27.12.: Es ist ein Ros entsprungen

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Der Mönch und die Rose

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Und der Wind weht kalt um die Mauern des Klosters. Der Himmel ist verhangen, so dass sich das
Mondlicht nicht im Spiegelganz auf dem alten Klostersee widerspiegelt kann. Ist es Tag? Ist es Nacht?
Die Tage sind stetig kürzer geworden und oft es ist es grau – grau – grau… Sanft und leise, in aller
Stille, rieselt der Schnee. Wie ein weißes Tuch legt er sich über die Klosterwelten. Es ist im Advent
Anno Domini 1587. In der Karthause zu Trier sitzt Bruder Conrad am Fenster seiner Zelle. Endlich nach
Tagen der grauen Wolken und des Schneefalls scheint die Sonne. Bruder Conrad sitzt und schweigt.
Schwiegen heißt hören. Er hört innerlich in sein Herz. Still ist es. Und die Kristalle des Schnees glitzern
im Licht der Sonne wie kleine Edelstein. Bruder Conrad blickt durch das Fenstergitter seiner Zelle in
den Garten. Ja, dieser Sommer ist längst gestorben. Das letzte Grün, das manche Büsche noch getragen
hatten, ist eine Erinnerung an längst entschwundene Zeiten. Ach bittrer Winter, wie bist du kalt. Du
hast den Wald entlaubet. Entflogen ist uns Frau Nachtigall. Wann wird sie wieder singen? Und doch
im Zauberglanz des Schnees hat der winterliche Garten immer etwas Verwunschenes. Still im
Schneeglanz liegt er da oder Nebel durchziehen ihn oder Der Frost verzaubert ihn. Und es wirkt als ob
er träumt. Bruder Conrad tritt in seinen kleinen Kartäuser-Garten. Ein Rabe krächzt und fliegt über das
Kloster. Sonst tiefes Schweigen und Stille. Ach bittrer Winter, wie bist du kalt! Weißer Rauch steigt
aus den Schornsteinen der kleinen Zellenhäuschen der Karthause auf. Du hast verblühet die Blümlein
auf der Heiden. „Winter.Grau“! Die bunten Blümlein sind worden fahl. Bruder Conrads Blick wandert
auf das Rosenbeet. Im weißen Schnee leuchtet etwas Rotes heraus. Eine Rose im Schnee. Wie
wunderschön sie aussieht. Zauberleuchten im winterlichen Weiß! Die Einsamkeit der Rose im Schnee
schenkt Hoffnung. Ein Hoffnungslicht entzündete sich in diesem „Augen.Blick“ im Herz des Mönches.
Und leise beginnt es wieder sanft zu schneien, an diesem Tag im Advent Anno Domini 1587. Ach
bittrer Winter, wie bist du kalt. Bruder Conrad geht in seine Zelle zurück. Mit dem Bild der Rose im
Schnee im Herzen nimmt er die Heilige Schrift und liest beim Propheten Jesaja: „Doch aus dem
Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht“. Es beginnt
zu dämmern. Bruder Conrad entzündet die Kerze an seinem Schreibpult und dichtet das Weihnachtslied
von der Rose. „Es ist ein Ros entsprungen aus einer Wurzel zart. Wie uns die Alten sungen, von Jesse
kam die Art und hat ein Blümlein bracht mitten im kalten Winter wohl zu der halben Nacht.“ Mitten im
kalten Winter blüht ein wunderschönes Blümlein auf. Eine Rose wird uns geschenkt: Jesus Christus!
(Br. Benedikt Müller OSB)

Hintergrund zum Weihnachtslied „es ist ein Ros entsprungen“
Die Volksfrömmigkeit erzählt die Legende von einem Mönch, der zur Weihnachtszeit in seinem verschneiten
Klostergarten eine blühende Rose entdeckt und daraufhin dieses Lied gedichtet haben soll. Der Wahrheitskern
dieser Legende ist, dass die älteste überlieferte Handschrift unseres Liedtextes tatsächlich von einem Mönch
namens Conradus aus Trier stammt. In seinem Nachlass befand sich ein persönliches Notiz- und Andachtsbuch
mit Gebeten, geistlichen Gedanken und Texten. Darunter findet sich auch der Text der ersten beiden Strophen
unseres Liedes. Zu datieren ist der Eintrag etwa auf das Jahr 1587/88. Textwissenschaftler gehen jedoch davon
aus, dass der Kartäusermönch die Zeilen aus der Erinnerung heraus aufgeschrieben hat und dass sie ihm
möglicherweise von Kindesbeinen an vertraut waren. Gut möglich, dass es ursprünglich ein Kinderrätsel war, das
erst später zum Rätsellied wurde. Strophe eins formuliert das Rätsel. Sie fragt: „Wer ist diese Rose?“ Strophe
zwei gibt die Antwort. Die lautete ursprünglich noch so: „Das Röslein, das ich meine, davon Jesaja sagt, ist
Marie die reine, die uns das Blümlein bracht.“ (Karin Lipps)

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