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Ich reise gerne mit der Eisenbahn. Ein lieber Kollege hat mir vor vielen Jahren gesagt, dass ich die meisten Aufträge vergäbe, während ich im Zug säße. Aber das ist eine andere Geschichte. Hier schreibt ein Freund der Eisenbahn; sowohl im Original als auch in den passenden Modelmaßstäben. Bahn-bashing ist beliebt, aber häufig unfair. Mag man kaum glauben, dass es Zeiten gab, in den Menschen alle Hebel in Bewegung setzten, um an das Eisenbahnetz angeschlossen zu werden. Reinhard Mey nennt in seiner „Eisenbahnballade“ auch die andere Seite: „Doch der großen Erfindung haftet stets die Tragik an, daß sie dem Frieden, aber auch dem Kriege dienen kann.“ Sehr wahr, leider, und auch gegenwärtig wieder; und gilt auch für viele andere Erfindungen.

Die Eisenbahn hat überall ihre Spuren hinterlassen: in der Musik, im Film, in Büchern und Fotobänden als Kulisse, Tatort oder Hauptrolle; im Miniaturwunderland in Hamburg fasziniert die kleine, große Welt rund um die Eisenbahn jedes Jahr Tausende. Interessanterweise spielt auch eine der Schlüsselszenen, in der Harry Potter seinem verstorbenen Schulleiter Albus Dumbeldore begegnet, auf dem Bahnhof Kings Cross; wenn auch völlig verändert, in weißes Licht getaucht usw.  Dumbledore sagt Harry, er könne in einen Zug steigen, und antwortet auf Harrys Frage, wo der ihn hinbringe: „Weiter!“

Wenn ich einen Zug besteige, dann möchte ich von A nach B; und meistens auch wieder zurück. Die reale Eisenbahn fährt so gut wie nie im Kreis. Vielleicht ist die Eisenbahn deswegen ein Impulsthema in der Osterzeit.

Bringt mich Ostern weiter? Ich glaube, ja! Ostern ist eine Glaubensreise. Wie auch die Eisenbahn gelegentlich umgeleitet wird, die Richtung wechselt, auf freier Strecke stehenbleibt, so ist mein Lebens- und Glaubensweg aus Ostern heraus und auf Ostern hin immer wieder eine Herausforderung.

Als mein Vater vor vielen Jahrzehnten starb, wuchs in mir ein Eisenbahnbild: Der Waggon, in dem mein Vater saß, kommt zum Stehen, meiner fährt weiter. Dieses Bild bildet sich bis heute, wenn liebe Menschen in meinem Umfeld sterben. Ihren Waggons aber steht nichts im Weg.

Ich versuche zu glauben, dass mein Lebenszug mich weiter bringt; jeden Tag neu. Ich hoffe, dann eines Tages erleben zu können, wie es mit meinem Waggon ist. Darüber kann ich dann leider hier nicht mehr berichten. So halte ich mich an Lothar Zenetti: „Einen sah ich sterbend in das Leben gehn, und ihm will glauben, dass wir auferstehn.

Olaf Litwiakow

Sauer macht lustig.

Zitronenscheiben, die am Rand der Cocktailgläser stecken.

Wir erleben eine spritzige Zeit.

Die Sonne strahlt so gelb wie die Zitrone und das Leben lacht uns an.

 

Auf alten Stillleben symbolisiert die Zitrone Mäßigung.

Sie bildet den Gegensatz zu zuckrigen Süßspeisen.

Süßspeisen galten als süchtig machend.

Sucht, die uns Menschen auffrisst.

 

Jeder Mensch kämpft mit seiner eigenen Sucht. Die Sucht nach Anerkennung, Geld, Macht, Rauschmitteln, Perfektion oder die Sucht geliebt zu werden, ohne selbst Liebe geben zu müssen.

