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HIMMELS.KLANG

Ooh, baby, do you know what that’s worth?

Ooh, Heaven is a place on Earth

They say in Heaven, love comes first

We’ll make Heaven a place on Earth

Ooh, Heaven is a place on Earth

Und plötzlich erschien mit dem Engel

das ganze himmlische Heer,
die Gott lobten und sprachen:

Ehre sei Gott in der Höhe

und auf der Erde
Friede den Menschen seines Wohlgefallens!

Belinda Carlisle 1987 Camille Saint-Saëns, Oratorio de Noël, nach Lukas 2, 8-14
Einfach nur wegen dir hängt mein Himmel voller Geigen

Und sie spielen jeden Tag mein Lieblingslied

Einfach nur weil du da bist, kann ich mein Leben wieder leiden

Einfach hammer, einfach geil, dass es dich gibt

 

Mit dir hab ich den Himmel hier auf Erden

Du rettest all die Träume tief in mir

Du bist mein Neubeginn
und es macht so viel Sinn mit dir

Du lässt mich meine Flügel wieder spüren

Ein absolut vollkommenes Gefühl

In jedem Augenblick, nur noch pures Glück mit dir

Matthias Reim 2018 Andrea Berg 2019

 

Wie klingt der Himmel?

Schauen wir hinauf und versuchen alle Umgebungsgeräusche auszublenden – nichts!

Und doch scheinen HIMMEL und KLANG für uns Menschen irgendwie verbunden. Und das nicht erst seit kurzem. „Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes und das Firmament kündet das Werk seiner Hände“ bekundet schon der Dichter des 19. Psalms (Ps 19,2).

Heute ist Weihnachten. In der „Weihnachtsgeschichte“ klingt es mächtig vom Himmel. Die „himmlischen Heerscharen“; eine Armee, die singt. Der Friede, der den Menschen zuteilwerden soll, geht von der Allmacht Gottes aus als Gesang über die Welt. Das Wort, das die ganze Schöpfung ins Dasein, ein Hauch, der den Menschen ins Leben rief, eine Melodie des Lebens. Heaven is a place on Earth.

Egal über welches Medium: Was wir hören und sehen, klingt nach allem anderen als „Heaven is a place on Earth“. Es kostet Kraft, gegen die scheinbar unumstößliche Macht von Haß, Gewalt, Krieg, Mißbrauch, Egoismus, Unvernunft – kurz dessen, was auch „das Böse“ genannt wird – anzuglauben: They say in Heaven, love come first. We’ll make Heaven a place on Earth.

„Einfach nur weil du da bist, kann ich mein Leben wieder leiden“ und „Du lässt mich meine Flügel wieder spüren.“ Liebeslieder nutzen gern die Assoziation des Himmels, der dann auch mal voller Geigen hängen darf. In diesen Liedern geht es fast immer um ein DU, mit dem es gelingt, den Himmel auf Erden zu schaffen – soweit das mit unseren menschlichen Möglichkeiten und Begrenzungen gehen kann.

HIMMEL.KLANG. Vielleicht schwingt in den Liedern eine Ahnung, eine Sehnsucht, eine Hoffnung, in einem kurzen Augenblick sogar Gewissheit mit, dass es ein DU uneingeschränkter Zuneigung, freimachender Liebe, unendlichen Lebens in einem umfassenden Sinn gibt, dass jedes menschliche Du meint, Dich und mich, das mich kennt, dass mir nachgeht und mich findet, selbst wenn ich mich in die dunkelste Dunkelheit flüchten würde, und bei dem ich immer noch wäre, wenn ich erwachte (Ps. 139)?

Christinnen und Christen nennen sich nach dem, der für sie dieses DU ist: Jesus Christus. Seiner Geburt erinnern wir uns heute. „HEUTE ist euch der Retter geboren, es ist CHRISTUS, der Herr“ (Lk 2, 11). In ihm ist das Wort Mensch geworden, das die ganze Schöpfung ins Dasein, der Hauch, der den Menschen ins Leben rief.

ERDE.HIMMEL.KLANG: „O wahrhaft selige Nacht, die als einzige weiß um die Zeit und die Stunde, da Christus, der Herr aus der Tiefe des Todes emporstieg“. Das ist die Osternacht, in der wir diese Rettung vergegenwärtigen, für jede und jeden, und deshalb singen „Frohlocket Ihr Chöre der Engel, frohlocket, ihr Himmlischen Schaaren“!

