26.12.: Hirten.Feuer

Sie lagern auf freiem Feld und halten Nachtwache bei ihrer Herde. Die Hitze des Tages ist der Kälte gewichen, ein kleines Feuer, die Schafe. Jede Nacht! Ein idyllisches Bild? Vielleicht, wenn man es aus der Perspektive immer verfügbaren Lichtes, wohliger Wärme, eines übervollen Kalenders und Instagram-Accounts betrachtet.

Da sitzen sie – die Hirten, und versuchen, so viel Wärme wie möglich aufzunehmen; versuchen ihren Alltag zu bewältigen, mit der Dunkelheit zu bedecken und ein wenig zu vergessen. Jede Nacht. Jede Nacht? War da kürzlich nicht eine ganz anders?

Hier könnte man jetzt fortfahren mit dem, was als Weihnachtsgeschichte bekannt ist. Lassen wir einmal Glanz und Gloria oder süßlich romantischen Kitsch beiseite. Was für Botschaft: Der Ursprung allen Lebens kommt wie jeder Mensch zur Welt! Gott ist anders! Lukas, von dem uns die Geschichte im ersten Jahrhundert überliefert wurde, schreibt sie auf Griechisch. Was wir Krippe nennen, heißt im griechischen Schweinetrog. Gott geht bis in die letzte Niedrigkeit, um dem Menschen nachzugehen.

Die Hirten stehen am Schweinetrog mit dem Kind darin; schauen, staunen? Sie sind die ersten Zeugen dieses Ereignisses, das die Welt so grundlegend verändert hat, auch wenn das nicht immer zu spüren ist. Die Hirten gehörten zu den niedrigsten im Volk, man unterstellte ihnen allerlei Böswilligkeiten und Kriminelles. Zugleich ist der Hirte einer der sammelt und beschützt, der verantwortlich ist für seine Herde bis zum Einsatz seines Lebens. Gilt in gleicher Weise auch für Hirtinnen, die allerdings zu Lukas‘ Zeiten noch nicht so häufig waren.

Und nun? Lukas erzählt weiter: “Als sie es sahen, gaben sie das Wort kund, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über das, was von den Hirten zu Ihnen gesagt wurde.“

Du musst dafür – hier einsetzen, was einem wichtig sein soll/ist – brennen“. Was kann uns „brennen“ machen, ohne uns zu „verbrennen“? An der Krippe muss etwas „gezündet“ haben, dass die Hirten losgehen und allen davon erzählen. Nicht, als ob sie irgendeine belanglose Begebenheit oder Geschichte erzählten, sondern mit strahlenden Augen, ein wenig außer Atem, begeistert, nicht zu bremsen. Vielleicht erinnern wir uns an solche Augenblicke im eigenen Leben?

  1. Dezember: Zweiter Weihnachtstag steht in den meisten Kalendern. Die Kirche gedenkt heute eines Mannes namens Stephanus. Die Apostelgeschichte (übrigens auch von Lukas) berichtet, dass Stephanus „voll Gnade und Kraft Wunder und große Zeichen unter dem Volk“ tat und darum auch nicht unangefochten war. Diejenigen, die mit Stephanus stritten, konnten „der Weisheit und dem Geist, mit dem er sprach, nicht widerstehen“. Sie werden gewalttätig: Stephanus wird zu Tode gesteinigt. Sterbend bittet er um Vergebung für die Täter. Dass die Kirche am 26. Dezember an Stephanus erinnert, der für und in seinem Glauben an den gekreuzigten und auferstandenen Christus und seine Erlösung starb („Märtyrer“), ist viel älter als das Weihnachtsfest. Vielleicht wurde und wird seine Geschichte gleich nach der Weihnachtsgeschichte erzählt, weil die Kraft und die Begeisterung des Stephanus den gleichen Ursprung haben, wie das Feuer, das in den Hirten entzündet wurde.

Für mich gibt der französische Komponist Camille Saint-Saëns in seinem Oratorio de Noël einen Hinweis auf den Ursprung dieser Begeisterung, dieses antreibenden Feuers, das die Hirten erfahren und aus dem Stephanus lebt. Es ist die Begegnung mit dem, der mich ganz direkt meint, seit Anbeginn der Schöpfung. „Et indendit mihi“ heißt es in einer Arie auf Latein. Seine Intention, seine Absicht war ich, besser: bin ich. Jede und jeder „ich“ mit meiner Schwachheit und meiner Stärke, mit meiner Lust und Trägheit. Gott meint mich als heiles und geliebtes Geschöpf. Nicht die Häufigkeit des Kirchgangs oder die caritativen Werke sind letztlich wichtig. Es geht um meine Verbindung mit der Quelle, aus der ich schöpfen kann – für mein Handeln oder Lassen in der Welt.

(Olaf Litwiakow, Referent der Oberstufenakademie)

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