Gott nimmt alles an und mahnt zur Mäßigung. Mäßigung, wie sie auf den Stillleben aus einer vergangenen Zeit durch die Zitrone symbolisiert wurde. Wir sollten nicht immer nach noch mehr streben, sondern bei uns bleiben im Vertrauen auf Gott. Und damit aus dem, was uns vom Leben geschenkt wird, das Beste machen. „Gibt dir das Leben eine Zitrone, dann mach Limonade draus.“  Dieser Kalenderspruch ist inzwischen etwas abgedroschen, aber er hat recht. Eine einfache Limonade ist zwar kein spritziger Cocktail, aber sie ist erfrischend und belebend – in ihrer Einfachheit.

(Dorothee May, Teamerin der OASE)

 

 

Wir tanzen. Du hälst mich in deinen Armen. Wir beide in diesen Kleidern, die uns heute besonders machen. Wir am Strand zwischen den Dünen. In den Kopf gesetzt hatten wir uns, diese Kleider zu kaufen. In diesem kleinen Laden mit der Verkäuferin, die alles dafür tat, dass wir mit zwei wunderschönen Tüten ihren Laden verließen. In den Taschen, in denen sonst Keramik und Bücher ihren Platz fanden verstauten wir plötzlich die schönsten Sommerkleider unseres Lebens. Deins Orange mit kleinen weißen Sommerblüten, kurze Ärmel. Dieses Kleid bist du. Es vereint deine Haut mit einem besonderen Stoff. Es zeichnet ein Bild, das dich auszeichnet. Dich und deinen Charakter, deine Lebendigkeit, diese Lebensfreude, die ich so sehr an dir liebe. Meins lang geschnitten, V-Ausschnitt, eine Art Kimono einer längst vergangenen Zeit. Auch ich bin dieses Kleid, trage seine Geschichte und bilde mich aus. Auch mein Kleid übersäht mit kleinen Blüten, ganz bunt auf dem Petrolfarbenen Untergrund. „Sissi“ heißt es, deins „Sommerblüte“. Wir haben uns teure Kleider gekauft. Einmal in unserem jungen Leben im Sommer 2021, den wir zu unserem machten. Mit all diesen Erlebnissen, diesem Kleiderkauf, an den ich mich immer erinnern werde, wenn ich den leichten Stoff auf meiner Haut spüre. Wenn ich spüre, dass bald wieder ein neuer Sommer kommt, den wir alle zusammen erleben werden. Dieses Gefühl der Wärme, das uns glücklich macht, wir sehnen es herbei. Wir sehnen unsere Leichtigkeit in den Kleidern herbei, unsere Leichtigkeit, als wir kurz entschlossen unser Geld in diesem kleinen Laden ließen und danach glücklich waren. Ganz frei. Frei in unserer Entscheidung. Die Freiheit unseres Lebens.

„Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Wir alle aber spiegeln mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider, und wir werden verwandelt in sein Bild von einer Herrlichkeit zur andern von dem Herrn, der der Geist ist.“

2 Korinther 3,17 ff.

(Helena Minner, Jahrespraktikantin)

Ein Stück Stoff besteht aus viele Fäden, die miteinander verwoben wurden. Kein Faden ist mehr vom anderen zu trennen. Einige Fäden liegen nah beieinander. Andere sind durch die Größe des Tuches weit voneinander entfernt. Und doch sind sie alle untrennbar miteinander verbunden. Aber wenn nur ein Faden fehlt, weil er herausgezogen wird, entsteht ein Webfehler. So ein Fehler macht ein Tuch zu mangelhafter Ware. Es kann nicht mehr für seinen ursprünglichen Zweck verwendet werden.

Genauso ist es mit der Gemeinschaft des Christentums. Es ist eine große weltweite Gemeinschaft. Zwar stehen sich die einen Christen in ihren Traditionen und Rieten näher als andere, aber dennoch sind sie alle untrennbar miteinander verbunden – in ihrem Glauben an den einen Gott, seinen Sohn und den heiligen Geist. Würde auch nur eine dieser Traditionen und Rieten fehlen, würde es zu einem irreparablen Schaden im großen Webwerk des Christentums kommen. Denn eine Gemeinschaft kann nur durch Zusammenhalt ihre volle Schönheit entfalten.

