Fasten.Impuls „Clown“

Eine italienische Legende erzählt von dem alt gewordenen Clown Giovanni, der auf dem Weg in seine Heimatstadt in einer Klosterkirche Schutz vor Wind und Regen suchte. Er war müde und legt sich in eine der Kirchenbänke und schlief ein. Plötzliche weckte ihn Musik auf. Die Kirche glänzte im Kerzenlicht und war voller Menschen, die GLORIA IN EXCELSIS sangen. Der alte Clown Giovanni konnte kaum seinen Augen trauen. So viel Pracht. Eine lange Reihe von Mönchen, Nonnen und Menschen aus der Stadt schlängelte sich durch die Kirche.  Jeder hatte ein kostbares Geschenk bei sich, das er vor einem Bild niederlegte – dem Bild einer Frau mit ihrem Kind.  »Was geht hier vor? «, fragte Giovanni eine Frau, die dicht neben ihm stand. »Nun, alter Mann, heute ist der Geburtstag des heiligen Kindleins«, antwortete die Frau. »Und in der Prozession bringt ihm jeder seine Geschenke.«

Überrascht schaute Giovanni zu, bis die Prozession beendet war. Alle Leute verließen wieder die Kirche, und es wurde dunkel, nur nicht beim Bild der Frau mit dem Kind, denn das war umringt von brennenden Kerzen. Giovanni ging näher heran. Das Kind auf dem Schoß der Frau sah so ernst und streng aus. »Oh«, sagte Giovanni, »ich wollte, ich hätte auch etwas, was ich dir geben könnte. Dein Kind sieht so betrübt aus, trotz all dieser schönen Geschenke. Doch warte, früher brachte ich die Leute immer zum Lachen.« Giovanni öffnete den Sack, den er bei sich hatte, und holte sein altes Kostüm heraus. Dann malte er sich die Clownsmaske, rollte den Teppich aus und begann zu jonglieren. Erst die Stöcke. Dann die Teller. Dann ließ er die Teller auf den Stöcken drehen. Und dann jonglierte er mit den Keulen und den Ringen. Bruder Pförtner, der gerade die Türen der Kirche schließen wollte, sah Giovanni jonglieren. Er rannte davon, um den Abt zu holen. Aber davon merkte Giovanni nichts. »Und nun«, sagte Giovanni lachend zu dem Kind, »erst der rote Ball, dann der orangefarbene, dann der gelbe und der grüne, der blaue und der violette.« Giovanni wirbelte die Bälle immer höher und schneller durcheinander, bis sie wie ein Regenbogen aussahen. »Und jetzt«, rief Giovanni, »die Sonne an den Himmel!«

Der goldene Ball drehte und drehte sich höher und höher. Giovanni hatte in seinem ganzen Leben noch nie so gut jongliert. Höher und schneller, schneller und schneller. Die Farben tanzten durch die Luft. Es war ein prächtiges Bild. Giovannis Herz pochte. »Für dich, liebes Kind, für dich!«, rief er. Plötzlich hörte sein altes Herz zu schlagen auf. Giovanni sank tot zu

Boden. Der Abt und der Bruder Portier kamen herein. Der Abt beugte sich über den alten Mann und sagte: »Ach, der alte Clown ist tot. Möge seine Seele ruhen in Frieden!«

Aber Bruder Pförtner wich zurück und starrte mit offenem Mund auf das Bild der Frau mit dem Kind. »Seht nur« rief er und deutete mit der Hand darauf, »Seht nur!« Das Kind lächelte, und in seiner Hand hielt es den goldenen Ball.

 

(Verfasser unbekannt – eingereicht von Br. Benedikt Müller OSB)

 

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