Oder wie im Schlusschor von Camille Saint-Saëns, Oratorio de Noël „Die Himmel sollen sich freuen und die Erde jauchze vor dem Angesicht Gottes; denn er kommt, Alleluja!“ (nach Ps 96).

 

(Olaf Litwiakow, Referent der Oberstufenakademie)

Seit Tagen versuche ich diesen Text zu schreiben. Diesen letzten Impuls vor Heiligabend. Ich soll über das Königskind schreiben. Über die Erlösung, unser Leben, das uns in diesem Weihnachtsfest geschenkt wird. Doch wenn ich ehrlich bin, dann gibt es in dieser Adventszeit immer wieder Tage, an denen ich mich nicht bereit fühle, dieses Fest ehrlich zu begehen. Alles um mich herum scheint sich zu entwickeln, überall stehen diese Neuanfänge. Und dann ist da dieses Fest, das uns alle wieder zusammenbringt, uns eine Perspektive schenkt, uns verzaubern will. Und dann sind da diese Momente, in denen ich einfach denke: „Nein, ich bin dieses Jahr einfach nicht bereit. Es beschäftigt mich doch so viel. Ich muss doch so vieles vorbereiten. Ich sollte meinem Leben einen Plan geben. Ich sollte mich organisieren, funktionierend in die Zukunft blicken.“ Und dann ist da dieses Fest und bringt alles durcheinander. All meine Pläne, meine Zeit. Es verwirrt mich mit seiner Anwesenheit. Wie unglaublich traurig.

Ist es das wirklich? Ist das alles, was ich gerade beschreibe wirklich so abwägig? Oder geht es uns allen nicht oftmals genauso? Und noch wichtiger: Ist das nicht eigentlich der Kern der Geschichte? Ist das nicht all das, was Weihnachten für jede und jeden Einzelnen von uns ausmacht? In seiner Freiheit und Individualität? Verwirrt uns Weihnachten mit seiner frohen Botschaft nicht jedes Jahr aufs Neue? Sind wir nicht jedes Jahr aufs Neue verwundert, wenn es plötzlich wieder da ist, dieses Fest? Wenn es da ist und uns erinnert? Wenn ER uns daran erinnert, wer wir sind und vor allem warum wir sind? Ist ER es nicht, der uns unsere kindliche Begeisterung in dem Moment schenkt, in dem wir sie am meisten brauchen? Indem ER uns Gemeinschaft schenkt, gerade dann, wenn wir allein sind und uns verlassen fühlen? Ist ER nicht genau dann da, wenn wir ihn am meisten brauchen und gleichzeitig glauben, wir hätten ihn verloren? Dieses unscheinbare Königskind. Jedes Jahr aufs Neue verzaubert es uns. Und egal wie wir uns fühlen, egal, was uns beschäftigt, herumtreibt oder traurig macht, ER schenkt uns diese Tage der Weihnacht. Es sind Tage der Liebe. Zu uns selbst und gegenüber Anderen. Und ob wir wollen oder nicht. Wenn ER kommt, dann sind wir bereit. Jedes Jahr. Dann öffnen sich unsere Herzen. Dann erlöst er uns. Dann zeigt er uns den Wert unseres Lebens auf. Dann ist ER da. Mitten unter uns. Ganz nah. Das Königskind. Es gibt uns unseren Wert zurück. Es gibt uns unser Leben zurück. Es erlöst uns. Er ist unser König und wir sind seine Kinder. Wir alle dürfen Königskinder sein in dem Leben, das er uns durch seine Liebe geschenkt hat. ER hat uns unsere Liebe geschenkt, damit wir sie auf dieser Erde nutzen dürfen. Wir zeigen an Weihnachten unsere Liebe gegenüber allen Menschen, die wir in unserem Herzen tragen.

Erinnern wir uns daran, dann sind wir bereit erlöst zu werden. Dann dürfen wir gemeinsam auf die Straßen ziehen, dahin, wo es uns hinzieht. Dann dürfen wir Tränen des Glücks teilen, lachen, tanzen, unser ganz persönliches Weihnachtsglück spüren. In der Gegenwart dieses Königskindes. Wir dürfen unser Leben feiern. Wir feiern diese Liebe, die uns lebensfähig macht. Wir feiern unsere Erlösung. Durch ein Kind in der Krippe. Jedes Jahr aufs Neue.

Genau wie Morgen Abend.

Und? Bist du bereit?

Bist du bereit IHN zu feiern?

Die Antwort ist JA. Denn du bist Königskind.

Durch ihn.

Morgen darfst du dein Leben feiern. Deine Erlösung.