(Dorothee May, Teamerin der OASE)

Als Kinder tollten wir in Hannahs Garten. Da wo noch immer das Baumhaus steht, das wir heute nicht mehr zum Verstecken nutzen, sondern für gemütliche Pizza Abende, um unsere jugendliche Freiheit zu spüren. Da wo wir Wasserschlachten veranstalteten, Bauernhof oder Pferdehof oder Internat spielten, da wo wir mit Leika, Hannahs Hund fangen spielten. Da wo dieser gigantische Kirschbaum steht. Noch heute trägt er jedes Jahr eine Vielzahl an saftig roten Früchten. Noch heute macht mich dieser Kirschbaum glücklich. Er ist so riesig, dass man sich einfach immer an ihm bedienen kann, ohne auch nur den Hauch eines schlechten Gewissens zu verspüren. Ich habe uns genau vor Augen. Erschöpft von der ganzen kindlichen Spielerei mussten wir uns stärken. Wie standen unter diesem gigantischen Baum und haben uns von seinen Früchten verzaubern lassen. Kirschbaummoment. Für unser Alter waren wir beide ziemlich groß, wir hatten keine Mühe die Früchte zu pflücken – Kinderspiel. Wie in einem verkitschtem Film verwandelten wir Kirschen zu unserem Ohrschmuck. Wir ließen uns dieses Früchte schmecken und genossen sie im sonnigen Garten. Es waren kleine Momente des Glücks.

Heute bin ich noch größer geworden, verglichen mit damals auch älter. Hannah und ich gehen unsere eigenen Wege und sehen uns nicht mehr so häufig wie früher. Doch wenn wir uns sehen, dann kommen all diese Erinnerungen wieder. Dann sind meine Gedanken geprägt von diesen Kirschbaummomenten. Dann erschaffen wir weitere dieser Momente, neue Kirschbäume. Heute sehen sie nur anders aus. Heute gehen wir auf Konzerte, berauschen uns im neuen Glück, erleben Abende und Nächte tanzend und unbeschwert. Heute sind wir anders, aber den Kirschbaum, den gibt es immer noch. Und auf wunderbare Weise steht er für so viele Momente, die diese Freundschaft ausmachen. Ich werde ihn nie vergessen.

Mein Glaube ist dafür verantwortlich, dass ich all diese schönen Momente erleben darf. Dass ich dankbar bin und voller Liebe. Durch ihn habe ich die Fähigkeit zu lieben, glücklich zu sein. Kirschbaummomente zu erleben, die immer wiederkehren, in ganz neuen Facetten dieses einzigartigen Lebens. Und dann schaue ich kurz hoch in den Himmel und denke mir mit zwei Schlägen auf mein Herz:

„Danke, dass ich all das erleben darf. Mein Leben.“

(Helena Minner, Jahrespraktikum)

„Ein Buntstift, auch Farbstift genannt, ist ein Schreib- oder Zeichengerät mit einer farbigen Mine (…). Als Hülle der Mine wird häufig ein lackiertes Holz (…) verwendet.“  So steht es bei Wikipedia.

Das klingt sehr nüchtern und beschreibt nicht die Faszination, die eine Kiste mit neuen Buntstiften auf mich ausübt. Es sieht schön aus, wenn die neuen Buntstifte so schön nach Farben sortiert, alle angespitzt und gleich lang nebeneinander liegen. Ich streiche dann gerne fast ehrfürchtig über die neuen Stifte und würde die Kiste am liebsten wieder verschließen und in den Schrank legen – damit sie so schön bleiben.

Wie anders sieht die Kiste mit den alten Stiften aus, manche kürzer, manche länger, manche mit gebrochener Mine, selten noch nach Farbverlauf sortiert – halt gebraucht.

