, dass im Frühling durch die schöpferische Grünkraft aufblüht und aufkeimt, vor. Wir sollen uns auch auf das NEUE vorbereiten und dafür schenkt der Februar uns eine gute Zeit, denn oft beginnt die Fastenzeit in diesem Monat. Fastenzeit – die österliche Bußzeit – gilt als Vorbereitung auf Ostern und somit auf das Leben. Eine Zeit der Reinigung. Eine Zeit alles achtsam im Blick zu nehmen. Der Aschermittwoch will uns dies mit dem Symbol des Aschekreuzes deutlich vor Augen stellen und verständlich machen. Symbole helfen uns den Sinn des Lebens fühlbar zu verstehen. Die Asche ist von alters her ein Mittel der Reinigung gewesen. Nutzen wir die nächsten Wochen um unseren Tempel – unseren Körper – zu reinigen, damit wir unser wunderbares Leben klar leben können. Nutzen wir die nächsten Wochen um Station auf unserem Lebensweg zu halten.

Du hälst Station auf deinem Lebensweg. Einen Weg gehen, ist immer ein Aufbruch in eine neue Zukunft. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne! Und jeder Anfang birgt viele neue Möglichkeiten. Überlege dir, wie es in dem vorliegenden Jahr mit dir weitergehen soll. Mache neue Pläne, finde neue Ziele für dein Leben, träume neue Träume. Nutze den Zauber, fordere die Möglichkeiten heraus und beginne einen neuen Abschnitt. Was wäre möglich? Wohin soll es gehen? Welche Ziele möchtest du erreichen?

(Br. Benedikt Müller OSB)

Aus den Visionen der heiligen Hildegard von Bingen:

„Mensch, bedenke, was du warst, als do noch als Gerinnsel im Schoß deiner Mutter lagst. Du warst nämlich ohne Bewusstsein und ohnmächtig, als du ins Leben gerufen wurdest. Doch dann empfingst du Geist, Beweglichkeit und Gefühl, damit du dich lebhaft regst und in deiner Bewegung nutzbringenden Gewinn erkennst.

Sonntags.Impuls: Hildegard von Bingen – Februar II

Erst Schnee, dann Regen, dann Frost, dann Nebel, dann Sonne! Der Schnee verdeckte kurz die Welt. Dann der Regen. Der Regen wäscht alles das Alte und Verbrauchte weg. Der Regen im Februar säubert. Eisig der Frost in den Februarnächten. Der Frost scheint alles einfrieren zu wollen. Träume und Vorhaben aus Eis legen oder sie zu konservieren. Dann der Nebel. Der Nebel verschleiert die Dinge – die Dinge, die unnötig geworden sind und belasten oder die Dinge die geheim sind, dass was keiner sehen oder wissen soll. Aber der Nebel verschleiert auch noch das, was im Geheimen neu wachsen will, aber noch Zeit braucht. Dann die Sonne. Sie will ans Licht holen und Klarheit schaffen. Es wechseln seltsam die Dinge im Februar und doch bekommt man die Ahnung des Frühlings mit allen Sinne zu spüren. Schnee, Regen, Nebel und Sonne – irgendwie muten sie alle an, als ob sie in diesem Monat etwas reinigen wollen bevor es ans Licht kommt oder verschwindet. Die Natur scheint sich selbst zu reinigen.

Laut Hildegard von Bingen steht der Monat Februar für die Reinigung und für einen klärenden Blick auf die Dinge. Nutzen wir in diesem Monat und schenken uns eine Zeit voller Achtsamkeit, um uns zu reinigen bzw. zu klären.

Nutze die Zeit und reinige deine Gedanken. Nutze die Achtsamkeit der Stille, um in deinen Gedanken nach alten Träumen aus deiner Kindheit oder aus der näheren Vergangenheit zu suchen. Welchen Traum wolltest du dir einmal erfüllen? Was wolltest du einmal tun? Welche Träume sind fast in Vergessenheit geraten? Wenn du möchtest, kannst du die Stille als Anlass nehmen, die Verwirklichung einiger Träume neu anzugehen und sie aufzuschreiben

Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:

Halte deinen Tempel mit Umsicht in Ordnung, damit jene Grünheit, in der du Gott mit Liebe empfängst, nicht Schaden nehme, weil Gott deine Seele sehr lieb hat.“

(Br. Benedikt Müller OSB)