Kräftig und hitzig, aber auch laut! Im modernen Sprachgebrauch können wir sagen: Der Juni hat viel Power. Diese braucht er aber auch, weil sehr viel Arbeit auf ihn wartet. Es ist jetzt richtig viel zu tun. Die Blüte ist vorbei, Früchte haben angesetzt und müssen wachsen und reifen. Wärme, Luft und Wasser sind nötig, um den geheimnisvollen Vorgang des Reifens vorwärtszubringen. Dabei neigt derb Juni zum Übermaß: Er ist nicht nur warm, sondern auch heiß und trocknet mit dieser heißen Luft den Boden aus. Er spendet nicht nur Regen, sondern schüttet in Wolkenbrüchen gewaltige Wassermassen aus. Für diese Kraft des Monats Juni sieht die hl. Hildegard von Bingen eine Entsprechung in den Schultern des Menschen. Sie schreibt: „Dadurch wird auf die Schultern des Menschen hingewiesen, die in ihrer Wärme ebenfalls trocken sind, die jede Arbeit unterstützen und so den ganzen Körper erhalten.“ In den Schultern zeigt sich die Kraft eines Menschen. Wer die Schultern hängen lässt, hängt nur ab und ist in sich selbst kraftlos, aber auch unfähig etwas zu leisten. Der Volksmund spricht davon, dass wir etwas schultern müssen, wenn eine Aufgabe vor uns liegt oder wenn jemand viel zu tun hat, sagen wir, dass er sich die Schultern aber voll beladen hat. Der gesunde, kräftige Mensch braucht eine Tätigkeit. Er muss ein Werk vor sich haben, wie es die hl. Hildegard ausdrückt. Denn Gottes Auszeichnung gegenüber dem Menschen ist es, dass der Mensch die Welt kre-aktiv gestalten soll. Und zwar mit seinen Talenten, die er auf seinen Schultern trägt. Der Mensch ist ein geschaffenes Werk, das selbst wieder schöpferisch tätig sein kann.
(Br. Benedikt Müller OSB)
Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:
„Der sechste Monat ist mit seiner Hitze recht trocken und mildert diese durch den Lufthauch, der die Früchte zur Reife bringt. Aber er schüttet auch manchmal gewaltige Wassermassen mit den gefährlichen Schallwellen der Donnerschläge aus, diese jagen dem Menschen Furcht ein.“
Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:
„Die Schultern, die alle Feuchtigkeit der Eingeweide und der anderen Organe des Menschen und damit den ganzen Organismus tragen, haben eine beachtenswerte Ähnlichkeit mit dem Gehör, welches der Anfang der Seele ist.“
Aus den Visionen der hl. Hildegard von Bingen:
„Durch die Ohren wird der Schall aller nützlichen und unnützen Dinge gehört. Und dadurch wird der ganze Leib in Bewegung versetzt. Auf ähnliche Weise hat auch die Seele eine Auseinandersetzung mit den Kräften der leiblichen Natur, weil sie den Leib belebt und durchströmt und mit ihm gleichsam wie mit Gefäßen verflochten wird.