Impuls am 4. Ostersonntag „Kresse“

„Und dass soll für dich das Zeichen sein: In diesem Jahr isst man, was von selbst nachwächst, im nächsten Jahr, was wild wächst; im dritten Jahr aber sollt ihr wieder säen und ernten, die Weinberge bepflanzen und ihre Früchte genießen.“

2 Könige 19,29

Wie sehr ich diesen Frühling liebe. Ich gehe in ihm in neuem Leben auf. Er ist in mir, ich spüre diese Jahreszeit in meinem Herzen. Ich beginne in mir zu säen, um zu ernten. Ich tanke Liebe durch die Sonnenstrahlen auf, die mich umgeben. Ich erlebe die Natur in mir. Vielleicht achte ich zu dieser Zeit noch einmal besonders auf vermeintliche Kleinigkeiten, Dinge, die in der Routine des eigenen Lebens oftmals gar keine Beachtung mehr genießen. Im Frühling erkenne ich jede einzelne Entwicklung der Natur. Ich kann ganz genau beobachten, wie alles wächst, blüht und neues Leben hervorbringt. Der Klostergarten ist voller Blüten zu dieser Zeit. Die Lämmchen spielen mit den Waldschafen und jeden Tag werden sie größer, bis man sie schließlich irgendwann nicht mehr von ihren Eltern unterscheiden kann. In dieser Erkenntnis ist dann aber auch schon wieder der Frühling vorbei. Dieser Kreislauf ist vergänglich und trotzdem von unglaublicher Beständigkeit und Sicherheit. Er spiegelt das Leben wider. Das Leben in der Natur, das Leben auf dieser Erde – unser Leben.

Als Kind habe ich diesen Prozess des Säens und Erntens auf einfache Weise zu Hause erleben dürfen.

Wir haben Kresse gesät.

In den Tagen um Ostern ist dieses unscheinbare Kraut immer mehr gewachsen, es hat sich entwickelt und ich konnte diese Entwicklung mit meiner kindlichen Neugier und Begeisterung ganz genau beobachten. Da wo anfangs nichts zu sehen war, nur Erde, wuchs bei guter Pflege und Fürsorge mit der Zeit etwas Wunderbares. Kleine grüne Gräser kamen aus der Erde hervor. Sie wuchsen und wuchsen und nach einigen Tagen konnte ich sie ernten, in einen Quark rühren und auf meinem Brot genießen. Nach dieser Ernte war die Kresse nicht tot, nein, sie wuchs weiter. Ich beobachtete einen Prozess, der mich durch die Osterzeit begleitete. Als Kind war allein dieses kleine Spektakel ein Meisterwerk. Heute beziehe ich diesen Prozess auf das Leben.

Ich befinde mich in einer Zeit der Erfahrungen, einer Zeit der Weiterentwicklung und des Wachsens. Ich erlebe meinen ganz persönlichen Frühling. Ich beginne meine Talente in die Welt zu säen und beobachte, wie sie wachsen. Ich beobachte, wie ich andere mit diesen Talenten inspirieren, begeistern und begleiten kann.

Ich wünsche mir schon jetzt zu ernten, ich möchte hinaus in die Welt doch ich stecke noch in den letzten Zügen einer Erfahrung, die mich auf einzigartige Weise prägte und die erst in einigen Wochen auf gewisse Art abgeschlossen sein wird. Wenn ich so will, dann bin ich in mir zu dieser Zeit meine eigene Kresse, mein eigenes unscheinbares Kraut, das mit der Zeit unglaubliches erfahren kann – Wertschätzung, Dankbarkeit, Freude, Liebe. Fühle ich diese Entwicklung, dann fühle ich etwas tief in mir. Eine Zeit der Begeisterung, ein innerer Frühling. Dann bin ich umgeben von den Menschen, die sich um mich sorgen, für mich da sind, mich wertschätzen, fördern, lieben. Dann fühle ich mich geborgen und sicher. Ich spüre die Gewissheit, dass ich bald vollkommen bereit sein werde.

Der Kreis des Lebens ist mein ewiger Begleiter. Mein Glaube an diesen Gott bestärkt mich, befreit mich, lässt mich Erfahrungen machen und wachsen.

Noch ist Frühling, doch in wenigen Wochen schon, darf ich ernten.

„Am Morgen beginne zu säen, auch gegen Abend lass deine Hand noch nicht ruhen; denn du kannst nicht im Voraus erkennen, was Erfolg haben wird, das eine oder das andere, oder ob sogar beide zugleich zu guten Ergebnissen führen.“

Prediger 11,6

(Helena Minner, Jahrespraktikantin)

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