„Denn ein Kind wurde uns geboren, ein Sohn wurde uns geschenkt. Die Herrschaft wurde auf seine Schulter gelegt. Man rief seinen Namen aus: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens. Die große Herrschaft und der Frieden sind ohne Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, es zu festigen und zu stützen durch Recht und Gerechtigkeit, von jetzt an bis in Ewigkeit. Der Eifer des HERRN der Heerscharen wird das vollbringen.“

Jesaja 9,5

(Helena Minner, Jahrespraktikantin in der OASE)

Kennt Ihr die Freunde Jesu?

Lazarus, der von Jesus auferweckt wurde, und seine Schwestern Maria und Marta?

Meist hören wir ihre Geschichten eher in der österlichen Bußzeit.

Mich aber haben die zwei Frauen immer sehr beschäftigt.

Da ist Jesus bei ihnen in Bethanien zu Gast – und sicher nicht allein, das Haus ist voll. Marta bewirtet alle Gäste, während Maria bei Jesus sitzt und seinen Worten lauscht.  Und auf Martas Beschwerde hin, dass Maria ihr doch helfen solle, scheint Jesus sie zu „maßregeln“, in dem er sagt: „Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig. Maria hat den guten Teil gewählt, der wird ihr nicht genommen werden.“ (LK 10, 38-42)

Ich kann mich gut in Marta eindenken – ging es mir doch früher oft so wie ihr. Als gute Gastgeberin, möchte sie – möchte ich, dass sich alle wohl fühlen und genug zu essen und trinken haben – wir haben alle Hände voll zu tun, hetzen uns ab, rennen durchs Haus und haben das Gefühl, alles allein erledigen zu müssen und Wichtiges zu verpassen – aber oft können wir nicht aus unserer Haut. Jesu Antwort auf Martas Beschwerde kam mir immer wie ein Schlag ins Gesicht vor. Ist ihr Verhalten falsch – muss sie etwas ändern?

Muss ich mich ändern?

Als junge Frau habe ich es versucht, habe gegen die „Marta“ in mir angekämpft. Ich wollte wie ihre Schwester Maria sein – und „den guten Teil“ gewählt haben. Aber es gelang mir nicht, mich komplett zu ändern – ganz im Gegenteil, ich wurde eigentlich nur schlecht gelaunt und unglücklich.

Und dann kam dieser eine Moment – ein SCHLÜSSEL-MOMENT – in dem ich das Evangelium von der Erweckung Lazarus mal wieder hörte und nicht darauf achtete, was mit Lazarus passiert, sondern bemerkte, wie stark Martas Vertrauen in Jesu und wie stark ihr Glauben an ihn und seine Kraft ist. Das war mein SCHLÜSSEL.MOMENT. Seitdem habe ich immer mehr versucht, der „Marta“ in mir eine Heimat zu geben und bin mit ihr ausgesöhnt – und so konnte ich auch die „Maria“ in mir entdecken.

Unsere Welt lebt von den Gaben beider Frauen – und von diesen vielen SCHLÜSSEL.MOMENTEN, in denen es uns gelingt, unseren Blick zu ändern – oder besser zu weiten. Das sind die Momente, in denen wir spüren, dass Jesus uns aus dem „Kerker der Angst, Unsicherheiten und Zwängen“ führen kann, wenn wir an ihn glauben und ihm vertrauen.

 

O Schlüssel Davids, Zepter des Hauses Israel – du öffnest, und niemand kann schließen, du schließt, und keine Macht vermag zu öffnen: komm und öffne den Kerker der Finsternis und die Fesseln des Todes!

(O-Antiphon vom 20.12.)

 

(Priska Litwiakow, ehrenamtliche Mitarbeiterin in der OASE)

O Wurzel Jesse.

Totholz, radikal abgeschlagener Baumstumpf. Trostloser Anblick. Ausgeschöpfte Lebenskraft?

Und doch- Was für ein Wunder! Ein kleiner, zarter Spross aus dem Stamm, ein grüner Trieb aus seiner Wurzel, der neue Frucht bringen wird.

Gesetzt zum Zeichen für die Völker.

Auf ihm ruht der Geist des Herrn, der Geist der Erkenntnis und der Stärke inmitten einer für tot geglaubten Welt. Neues, vom Geist durchdringendes Leben aus dem Alten.

Vor dir verstummen die Mächtigen der Erde.

