Fasten.Impuls „Brief“

Briefe bezeugen die eigene Gefühlswelt. Sie sind besonders. Briefe übermitteln alles. Glück, Leid, Freude, Trauer, Enttäuschung, Existenzangst. Das macht sie auf gewisse Weise menschlich. Sie können persönlich sein oder ganz oberflächlich. Von Menschen oder Maschinen geschrieben. Briefe sind Zeugnisse der Zeit. Sie können im Briefwechsel die Lebensphasen eines Menschen widerspiegeln. Sie decken Gefühlswelten auf. Sie können Beziehungen zerstören, weiterentwickeln oder bezeugen. Sie entscheiden über die Gegenwart, die Zukunft und die Wahrnehmung der Vergangenheit.  Briefe geben uns Aufschluss über unsere Taten. Sie können unser Denken beeinflussen. Briefe können Bekenntnisse sein.

Briefe bedeuten mir die Welt, weil sie mir diese Welt erklären. Sie können mir die Vielfalt des Lebens zeigen. Jedes gewählte Wort ist auf gewisse Art einzigartig. Weil es von uns kommt. Weil wir es aus unserem persönlichen Wortschatz ausgewählt haben und mit diesen Worten unglaubliches ausdrücken können. Wir leben die Sprache und geben sie weiter. Wir drücken uns aus. Dieser Umstand macht Briefe zu wertvollen Relikten der menschlichen Welt. Wir haben das Briefe schreiben weiterentwickelt wie viele andere Facetten unseres Lebens auch.

Briefe bedeuten mir die Welt. Ich liebe sie. Jeden einzelnen von ihnen. Sie drücken unsere Persönlichkeit, unsere Beziehungen zu Menschen aus. Wenn ich einen Brief schreibe, dann mache ich das ganz bewusst. Ich nehme mir das Papier, nehme mir die Zeit. Es ist meine Zeit und ich setze sie dafür ein, in einem anderen Menschen etwas innerliches zu bewegen, im besten Fall, um diesem Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, weil ich ihn liebe, weil ich diesen Menschen in meinem Herzen trage. Ganz plötzlich und vielleicht sogar ganz unverhofft. Ich nehme mir die Tinte. Entweder sie fließt aus der Feder meines Füllers oder der Patrone meines Druckers, vielleicht aber auch vom Tintenband meiner Schreibmaschine. Ich liebe Schreibmaschinen. Das ist eine andere Geschichte.

Wir leben, also drücken wir uns aus. Wir lieben, darum leben wir.

Dieser Text ist am Ende vielleicht eine kleine Liebeserklärung an ein unscheinbares Stückchen Papier. Hergestellt aus den Fasern unserer Schöpfung. Mit Liebe ausgewählt. Vielleicht kann dieser Text dann aber auch viel mehr sein als das. Dann sind meine Worte eine Liebeserklärung an den Ausdruck der menschlichen Gefühlswelt und Einzigartigkeit. Und im Grunde, wenn ich diesen Text ausdrucke, dann kann er selbst zum Brief werden. Dann wird dieser Text durch die Welt geschickt. Vielleicht sogar in Form eines digitalen Links. Wir haben das Briefe schreiben weiterentwickelt wie die anderen Facetten unseres Lebens auch. Der Wert des geschriebenen Worts wird dabei niemals verloren gehen. Wie groß dieser Wert ist und ob er sich auszeichnen kann, das liegt allein an uns. Das liegt an unserer Auffassung des Lebens, an der Auffassung unseres Ausdrucks der Liebe, dem Ausdruck unserer Menschlichkeit.

„Geliebte, wir wollen einander lieben; denn die Liebe ist aus Gott und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist Liebe. Darin offenbarte sich die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben.“

Aus dem ersten Brief des Johannes (1 Johannes 4, 7 ff.)

Helena Minner, Jahrespraktikantin

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