Doch dann kommt mir in den Sinn, was ich alles mit ihnen gestaltet habe, wie sie meinen Bildern Lebendigkeit verliehen und mir geholfen haben, mich auszudrücken, wie gerne ich sie immer wieder in der Hand hatte.

Und während ich so über die Buntstifte nachdenke, kommt mir das Gleichnis von den Talenten in den Sinn, in dem ein Herr seinen Dienern während seiner Abwesenheit jeweils eine bestimmte Menge an Geld (Talente) anvertraut und nach seiner Rückkehr fragt, was die Diener damit gemacht haben.

Die ersten beiden Diener hatten die ihnen anvertrauten Talente verdoppelt, der dritte Diener aber hatte aus Furcht sein Talent vergraben, um es dem Herrn nach der Rückkehr zurückgeben zu können. Nachlesen könnt Ihr das Gleichnis im Matthäus (25,14-30) – und im Lukas (19,12-27) -Evangelium.

Ist es nicht mit den Buntstiften wie mit meinen Talenten?

Wenn ich die Buntstifte nicht benutze, sondern in ihrer Kiste lasse und sie ab und zu bewundernd betrachte, dann bleiben sie sicher immer so schön, aber sie können ihre Aufgabe, ihre Bestimmung nicht erfüllen.

Wenn ich also die mir anvertrauten Talente nicht nutze und zum Wohle anderer einsetze, wozu habe ich sie dann bekommen?

 

  • Was habt Ihr für Talente?
  • Womit könnt Ihr unserer Welt Farbe verleihen?

 

Denkt doch mal darüber nach….

 

(Priska Litwiakow, Freundin der Oase)

Jedes Jahr an Silvester haben wir eine ganze Liste voller guter Vorsätze. Eine Tradition, die den Übergang vom alten in das neue Jahr begleitet. Wir wollen alles anders machen und im Prinzip ein neuer Mensch werden. Wir nehmen uns jedes Jahr vor, die beste Version von uns selbst zu werden.

Letztendlich sind diese Vorsätze ziemlich schnell über den Haufen geworfen. Kaum jemand setzt sie um, geschweige denn, dass wir am Ende des Jahres sagen: „Ich bin jetzt die beste Version von mir selbst!“

Daher wäre es doch vielleicht eine Idee, ganz unkonventionell in der Osterzeit einen Neubeginn zu wagen. Denn auch Ostern ist ein Neubeginn – Auferstehung bedeutet schließlich nicht: „Dasselbe beginnt einfach wieder von vorn.“ Aber statt von heute auf morgen radikal alle Vorsätze umsetzen zu wollen, können wir uns zwischen Ostern und Pfingsten für den Neubeginn in Ruhe Zeit nehmen. Statt uns mit den Vorsätzen direkt optimieren zu wollen, können wir uns zurücknehmen. Wir können bei Aktivitäten innehalten, die wir sonst als selbstverständlich ansehen. Es kann eine Kleinigkeit sein, z. B. sich jeden Tag die Zeit zu nehmen, einen Tee ganz bewusst zu trinken. Nicht nebenbei immer mal wieder gedankenverloren einen Schluck zu nehmen, sondern ganz bewusst mit Geduld und in Ruhe den Geschmack wahrzunehmen und wertzuschätzen. Es ist nachgewiesen, dass solche kleinen Achtsamkeitsübungen zu mehr Zufriedenheit im Leben führen. In der Psychotherapie sind diese Übungen ein wichtiger Bestandteil, um aus dem Gedankenkreisen des Alltags herauszukommen. Wenn wir es schaffen, diese kleinen Momente der Achtsamkeit während der Osterzeit einzuüben, können wir sie auch in die Zeit nach Pfingsten mitnehmen, was zu mehr Zufriedenheit führen wird. Und ist Zufriedenheit nicht eigentlich der Weg zur besseren Version von uns selbst?

