Der Text wurde von Jacqueline Wolf und Noah Dawedeit eingelesen.
Am 15. August war auch der Gedenktag der Mystikerin Mechthild von Magdeburg. Mechthild stammte aus einer vornehmen Familie und zeigt sich in ihren Schriften mit der ritterlichen Kultur gut vertraut. Mit etwa zwölf Jahren setzten erste mystische Erfahrungen und das Verlangen ein, „in elender Niedrigkeit“ zu leben. Mit 20 Jahren verließ sie ihre Familie und lebte in einer Beginengemeinschaft in Magdeburg, wo sie auch Umgang mit den dort ansässigen Dominikanern hatte. Ihr Bruder Balduin wurde Subprior der Dominikaner in Halle, und ein anderer Dominikaner, Heinrich von Halle, wurde ihr Beichtvater und Förderer wie Kritiker ihrer mystischen Werke, die sie ab etwa 1250 aufzuzeichnen begann. Um 1270 ins Zisterzienserinnenkloster Helfta bei Eisleben zurück, wo die bedeutenden Mystikerinnen Gertrud von Helfta und Mechthild von Hackeborn noch von ihr Anregung erfuhren. Am Ende ihres Lebens schwerkrank und fast blind, verstarb sie 1282 hochbetagt und hatte die insgesamt sieben Bücher des Fließenden Lichts der Gottheit vollendet, die ersten deutschsprachigen mystischen Aufzeichnungen und einer der Höhepunkte der Frauenmystik. Mechthild von Magdeburg hat die Motive der Christus-Minne, also Christus und die Seele neigen sich in Liebe zueinander, in ihren Vision offenbart – auch den Minnetanz. So schreibt Mechthild:
Da spricht sie [=die Seele]:
Ich kann nicht tanzen,
Herr, wenn du mich nicht führst.
Soll ich sehr springen,
Muß Du selber vorsingen,
Dann springe ich in die Minne,
Von der Minne in die Erkenntnis,
von der Erkenntnis in den Genuss,
vom Genuss selber alle menschlichen Sinne.
Dort will ich verbleiben und doch höher kreisen.
(aus „Der mystische Tanz“ der Mechthild von Magdeburg)
Tanzen. Vielleicht kann man sagen: Wir tanzen durchs Leben. Und tanzen ist ja auch etwas kre-aktives – ein schöpferischer Ausdruck des Geschöpfes geben vom Schöpfer. Der Mensch tanzt vor Gott, der ihn erschaffen hat. Im Frühling scheint es, dass die ganze Erde in ihrem Aufblühen tanzt. Das drückt Psalm 113 so aus: „Tanze du Erde vor dem Antlitz des Gottes Jakobs.“ Der Weg des Lebens, als Tanz des Lebens. Die große deutsche Tänzerin Pina Bausch (+2009) hat es einmal so wunderschön ausgedrückt: „Tanzt, tanzt, sonst sind wir verloren.“!!! Gott und der Glaube fordern uns zum Tanz des Lebens auf. Im Tanz drücken wir unsere menschliche Freiheit aus, weil wir erlöst und nicht verloren sind. Das offenbart schon vor über 800 Jahren die hl. Mechthild: Das Leben ist ein Tanz!
(Br. Benedikt Müller OSB