Kein noch so hochgewachsener Baum, keine noch so farbenprächtige Blume kann wachsen, wenn ihre Wurzeln nicht fest in dem Erdboden verankert sind. Mit den Blätterkronen dem Himmel und Lichte so nahe und doch mit der Erde kräftig verbunden, ein verheißungsvoller Anfang auf einem Grund, von dem her alles Wachsen kann.

Dich flehen an die Völker.

Was die Bäume dir und mir lehren:

Wer nicht Wurzeln hat, wächst in keine Zukunft hinein.

Wer eigenen Wurzeln aber nie entwächst, entfaltet sich nicht zum Neuen zum Baum.

O komm‘ und errette uns.

Vom Ende der Geschichte her erfahren wir, dass der himmlische Jesus uns seine Engel gesandt hat, um zu bezeugen: „Ich bin die Wurzel und der Stamm Davids, der strahlende Morgenstern.“ (Off 22,16)

Erhebe dich, säume nicht länger.

Das gute Wort ist wie ein guter Baum, dessen Wurzeln fest sitzen und dessen Zweige in den Himmel ragen, der seine Speise zur rechten Zeit gibt.

 

(Benedikt Grotehans, Student der Theologie und derzeit „Kloster-auf-Zeit-ler“ in der Abtei Königsmünster)

Ein Flackern im Dunkel der Nacht. Das Feuer hat der Mensch schon vor sehr langer Zeit als wichtiges Element erkannt und sich zu Nutze gemacht. Es spendet Licht und Wärme und zusätzlich bietet es auch Schutz vor gefährlichen wilden Tieren. Der Schein des Feuers bewirkt, dass wir uns wohlfühlen, ganz egal ob der Schein aus dem Wohnzimmerkamin leuchtet oder draußen von einem Lagerfeuer stammt. Denn der Schein ist nicht nur das Licht das uns ein Feuer spendet, der Schein ist die Kombination aus Licht und Wärme. Wärme, Licht und Geborgenheit. Alles Dinge die wir auch im Glauben zu Gott erfahren können. Gott spendet uns Licht und Wärme in den kalten und dunklen Momenten unseres Lebens, wir wissen, dass wir wie Dietrich Bonhoeffer in seinem Gedicht sagt von guten Mächten wunderbar geborgen sind. Es wird immer wieder Momente im Leben geben in denen wir im dunklen irren, gerade in diesen Momenten ist es wichtig den Feuerschein in der Ferne zu entdecken, ganz egal wie klein er scheint, um zurück ins Leben und zurück zur Geborgenheit zu finden.

(Kjell-Bo Kelsner, Erzieher in der OASE)

Wenn sich im Dezember morgens bei Sonnenaufgang der Himmel rot–orange färbte, dann sagten meine Oma und Mutter immer: „Siehst Du, jetzt backen die Engel im Himmel schon Plätzchen!“

Dieser Satz meiner Vorfahren begleitet mich bis heute in jeder Adventszeit. Jedes Mal, wenn ich diesen rotglühenden Himmel sehe, denke ich daran zurück und natürlich kennt ihn auch unser Sohn – und vielleicht wird er ihn ja später weiter geben an seine Kinder.

Doch ist es nur ein schnell daher gesagter Spruch, ist es eine Weisheit? Vielleicht beides.

Sicher, es ist ein schnell daher gesagter und vielleicht alberner Spruch – denn ich bin mir ziemlich sicher, dass „dort oben im Himmel“ keine kleinen pausbäckigen Engel mit Schürzchen ihre Plätzchenbackbleche in die Öfen schieben und so den Himmel zum Glühen bringen.

Aber dennoch, auch heute noch breitet sich ein wohlig warmes Gefühl in mir aus beim Anblick eines rotglühenden Morgenhimmels. Ist es nicht ein schöner Gedanke, dass sich im Advent alle – auch die Engel – auf das bevorstehende Weihnachtsfest vorbereiten?

Und verbirgt sich nicht doch in diesem Satz die Weisheit, dass wir alle auf unsere eigene Art und Weise die Ankunft Jesu in unserer Welt erwarten und vorbereiten, mal betend, mal singend, mal Plätzchen backend …?

Dieser Spruch – diese „Weisheit“ verbindet mich gedanklich immer wieder mit meiner Großmutter, die beim Plätzchenbacken betete oder mit mir kleinem Kind dabei Adventslieder sang und auch schon einmal die Weihnachtslieder übte.