(Dorothee May, Teamerin der OASE)

„Und dass soll für dich das Zeichen sein: In diesem Jahr isst man, was von selbst nachwächst, im nächsten Jahr, was wild wächst; im dritten Jahr aber sollt ihr wieder säen und ernten, die Weinberge bepflanzen und ihre Früchte genießen.“

2 Könige 19,29

Wie sehr ich diesen Frühling liebe. Ich gehe in ihm in neuem Leben auf. Er ist in mir, ich spüre diese Jahreszeit in meinem Herzen. Ich beginne in mir zu säen, um zu ernten. Ich tanke Liebe durch die Sonnenstrahlen auf, die mich umgeben. Ich erlebe die Natur in mir. Vielleicht achte ich zu dieser Zeit noch einmal besonders auf vermeintliche Kleinigkeiten, Dinge, die in der Routine des eigenen Lebens oftmals gar keine Beachtung mehr genießen. Im Frühling erkenne ich jede einzelne Entwicklung der Natur. Ich kann ganz genau beobachten, wie alles wächst, blüht und neues Leben hervorbringt. Der Klostergarten ist voller Blüten zu dieser Zeit. Die Lämmchen spielen mit den Waldschafen und jeden Tag werden sie größer, bis man sie schließlich irgendwann nicht mehr von ihren Eltern unterscheiden kann. In dieser Erkenntnis ist dann aber auch schon wieder der Frühling vorbei. Dieser Kreislauf ist vergänglich und trotzdem von unglaublicher Beständigkeit und Sicherheit. Er spiegelt das Leben wider. Das Leben in der Natur, das Leben auf dieser Erde – unser Leben.

Als Kind habe ich diesen Prozess des Säens und Erntens auf einfache Weise zu Hause erleben dürfen.

Wir haben Kresse gesät.

In den Tagen um Ostern ist dieses unscheinbare Kraut immer mehr gewachsen, es hat sich entwickelt und ich konnte diese Entwicklung mit meiner kindlichen Neugier und Begeisterung ganz genau beobachten. Da wo anfangs nichts zu sehen war, nur Erde, wuchs bei guter Pflege und Fürsorge mit der Zeit etwas Wunderbares. Kleine grüne Gräser kamen aus der Erde hervor. Sie wuchsen und wuchsen und nach einigen Tagen konnte ich sie ernten, in einen Quark rühren und auf meinem Brot genießen. Nach dieser Ernte war die Kresse nicht tot, nein, sie wuchs weiter. Ich beobachtete einen Prozess, der mich durch die Osterzeit begleitete. Als Kind war allein dieses kleine Spektakel ein Meisterwerk. Heute beziehe ich diesen Prozess auf das Leben.

Ich befinde mich in einer Zeit der Erfahrungen, einer Zeit der Weiterentwicklung und des Wachsens. Ich erlebe meinen ganz persönlichen Frühling. Ich beginne meine Talente in die Welt zu säen und beobachte, wie sie wachsen. Ich beobachte, wie ich andere mit diesen Talenten inspirieren, begeistern und begleiten kann.

Ich wünsche mir schon jetzt zu ernten, ich möchte hinaus in die Welt doch ich stecke noch in den letzten Zügen einer Erfahrung, die mich auf einzigartige Weise prägte und die erst in einigen Wochen auf gewisse Art abgeschlossen sein wird. Wenn ich so will, dann bin ich in mir zu dieser Zeit meine eigene Kresse, mein eigenes unscheinbares Kraut, das mit der Zeit unglaubliches erfahren kann – Wertschätzung, Dankbarkeit, Freude, Liebe. Fühle ich diese Entwicklung, dann fühle ich etwas tief in mir. Eine Zeit der Begeisterung, ein innerer Frühling. Dann bin ich umgeben von den Menschen, die sich um mich sorgen, für mich da sind, mich wertschätzen, fördern, lieben. Dann fühle ich mich geborgen und sicher. Ich spüre die Gewissheit, dass ich bald vollkommen bereit sein werde.

