Nach.Gefragt: Eine Shabbat-Feier im Benediktiner-Kloster?
Es war ein besonderer Moment, als sich einige Mönche am Freitagabend des 2. Juli 2021, dem Beginn des jüdischen Schabbat, gemeinsam mit Sarah Borowik-Frank in der Oase im festlich geschmückten Speisesaal zu einer kleinen Feier zur Begrüßung der Braut „Schabbat“ (so die eigentliche Bedeutung dieses jüdischen wöchentlichen Festes) versammelten. Frau Borowik-Frank, eine junge orthodoxe Jüdin, ist zur Zeit bei uns zu Gast und hat im Rahmen der Zertifikatsverleihung der Oberstufenakademie eine bewegende Festrede gehalten. Aus Dankbarkeit für die Gastfreundschaft, die sie im Kloster erfährt, hat sie die Mönche zur Schabbat-Feier eingeladen.
Dem Schabbatmahl geht ein Gottesdienst voran, in dem mit hebräischen und aramäischen Gesängen der jüdische Ruhetag, die Braut „Schabbat“, begrüßt wird. Neben traditionellen Gebeten und Lobpreisungen Gottes wurde in Bittgebeten auf aktuelle Ereignisse Bezug genommen. So erinnerte uns der Anschlag auf einen jüdischen Rabbiner in Boston keine 24 Stunden zuvor daran, dass jüdisches Leben weltweit von wachsendem Antisemitismus bedroht ist. Auch in Deutschland ist das öffentliche Begehen der jüdischen Rituale leider nur unter Polizeischutz möglich.
An den Gottesdienst schloss sich das Schabbatmahl an. Dazu wurden das Kiddusch-Gebet und der Segen über den bis zum Rand gefüllten Becher mit Wein gesprochen, der den Überfluss und die Fülle Gottes symbolisieren soll. Dazu wurde Challa gereicht, eine Art Hefezopf. Auch hierüber wurde der Segen gesprochen, und jeder erhielt ein Stück des mit Salz bestreuten Brotes. Vor dem Austeilen des Brotes ist es mit einer Decke verhüllt. Das weist auf die Heiligkeit auch der alltäglichen, von Gott gegebenen Dinge hin – ein Gedanke, der durchaus in ein benediktinisches Kloster passt, spricht doch der hl. Benedikt in seiner Regel davon, dass alle Dinge „wie heiliges Altargerät“ behandelt werden sollen.
Alle Anwesenden waren sich des außerordentlichen Privilegs bewusst, an dieser Schabbat-Feier teilnehmen zu dürfen. Nachdenklich stimmt den Schreiber dieser Zeilen, dass das öffentliche Praktizieren der jüdischen Rituale in Deutschland (und nicht nur hier) fast nur noch unter Polizeischutz möglich ist. Antisemitismus ist auch über 70 Jahre nach der Schoah leider immer noch eine Realität in unserem Land. Frau Borowik-Frank hat es sich zur Aufgabe gemacht, auch mit Hilfe der sozialen Medien und in vielen Vorträgen und Begegnungen auf die Realität jüdischen Lebens in Deutschland – in diesem Jahr blicken wir auf 1700 Jahre zurück – aufmerksam zu machen und gegen Antisemitismus die Stimme zu erheben. Wir Christen, die wir aus jüdischen Wurzeln entstammen, sollten dabei an ihrer Seite stehen!
Ein besonderer Dank geht an Sarah Borowik-Frank, dass sie ein wichtiges Ritual ihrer Religion mit uns geteilt hat. Schabbat Schalom – mögen wir uns in Jerusalem wiedersehen!
(P. Maurus Runge OSB)
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