Übrigens, ganz nach alter Sitte, dass die Adventszeit eine Vorbereitungs- und damit Fastenzeit sei, durfte ich mal etwas Teig oder ein kaputtes Plätzchen naschen, aber dann verschwanden alle Plätzchen in den Keksdosen. Erst am Heiligabend nach der Christvesper fand ich sie dann wie von Zauberhand wieder auf dem bunten Teller.

So spannt dieser Satz für mich den großen Bogen zwischen allen, die schon vor mir sich auf die Ankunft Jesu vorbereitet haben und hoffentlich nun nach ihrem Tode schon längst in seiner bergenden Gegenwart wohnen dürfen und zwischen mir hier auf Erden, die ich seine Ankunft freudig erwarte und ersehne.

 

O Weisheit, hervorgegangen aus dem Munde des Höchsten, die Welt umspannst du von einem Ende zum andern, in Kraft und Milde ordnest du alles: Komm und lehre uns den Weg der Einsicht!

(O-Antiphon vom 17.12.)

(Priska Litwiakow, ehrenamtliche Mitarbeiterin in der OASE)

Weihnachten mit Opa Lu…

Manchmal werde ich ziemlich melancholisch. Meistens genau in dieser Zeit, wenn es langsam immer dunkler wird und wir mit Kerzen und Lichterketten die Abende erhellen. Bin ich melancholisch, dann wecke ich meine Erinnerungen. Dann lasse ich mein persönliches Licht leuchten.

Genauso erging es mir vor ein paar Tagen, als ich im Wald spazieren war und überall die kleinen und großen Tannenzapfen auf den Wegen sah. In meinem Kopf erweckte eine starke Erinnerung an meine Kindheit. Diese Kindheit, die ich sehr viel mit meinem Opa verbracht habe. Wir haben gespielt, haben getollt, uns Geschichten ausgedacht, Höhlen gebaut überall durch unser Spiel unsere Spuren hinterlassen. Spreche ich heute mit meinem Opa über diese wunderschöne Zeit, dann erzählt er mir oft von den Tannenzapfen.

Als ich ein kleines Mädchen war, ging mein Opa mit mir sehr oft in den Wald, fast täglich. Und ich, fasziniert von all den Sinneseindrücken, diesem einzigartigen Duft, dem Grün, der frischen Luft und den aberwinzigen Lebewesen begann ganz eifrig Tannenzapfen zu sammeln. Heute wüsste ich gar nicht mehr warum. Ich sammelte Tannenzapfen um Tannenzapfen und legte sie um einen Baum, dekorierte ihn. Beim Essen mit Oma muss Opa dann immer ganz stolz gesagt haben: „Die Helena, die hat heute wieder ganz eifrig die Tannenzapfen gesammelt.“ Dem habe ich dann natürlich mit Omas leckeren Essen im Mund stolz zugestimmt.

Das ist das Ende der Geschichte, das Ende meiner Erinnerung. Mehr gibt es nicht zu sagen. Und doch erinnere ich mich in ruhigen Momenten immer wieder daran. Sehe mich und meinen Opa vor mir, wie wir im Wald spielen und diese Tannenzapfen suchen, sie um einen Baum legen und glücklich sind. Ich klein und er groß neben mir. Ich noch ganz jung am Anfang meines Lebens und er mit all seinen Erfahrungen hinter mir. Er, wie er mich an seiner Hand hält, mich beschützt und auf mich aufpasst. Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass diese kleine, wunderschöne Erinnerung nie aus meinem Kopf verschwindet. Dass ich immer wieder genau wie jetzt diese Erinnerung wecken kann. Dass ich diese Dankbarkeit immer wieder spüren darf in meinem Leben. Gerade jetzt, wenn ich bald wieder gemeinsam mit meiner Familie an Weihnachten zusammenkommen kann. Gerade jetzt, in dieser Zeit.

Erinnerungen sind kostbar, sie brauchen Raum und Zeit, um sie wieder zum Leben zu erwecken. Begehen wir Weihachten als ein besinnliches Fest, so kommen wir zur Ruhe. Dann ermöglichen wir es uns, unseren Erinnerungen einen Platz zu geben. Dann sind wir in der Lage, neue Erinnerungen zu schaffen. Dann sind wir in der Lage, aus einfachen Tannenzapfen einen glücklichen Moment zu zaubern. Dann sind wir. Indem wir Momente teilen, über sie sprechen. Erinnerungen wieder zum Leben erwecken.

Gerade jetzt, in dieser Zeit.

„Als sie es sahen, erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen von den Hirten erzählt wurde.“

Lukas 2, 17

 

(Helena Minner, Jahrespraktikantin in der OASE)