Der Kreis des Lebens ist mein ewiger Begleiter. Mein Glaube an diesen Gott bestärkt mich, befreit mich, lässt mich Erfahrungen machen und wachsen.

Noch ist Frühling, doch in wenigen Wochen schon, darf ich ernten.

„Am Morgen beginne zu säen, auch gegen Abend lass deine Hand noch nicht ruhen; denn du kannst nicht im Voraus erkennen, was Erfolg haben wird, das eine oder das andere, oder ob sogar beide zugleich zu guten Ergebnissen führen.“

Prediger 11,6

(Helena Minner, Jahrespraktikantin)

Ich laufe durch die Welt, entdecke sie und in mir ist ein Klangspiel. Was mich bewegt, ist die Musik. Sie bringt mich weiter, sie lässt mich Augenblicke mit Wünschen verbinden. Sie erfüllt mich mit Leben, mit Freude, mit Dankbarkeit, mit Glück.

Vor ungefähr einem Jahr habe ich die Stadt zum ersten Mal erkundet, in der ich im Sommer meinen neuen Lebensmittelpunkt aufbauen möchte. Ich wollte diese Stadt kennenlernen, die Menschen, die ihr Leben geben. Ich wollte die Universität sehen, ihren Campus und all das, was mein Leben der nächsten Jahre auf unglaubliche Weise prägen wird. Für mich war diese kleine Reise ganz besonders. Ich war ziemlich aufgeregt. Vorher hatte ich mich natürlich informiert, hatte genau in mich hineingehorcht. Es sollte der nächste Schritt kommen. Der Zeitpunkt fühlte sich richtig an.

Und dann kam ich an und war vollkommen umgeben von diesem musikalischen Klangspiel in meinen Ohren. Diese Musik in meinen Ohren, die mich blind durch diese neuen Straßen begleitet hat. Sie hat mich befreit. Die Musik in meinen Ohren befreite mich, ließ mich atmen, leben, erleben, entdecken. Sie ließ mich willkommen heißen in der Fremde. Denn da war ich in dieser Stadt, die mir vorerst fremd sein sollte und dann war da diese Musik, die mir so vertraut war. Ganz nah, beinahe in mir. Sofort fühlte ich mich zu hause.

Immer wenn ich neue Momente meines Lebens entdecken darf, ist das Klangspiel mein Begleiter. Ich fange an zu träumen in dieser Musik, sie inspiriert mich. Pulsiert sie in meinen Ohren, dann fühlt es sich an wie ein Meisterwerk, das allein für diesen Augenblick geschaffen worden ist.

Und so gibt es diese Erinnerungen in mir, die ich ganz gezielt mit Musik, mit Klangspielen verbinden kann.

Die Musik, die wir hörten, als wir mit diesem kleinen weißen Auto die Welt um uns herum erkundeten – in Freiheit. Die Musik, die wir bis spät in die Nacht auf deinem Balkon hörten, um uns bei Wein und philosophischen Gesprächen endlich bohemisch zu fühlen. Die Musik, die ich hörte, als ich zum ersten Mal allein wohnte. Die Musik, die ich höre, um mich zu beruhigen, mich nicht allein und verloren zu fühlen. Die Musik, die mich tröstet. Die Musik, die mich in Liebe versinken lässt. Die Musik, die mich zu Tränen rührt. Die Musik, die in den Filmen zu hören ist, die einen Platz in meinem Leben haben. Die Musik, die ich bin. Die Musik, dessen Klänge sich auf meiner ersten Schallplatte in einer schier endlosen Schleife auf dem Teller bewegen. Die Musik, die ich erst durch dich kennen und lieben gelernt habe. Die Musik, die uns alle miteinander verbindet…

Erinnerungen dieses einzigartigen Lebens.

Musik ist Klangspiel, Musik ist mein Leben. Sie gibt mir Sicherheit, Geborgenheit, Gewissheit. Dieses Klangspiel ist überall. In den Gesprächen der Menschen, in der Natur, die uns umgibt, in uns selbst – fest verankert in unserem Herzen. Deine Stimme wird zum lieblichen Klangspiel in meinen Ohren. Wir selbst schreiben Klangspiele, um andere zu begeistern, um sie in Welten zu entführen, in die sie sich retten können. Wir erzeugen mit diesen Klangspielen Melancholie, Utopien, neue Lebensrealitäten, in ihnen werden Erinnerungen zum Leben geweckt, werden Gefühle ehrlich zugelassen, wird ein sicherer Ort erschaffen. In diesen fantastischen Klangspielen können wir uns fallen lassen, wir beruhigen uns, atmen Atemzug um Atemzug, bis sie verstummen. Wir tanzen. In uns selbst spüren wir diese Befreiung.

In ein paar Wochen werde ich in die Stadt zurückkehren, die ich vor einem Jahr mit Musik in meinen Ohren erkundete. Ich werde dahin zurückkehren, wo ich mich durch die Musik und diese persönliche Entdeckung direkt zu Hause gefühlt habe. Schon jetzt höre ich diese Musik. Sie begleitet mich.

Er hat sie erschaffen. Dieser Gott hat uns die Talente geschenkt, Klangspiele seiner Liebe zu entfachen. Klangspiele werden zu Lebensmelodien.

„Nehmt Gottes Melodie in euch auf!“ Ignatius von Antiochien

(Helena Minner, Jahrespraktikantin)

Fahrraddynamo – ein Frühlingsbeginn

Es war Mai, gestern hatten wir noch in der Schule gesessen und unsere letzten schriftlichen Prüfungen geschrieben, die mündlichen schienen noch in weiter Ferne. Vier Wochen, 28 Tage, noch so viel Zeit. Dann ist alles vorbei. Acht Jahre, mit einem Händedruck bei der Zeugnisverleihung beendet. Aber bis dahin wollten wir die die schulfreie Zeit noch ein letztes Mal nutzen. Wir fuhren nach Borkum. Eine Tante hatte eine Ferienwohnung, die frei und nicht vermietet war. Eine Ferienwohnung wie sie im Internet zu hunderten zu finden ist und doch war sie für uns ganz besonderes. Denn wir wohnten in dieser Wohnung und konnten tun und lassen was wir wollten. Wir schliefen lange und aßen was wir in der Wohnung fanden. Wir fühlten uns frei und ungezwungen. Auf der Insel waren der Jahreszeit und den fehlenden Schulferien geschuldet kaum andere Urlauber. Am Strand stolperten wir nicht über spielende Kinder oder besorgte Eltern welche sich übervorsorglich um ihren Nachwuchs kümmerten. So kam es, dass wir den Strand ganz für uns alleine hatten. Wir konnten drei, vier Stunden lang am Meer entlangwandern und uns über alles mögliche unterhalten, ohne dass wir einen anderen Menschen trafen. Eine Idylle wie sie nur in wenigen Urlauben zu erleben ist. Die Gespräche die wir damals geführt haben sind mir heute noch in guter Erinnerung. Auch die langen Fahrradtouren mit denen wir die ganze Insel entdeckt haben waren idyllisch. Es war wie eine Fügung Gottes, dass alles so gelaufen ist wie es gelaufen ist. Insbesondere in dieser Zeit habe ich gebetet, dass ich diesen Menschen nie verliere und diese Freundschaft für unser Leben hält, denn solch eine Freundschaft ist wie ein Dynamo. In guten Zeiten wird sie durch gemeinsame Zeit aufgeladen und in schlechten Zeiten kann man davon zehren. Genauso ist die Beziehung zu Gott. In guten wie in schlechten Zeiten kann ich mich an ihn wenden.

Leonhard Knab – Jahrespraktikant